Atommüll
Feb 082011
 

Lob fürs Nichtstun

(jm) Nachdem die Bundesregierung die Laufzeiten für Atomkraftwerke verlängert hat, stellen sich immer mehr Bürger in deutschen Landen gegen Atomtransporte quer. In einigen Ländern und mehreren Kommunen hat die Politik auf den Druck der Öffentlichkeit mehr oder weniger energisch reagiert.

Die beschlossenen Maßnahmen erstrecken sich von einem Umschlagverbot von Atommüll in der Emder Hafenordnung über Vereinbarungen mit Hafenbetriebsgesellschaften, keine nuklearen Brennelemente umzuschlagen, bis zum Wilhelmshavener Ratsbeschluss vom 21.09.1988 „…gegen den Transport von radioaktiven Materialien inklusive deren Umschlag in allen Hafenbereichen Wilhelmshavens“. Nun hat es der hiesige Rat jedoch Schwarz auf Weiß, dass die Landesregierung den Beschluss lediglich als politischen Appell bzw. als Resolution – also als rechtlich unwirksam – verstanden wissen will. Trotzdem hat der Rat der Stadt am 19. Januar mehrheitlich bekräftigt, es bei diesem Ratsbeschluss zu belassen und den Antrag der Gruppe BASU-Tholen – die Teilentwidmung der Wilhelmshavener Häfen für hochradioaktiven Atommüll, Brennelemente und andere hochradioaktive Stoffe gemeinsam mit dem Land zu prüfen und vorzunehmen – abgelehnt. Und dies, obwohl der Rat die Stadtverwaltung in o.a. Ratsbeschluss zudem damit beauftragt hatte, alle rechtlichen Schritte zu unternehmen, die geeignet seien, den Atomtransport und -umschlag in Wilhelmshaven zu verhindern. Doch den Rat stört es bis heute nicht, dass ihm die Verwaltung bislang nichts über die rechtlichen Möglichkeiten vorgelegt hat, die den Atomumschlag in Wilhelmshaven be- bzw. verhindern könnten. Im Gegenteil: Statt dem BASU-Antrag zuzustimmen und damit das Heft selber in die Hand zu nehmen, wurde die Verwaltung aus dem Rat heraus für ihr Nichtstun auch noch gelobt – schließlich habe er Wichtigeres zu tun gehabt! Dabei hätte man lediglich bei anderen Hafenstädten abzuschreiben brauchen, z.B. bei den Emdern, die folgenden Passus in der Emder Hafenordnung durchgesetzt haben:

Besondere Hafenordnung für den Hafen Emden –
Bekanntmachung der Bezirksregierung Weser-Ems vom 03.03.2000 – 208.10-30402-1 – in der Fassung 1. VO zur Änderung der BesHOEmd v. 04.04.2000. (…)
§ 11 – Atommüll und Sondermüll
Gefahrengüter, die als Atommüll oder Sondermüll einzustufen sind, dürfen in Emder Hafenbereichen weder gelagert, im Transit befördert noch umgeschlagen werden.

Zwar werden radioaktive Brennelemente, die zwischen den Atomkraftwerken und den Wiederaufbereitungsanlagen hin- und hertransportiert werden, davon nicht erfasst; aber man ist immerhin einen Schritt weiter als bei uns. Zudem könnte man sich auch mit dem Betreiber des Nordhafens ‚Rhenus Midgard’ mit seinen zwei RoRo-Anlagen mal an einen Tisch setzen und  nachfragen, ob die Firma wirklich dazu bereit wäre, als Hafenbetreiber für den Umschlag von hochradioaktivem Atommüll bzw. plutoniumhaltigen MOx-Brennelementen in Verschiss zu geraten. Die Hafenbetreibergesellschaft Cuxport wollte dies jedenfalls nicht. Rhenus ist mit 74,9% an dieser Gesellschaft beteiligt.
Die Zeit für eine dementsprechende Übereinkunft für den Nordhafen könnte knapp werden: „Anfang 2011 rollen MOx- Atomtransporte mit Plutonium durch Niedersachsen! Der Atomkonzern E.ON hat bereits beantragt, im ersten Quartal (Jan.- März) 2011 16 plutoniumhaltige Mischoxid- (MOx) Brennelemente (3 LKW) aus dem Atomkomplex Sellafield in das Atomkraftwerk Grohnde zu transportieren. (…) Die 16 für das AKW Grohnde bestimmten Brennelemente enthielten insgesamt rund 400 Kilogramm Plutonium.“ (ausgestrahlt, 13.01.11) Der Umschlaghafen für die Brennstäbe bleibt natürlich geheim und wird nur einem kleinen – für die Sicherheit des Atomtransports zuständigen – Kreis von Eingeweihten zu einem Zeitpunkt, der für die Vorbereitung der Sicherungsmaßnahmen erforderlich ist, mitgeteilt.
Doch während man vor dem AKW Grohnde schon mal ein „Probesitzen“ organisiert hat, will die SPD-Ratsfraktion erst mal abwarten: Man könne ja im Bedarfsfalle Vorschläge machen, meinte ihr Fraktionsvorsitzender Siegfried Neumann.
Na, da könnte es aber durchaus auch mal in Wilhelmshaven passieren, dass die Bürgerschaft ihren gewählten Vertretern Beine macht, wenn der erste Atomtransport plötzlich da ist.

 

Sorry, the comment form is closed at this time.

go Top