Theda
Mrz 032004
 

Sehr geehrten Herrn Schaffrehdacktöhr!

Nu is ja richtig amtlich: Wilhelmshaven lebt. Bin ich ja ganz beruhigt von, einerseits, weil war man ja schon lange nicht mehr so ganz sicher über, aber auffer anneren Seite habe ich ja auch sohn Prohblehm damit: Was unser Oberster Eberhard is, der hat ganz offietsjell erklärt, dass Wilhelmshaven zur Gruppe der schrumpfenden Städte gehört, is ne ganz neue deutsche Gruppe und wenn man dazugehört, is das wohl irgendwie sowas wie ne besondere Leistung. Giepts auchn englisches Wort für „shrinking zitty“. Und nu kommen wir mal wieder zu mein armen Schwester Wilma – man kann ja von ihr sagen, was man will, aber sie ist immer sowas wie mein bestes Lecksiekonn für Wissen, was man gahnich braucht, und seit sie nu inner Teerahpie is, wegen ihrem vielen Gesabbel, weiß sie, dass das englische Wort für Psüchoteerapolt „shrink“ is und schon wird alles ganz klar: Wilhelmshaven lebt rückwärts! Deswegen werden bei und auch immer neue Ruinen geplant und gebaut, das gips sonst ja niergendwoh! Und als einigermahssen normaler Mensch kann man das ja wohl nur bekloppt nennen und muss man sich doch wieder Sorgen machen.

Aber wenn man sich son paar Sachen jetzt mal genauer ankuckt, dann machen die auch wieder richtig Sinn, nur eben son bekloppten. Zum Beispiel diese beiden neuen Riesenhotels, die wir bald kriegen sollen – da hat ja der Rat gesagt, will er sich gahnich erst einmischen, sollen die freien Kräfte vonner Marktwirtschaft allein mit spielen. Is aber gelogen, denn was ich glaube, isja, dasse darauf spähkullieren, dasse, wenn die Dinger erstmal fertich sind, die ganze geschrumpfte Bevölkerung von Wilhelmshaven darin unterbringen können. Und glauben Sie etwa, Herr Schäffrehdacktöhr, dasses Zufall ist, dass das Südstranddings wiene Handgranate vonne Ehljens aussieht? Ein Wuuuusch und die ganze Zitty ist frei vonnen nöligen Bewohnern, die immer nur was wollen, ein ordentliches Freibad zum Beispiel, und dann können die vonner Stadtverwaltung das tun, wasse am liebsten machen: alles voller Parkplätze bauen, zittynäher geht’s ja wohl nicht. Und wasse nicht damit zupflastern, könnense immer noch gegen gutes Geld an Schortens verpachten, die kriegen da ihr ganzes Kulltuhrangebot ja gahnich mehr im Bürgerhaus unter. Und der ganze Genius-Kämmpink-Platz könnte auch so inne Innenstadt verlegt werden, hätte man gleich ne Ausgleichsfläche für unseren neuen Jade-Weser-Port, dense alle so schön ins Leben jubeln.

Und dann diese bekloppte Disskusjohn neulich über wo der Wal nu hin soll, sollen das arme tote Tier doch in Frieden lassen, hat ja wohl schon genuch mitgemacht. Was brauchen wir überhaupt’n Muhsehum fürn toten Wal? Schwimmen doch genuch vor unseren Inseln rum, kann man sich doch da ganz umsonst ankucken! Und wenn man sich trotzdem unbedingt so ne Walleiche in som stickigen Muhsehum ankucken will und nicht anner schönen frischen Nordseeluft, da krich ich ja den Verdacht, ganz ehrlich, dasses den Leuten in Wirklichkeit nur um dem Wal seinen Willy geht – der is natürlich draußen unter Wasser, wie sich das ja auch gehört. Und ich finde nich, dasses die Aufgabe vonner Stadt is, annen unanständigen Gelüsten von irgendwelchen Walspannern zu verdienen. Wasse natürlich machen könnten, wäre, sich’n priewahten Schponser zu suchen, da bietet sich ja der Beate-Uhse-Versand direkt an, wo die doch schon ne Fieljahle inner Stadt haben. Und die Frau, die unsere Kulltuhr so fein verwaltet, diese Carmen Großspur oder wiese heißt, hätte wieder eine Sorge vonne Hacken, kommt ja so schon zu nix mehr vor lauter Verwaltung und Drohbriefe an Kämper schreiben. Mehr als sechs Minuten kannse auch nich mehr zuhören, dann musse schon wieder wech und überhaupt weiß man eigentlich gahnich, ob sie noch da is oder schon inner Teerahpie. Wilma hat sie allerdings bei ihrer noch nich gesehn, aber Wilma isja auch noch im offenen Vollzuch. Aber weiß diese Frau denn eigentlich, wie gefährlich sie lebt, mit som Namen unter lauter Männern? Hab ich mal innen Opernführer gekuckt und krichste das reine Gruseln von – Carmen wird totgestochen, Aida mittem Mann eingemauert, ob in som Hotel, weiß ich nich mehr, La Trahwjahta stirbt anner Schwindsucht, weilse kein Geld hat – und immer sind son paar Männer an allem Schuld, würd mir an ihrer Stelle ja zu denken geben.

Aber was mir richtich Sorgen macht und eigentlich das Allerbekloppteste is, das is dies neue „Opulente Frühstück“, wasse sich da ausgedacht haben. Dasja schon son richtich schwieriges Wort, hab ich ganz genau aus der Wehzett abgeschrieben, und dann is das noch nichmal’n Frühstück, sondern’n Abendessen, is doch wirklich verrückt, oder? Dies Wort da vor dem Frühstück heißt so viel wie stinkreich, was hier ja schon mal gahkeinen Sinn macht, aber wenn ich das sag, bin ich womöglich gegen die Demmohkrahtie, weil hat unser Eberhard ja bei diesem Abendfrühstück gesagt, man soll nicht immer alles Neue krittiesihren und vorher hat er ja auch schon mal gesagt, dass diese ganze Krittihsiererei der Demmohkratie ganz furchbar doll schadet. Bin ich also lieber vorsichtich und sag ich einfach mal, was wir alle da bei diesem Frühstück inne Gestalt von unseren gewählten Vertretern abends so gegessen haben: Mett und Krabben und Eier und Speck und Schweinebraten und Sahnetorte. Und als ich das gelesen hab inner Wehzett und dann noch gesehn hab, dass diese ganze Fresserei am Totensonntag war, da hab ich gemerkt, dass wir alles ganz falsch verstanden haben und man sich wirklich Sorgen nicht nur um die Psüche von diesen ganzen Funktsjohnähren machen muss – das issen Selbstmörderklup, Herr Schäffrehdacktöhr! Die treffen sich schon jahrelang zum Essen, heißt immer anders, sind aber immer dieselben, fünf Mal im Jahr, und weil ihnen das nun nicht schnell genuch ging mittem Abnibbeln, hamse einfach noch’n sechstes Mörderessen dazu erfunden, mit irgensoner pflaumweichen Begründung von preußischer Trahdietsjohn von Anno Gummimuck. Welche Ahrterjen sollen denn das ganze Fett aushalten? Haben Sie die Bilder in der Wehzett gesehen, wie die Leute da schon aussahen? Mir is da gleich sone Geschichte von som Engländer eingefallen, wo Tiere den Hof von som fiesen Bauern übernehmen und alles wird ganz demmokrahtisch, aber die Schweine sind trotzdem die Schäffs, weil sie den andern sagen, dasse die Schlausten sind. Aber am Schluss gieps nur noch Schäffs und gahkeine Demmokrahtie mehr und die ganzen Tiere kucken von draußen durchs Fenster, wie die Schweine mitten andern Bauern ausser Gegend auch so ne Art Opulentes Frühstück haben und die Tiere draußen können gahnich mehr erkennen, wer nu Schwein is und wer Bauer. Na ja, is aber bloß sone Geschichte und die Engländer sind ja auch son büschen komisch, aber das macht mir ja gerade Sorgen – wer soll uns denn verwalten und uns so schöne Geschichten vom Jade-Weser-Port erzählen, wenn den ganzen Schäffs ihre  Ahrterjen erst mal geplatzt sind?

So, nu hab ich keine Zeit mehr, muss mich und Kuddl ganz schnell zum Labskaus-Essen anmelden, will ja nicht zum kulltuhrällen Außenseiter hier werden. Bis denn, Herr Schäffrehdacktöhr, und Finger wech von Wilma!  

 

Ihrn Theda

 

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