Börsenplatz
Jan 281991
 

Total tote Hose

Freizeit GmbH setzt Schausteller unter Druck.

(ub) Jüngste Opfer der konzeptionslosen Imagepflege der Stadt Wilhelmshaven sind diesmal die Schausteller aus Wilhelmshaven und dem Umland. Die Freizeit GmbH wollte den Weihnachtsmarkt unbedingt auf dem Börsenplatz, und das hatte katastrophale Folgen für manch einen Karussell- oder Bratwurstbudenbesitzer.

Nur unter dem“ massiven Druck der Freizeit GmbH waren die Beschicker des letztjährigen Weihnachtsmarktes bereit, ihren Stand dieses Mal auf dem Börsenplatz aufzubauen. Wer die Glocken nicht auf diesem Platz klingeln lassen wollte, dem drohte die Freizeit GmbH mit einer düsteren Zukunft.
In seltener Offenheit ließen die Schausteller des Wilhelmshavener Weihnachtsmarktes ihrem Frust freien Lauf. Vor der laufenden Kamera des Mittwochs-Reportageteams des Pauline-Alsdorff-Hauses berichteten die Schausteller über die existenzbedrohenden Folgen der Weihnachtsmarktverlegung.
Dazu ein Karussellbesitzer: „Man hat uns gesagt, dass derjenige der jetzt nicht auf dem Börsenplatz aufbaut, damit rechnen muß, zum Wochenende an der Jade und zu anderen Festen, die von der Freizeit GmbH veranstaltet werden, eine Absage bekommt.“
Die Schausteller fühlen sich erpreßt. Nur weil sie um die Standgenehmigung für kommende Feste fürchteten, waren sie bereit, ihre fahrbaren Geschäfte auf dem Börsenplatz aufzubauen.
Eine Imbißverkäuferin erläuterte dem Reportageteam der Pauline-Alsdorff-Altenwohnanlage ihre Weihnachtsmarkterfahrungen: „Wir sind mit dem Umsatz gar nicht zufrieden. Hier ist total tote Hose. Dabei ist der Weihnachtsmarkt unsere einzige Einnahmequelle in den Wintermonaten.“
Karussellbesitzer Plöger wirft der Stadt Konzeptionslosigkeit vor. Seiner Meinung nach will die Stadt „auf Teufel komm heraus“ die Attraktivität des Börsenplatzes erhöhen. Der Platz wird von den Schaustellern jedoch in keiner Weise als festplatztauglich angesehen.
Plöger weist auf gravierende Mängel hin: Die Imbißstandbetreiber wußten nicht, wohin sie mit dem Schmutzwasser sollten; die provisorisch auf den Gehwegen verlegten Versorgungsleitungen erwiesen sich als gefährliche Stolperfallen für die Besucher
Die Lage des Platzes empfinden Schausteller und Besucher gleichermaßen unattraktiv. Der frühere Weihnachtsmarkt auf dem Bahnhofsvorplatz lebte nicht zuletzt von dem regen Publikumsverkehr zwischen den großen Kaufhäusern Karstadt und C & A.
Alle hoffen, daß die Verantwortlichen der Freizeit GmbH zur Umkehr zu bewegen sind. Gleichzeitig macht sich Resignation breit. Ein Schausteller: „Die andere Seite sitzt nun mal am längeren Hebel.“ Die Angst geht um unter den Schaustellern, sich zu weit vorzuwagen und dann bei der nächsten Platzvergabe im Abseits zu stehen.

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