Fischstäbchenkrieg
Aug 101994
 

Niedersachsens Fischfroster laufen weiter Sturm gegen Jadekost

(hk) Die Landesbürgschaft für die Firma JadeKost GmbH & Co KG in Höhe von 35 Mio. sorgt weiterhin für frostige Stimmung bei den niedersächsischen Herstellern von Fischstäbchen und Schlemmerfilets.

Die Pickenpack Tiefkühlgesellschaft aus Lüneburg und die Firma Hussmann & Hahn aus Cuxhaven geben nicht auf, die Landesbürgschaft als rechtswidrig hinzustellen. Nach ihrer Auffassung läßt sie sich nicht mit dem EG-Beihilferecht vereinbaren. Die EG-Kommission hat in dieser Angelegenheit eine offizielle Anfrage über das Bundesernährungsministerium an die Landesregierung in Hannover gerichtet.

Pickenpack und Hussmann fordern von der Landesregierung die Rückabwicklung der „unzulässigen Beihilfe“. In einem Brief an Ministerpräsident Schröder schreiben die Fischfroster aus Lüneburg und Cuxhaven: „Es ist festzustellen, daß die Firma JadeKost im Juni 1994 nach Gewährung der Landesbürgschaft erneut im Markt in einer Art und Weise tätig geworden ist, die das bisherige Preisniveau bei den Hauptartikeln Fischstäbchen und Schlemmerfilet nochmals um 10 – 15% reduziert. Das so erzielte Preisniveau liegt deutlich unter Herstellkosten und dient nur dem Zweck, sich durch Preisunterbietung Marktanteile zu kaufen. ( .. . ) Da die Firma JadeKost erst durch die rechtswidrige Bürgschaft in die Lage versetzt worden ist, diese Wettbewerbsverzerrung fortzusetzen, sind unsere Rechte auf freie, faire Marktwirtschaft verletzt.“ Durch diesen Preisverfall müssen die Unternehmen, um ihre Abnehmer nicht zu verlieren, in diese „ruinösen Preise“ einsteigen. „Betriebswirtschaftlich sinnvolles und kaufmännisch verantwortungsbewußtes Handeln“ wird dadurch unmöglich.

Die Aktivitäten von Pickenpack und Hussmann gehen an der Firma JadeKost nicht spurlos vorüber. JadeKost läßt seine Anwälte (Seifert, Eickmeier & Partner) sprechen: „Sehr geehrter Herr Pickenpack, Sie haben durch verschiedene Verfahren versucht, die Aushändigung der Bürgschaft an unsere Mandantin, die JadeKost GmbH & Co KG, zu verhindern. (…) Durch diese Verfahren und den damit verbundenen Zeitverlust einerseits und, die durch Sie in dieser Angelegenheit vorgenommene Information Dritter ist unserer Mandantin ein erheblicher Schaden entstanden. (…) Durch Ihre von Anfang an zur Erfolglosigkeit verurteilten Prozesse haben Sie mittlerweile allein im anwaltlichen Bereich Gebühren in einer Größenordnung von ca. 1,5 – 2 Mio. DM zu erstatten.“

Nachdem die JadeKost-Anwälte den Herrn Pickenpack noch darüber informieren, daß man ihn bei seinen Gesellschaftern, Banken und beim Finanzamt anschwärzen wird, endet der Brief mit einem Angebot zur „friedlichen Koexistenz“.

Kommentar:

Konzeptionslosigkeit

Es fällt schwer, diesen Vorgang zu kommentieren. Da sind die Ungereimtheiten mit dem europäischen Beihilferecht, das auch staatliche Bürgschaften ausschließt. Da sind die Dumpingpreise, mit denen JadeKost nach Pickenpacks Meinung versucht, Marktanteile zu kaufen, die gegen die Bürgschaftsauflagen verstoßen. Da ist die unerträgliche Tatsache, daß hier mit Steuergeldern ein Betrieb aufgebaut und unterstützt wird, der letztendlich zu Betriebsreduzierungen oder -schließungen in anderen Orten führen wird. Es gibt nur ein Argument pro JadeKost: Der Betrieb paßt hervorragend in die Struktur unserer Stadt. Aber paßt nicht auch Hussmann in die Struktur Cuxhavens und Pickenpack in die Lüneburgs?
Das Problem liegt einzig in der Art und Weise der Gewährung öffentlicher Zuschüsse. Was ist das für ein doppelter Missbrauch von Steuergeldern und Geldern aus der Arbeitslosenversicherung, wenn Betriebe so ausgestattet werden, daß durch sie die Arbeitslosigkeit in anderen Regionen in die Höhe schnellt? Was sind das für Beamte die die Hinterbacken zusammenkneifen wenn sie einen Unternehmer sehen? Leute, die nicht in der Lage sind, die Gewährung von Investitionshilfen von knallharten Bedingungen abhängig zu machen! Man sollte denken, daß die Landesregierung das Wohl des Landes im Blick hat. Aber wer in einen gesättigten Markt mit Steuermillionen einen weiteren Betrieb der gleichen Branche powert, muß sich fragen lassen, ob er noch recht bei Trost ist.
Diese Konzeptionslosigkeit ist es, die zu leeren Kassen fuhrt. Diese Konzeptionslosigkeit der Landesregierung zeigt sich nicht nur bei den Fischfrostern. Sie ist noch besser in der Hafenpolitik dokumentiert. Da werden die Millionen nur so zum Fenster rausgeschmissen, um neue Hafenflächen aufzuspülen, obwohl nur wenige Kilometer entfernt die vor wenigen Jahren aufgespülten Flächen brachliegen. Diese Konzeptionslosigkeit und Kapitalhörigkeit zeigt sich auch in den Arbeitslosenzahlen und den leeren Kassen. Nicht der Unternehmer Horst Bartels – die Landesregierung hat den Schwarzen Peter!

Hannes Klöpper

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