Militanz
Jan 261993
 

MAJA: Jung und frech

Die militante antifaschistische Jugendorganisation will gegen Angriffe der Rechtsextremen zurückschlagen

(hk/iz) Was waren das noch für Zeiten: Antiatomkraftdemonstrationen, Friedensdemonstrationen – hunderttausende Junger Menschen lehnen sich gegen die Politik des Staates auf. In beinahe jedem Dorf Bürgerinitiativen gegen Umweltzerstörung, Atomenergie, Atomraketen. Initiativen, die den Staat auf Trab brachten und gegen die die Staatsmacht hochgerüstet vorging. Das war vor vielen Jahren.

Heute läuft da nicht mehr ganz viel: Auf Veranstaltungen sieht man die selben Gesichter wie vor 15 Jahren. Die Leute haben graue Haare bekommen, vielleicht noch einen Bauchansatz, haben es im Leben zu etwas gebracht. Was sie nicht gebracht haben: Nachwuchs für die Bewegung. Diese unorganisierte Massenbewegung ging mangels Masse zu Grunde. Ihr folgte eine Generation von Juppies . und Computerfreaks.

Alle haben was zu sagen
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Foto:Tunnat

Hoffnungsvoll horchten wir auf, als wir davon hörten, daß sich in Wilhelmshavens Jugend wieder etwas tut. Im letzten Gegenwind berichteten wir über eine Initiative für ein selbstverwaltetes Jugendzentrum – heute kommt bei uns „MAJA“ zu Wort.
MAJA – Militante Antifaschistische Jugendaktion – schon der Name ist Programm. Zu den Treffen von MAJA kommen regelmäßig 20 bis 40 Jugendliche zwischen 16 und 25 Jahren. Als wir uns mit MAJA zum Gespräch trafen, waren gut 20 Leute anwesend. Das Gespräch wiederzugeben ist für uns nicht ganz einfach, denn bei MAJA gibt es keinen Sprecher, keine Sprecherin. Es gibt keine gemeinsame Ideologie. Jede/r spricht für sich, alle haben was zu sagen. Darum kann unser Artikel auch kein klares Bild von MAJA wiedergeben, sondern muß als Meinungsbild von Leuten angesehen werden, die zusammengefunden haben, um gegen Faschismus und Reaktion etwas in Gang zu setzen.
Allen MAJAs gemeinsames Ziel ist es, gegen die immer frecher und menschenverachtender agierenden Rechtsextremisten vorzugehen: „Wir stellen uns nicht mit einer Kerze vor ein Asylbewerberheim. Wenn wir erfahren, daß die Faschos so ein Heim angreifen, dann gehen wir dahin und versuchen den Angriff zurückzuschlagen. Dafür steht das Wort „militant“ im Gruppennamen. Wir sind keine hohlen Schläger, aber wir schauen eben nicht zu, wenn so etwas passiert. Wir haben keine Lust, jedesmal zu diskutieren, wie wir gegen Angriffe der Faschisten vorgehen. In solchen Situationen sind wir militant.“

Regional und international vernetzt

Wie in Wilhelmshaven gibt es auch in anderen Orten der näheren und weiteren Umgebung Gruppen, die ähnlich arbeiten und mit denen MAJA vernetzt ist. Rassismus und Faschismus sind keine Phänomene, die plötzlich in Deutschland aufgetreten sind. Rassismus und Faschismus sind Probleme der westlich orientierten Staaten. „Die leben auf Kosten der armen Länder, beuten da die Rohstoffe und die Menschen aus und machen dann die Grenzen dicht, weil sie Angst haben, daß die Flüchtlinge den Wohlstand in ihren Industrienationen gefährden.“ Darum gibt es auch eine Zusammenarbeit auf internationaler Ebene.
Das Asylproblem ist in erster Linie von den Politikern und den Medien gemacht. Mit falschen Zahlen wird das Flüchtlingsproblem so erst zu einem Problem. Die meisten der nach Deutschland kommenden Menschen kommen als Aussiedler hierher, und gegen die haben die Faschisten ja überhaupt nichts: „Die laufen hier dann mit dem Schild ‚Ich bin stolz ein Deutscher zu sein‘ herum und wählen die Rechten. Doch die Medien und die Politiker steuern mit den hohen Aussiedlerzahlen den Haß gegen die Flüchtlinge, die eine andere Hautfarbe oder Kultur haben.“
MAJA sieht sich nicht nur als „Antifaschistische Jugendaktion“ , sondern auch als Zusammenschluß von Menschen, die weitergehende politische Ziele verfolgen. Es geht ihnen auch darum, das politische System zu verändern. Im westlichen politischen System sehen sie die Ursache für Hunger und Unterdrückung nicht nur allgemein in der Welt, sondern auch gerade in Deutschland. MAJA will Konzepte diskutieren und erarbeiten, wie bestimmte politische Konflikte gelöst werden können. „Wir diskutieren um weiterzukommen.“

Kaderschmiede der Faschisten
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Foto: Tunnat

Wilhelmshavens Faschisten spielen nach Meinung von MAJA eine besondere Rolle in Deutschland „Die haben hier eine richtige Kaderschmiede, hier läuft die Schulung und Ausbildung dieser Leute ab. Die kommen aus anderen Städten hierher, werden hier geschult und dann in andere Städte geschickt. Bei Jever ist so eine Schulungsstätte im Aufbau. Da könnten auch Wehrsportübungen ablaufen.“
Ein breiter beachtetes öffentliches Auftreten von MAJ A gab es auf der Demonstration gegen Rechtsextremismus am 28.11.92. Als sich der Demonstrationszug mit ca. 8.000 WilhelmshavenerInnen am Rathausplatz in Bewegung setzte, verließ eine Gruppe von einigen hundert Leuten den Demozug, setzte sich zeitweise an dessen Spitze und machte dann eine eigene Demonstration. Angesprochen auf dieses unsolidarische Verhalten, begründete MAJA ihren Alleingang mit der starken Präsenz von DGB- und SPD-Funktionären und -Mitgliedern. „Ich sehe nicht, daß die SPD irgendwo einen antifaschistischen Kampf führt. Diese Demo war doch für die Politiker nur eine Alibisache. Die SPD in Wilhelmshaven hatte gerade ihre Unterstützung für die Verschärfung des Asylrechts beschlossen. Da lauf ich doch nicht in einer Demo mit, wo der Menzel an der Spitze läuft. Und der DGB hat ja auch Bullen bei sich mit sitzen – darauf haben wir nicht unbedingt Lust. Am 23. Mai (Aufmarsch des Deutschen Kameradschaftsbundes in Wilhelmshaven) sind vom DGB Sachen gelaufen, die dazu führten, daß ein Großteil der Leute eben sagte, dass sie mit den DGB-Leuten nichts mehr zusammen machen wollen. Wir haben ja auch nie gesagt, daß wir in dem Demozug mitlaufen. “

Vergessen zu fragen haben wir, warum die MAJA-Leute in so furchterregender Kostümierung (ganz in schwarz gekleidet, Springerstiefel, Strickwaren übern Kopf, die nur die Augen frei lassen) auf Demos gehen. Diese Verkleidungen führten z.B. während der Demonstration am 28.11.1992 zu Reaktionen wie „Kommen da die Nazis?“ oder „Ich hab‘ Angst. Laß uns gehen“.
Doch bei allen Kritikpunkten, die wir an MAJA haben: Festzustellen bleibt, dass endlich wieder Jugendliche den Arsch hoch und die Zähne auseinander bekommen, nicht nur ihr Mißfallen über bestimmte Entwicklungen äußern, sondern auch selbst aktiv an Lösungsmodellen arbeiten.
MAJA trifft sich jeden Samstag ab 15:30 Uhr im Kling Klang

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