Asylbewerber
Sep 131993
 

Nichts gegen Ausländer, aber...

Kein Asylbewerberheim in die Nähe der Bahnzeile!

(hk) Der Standort des Asylbewerberheimes am Alten Banter Weg ist denkbar schlecht gewählt. Wer will es den Asylbewerbern zumuten, in unmittelbarer Nachbarschaft zu diesen Leuten aus der Bahnzeile zu wohnen? – aus dieser Zeile strömt der kleinbürgerliche Mief von Rostock und Hoyerswerda und der Brandgeruch von Mölln und Solingen.

Es ist kaum noch auszuhalten, wie oft die wie oft die Sprecher der Bahnzeile beteuern, daß sie nichts gegen Ausländer haben, aber gleichzeitig mit übelster Anmache Stimmung gegen Ausländer machen – „Angst, daß die Kinder nicht mehr in Frieden auf der Straße spielen können“, „den Alten sind keine Asylbewerber zuzumuten“ , und überhaupt „wohnen schon genug Ausländer in unmittelbarer Nähe“. Versteckte Drohungen werden laut: Wenn die Einwände nicht berücksichtigt werden, befürchtet man „eine Eskalation der Ausländerfeindlichkeit“, und gewählt werden die Politiker dann auch nicht mehr.
bahnzeileMan müsse sich ja „im eigenen Land als Ausländer fühlen“. Durch den Bau eines Asylbewerberheimes wird man zu Bürgern der „dritten Klasse“ abgestempelt, denen man alles (sogar Menschen) vor die Nase setzen kann. Asylanten gehören nicht in die unmittelbare „Nähe von Wohngebieten“ , die Asylanten haben „andere Ansichten von Mein und Dein“.
Lauscht man den Ausruhrungen des CDU-Ratsherren Fehnders, muß man sich echt wundern, wie groß Bant ist. Sowohl die Asylbewerberunterkunft im Industriegelände West als auch die am Banter Deich in der Südstadt liegen gut 1700 Meter Luftlinie von der Bahnzeile entfernt. Die Unterkunft am Banter Deich liegt näher am Rathaus als an der Bahnzeile! Selbst die Bewohner der Marienstraße zählen sich nicht zu Bant – sie wohnen in der Südstadt! Aber das ist ja auch alles nebensächlich. Fakt ist, daß die Stadt plant, am Alten Banter Weg ein Asylbewerberheim zu bauen. Ob es letztendlich gebaut wird, oder ob, wie der CDU-Ratsherr Rütters meint, die rückläufigen Zahlen der Asylbewerber den Bau überflüssig machen, ist ebenfalls nebensächlich. Wichtig ist das, was die Leute der Bahnzeile an Argumenten vorbringen, ebenso wichtig ist, zu sehen, auf welchen Zug die CDU da aufspringt.
Was für Leute in diesem Zug sitzen, darüber können Thomas Seidel und Britta Templin-Skarupke berichten. Die beiden kennen sich nicht, haben aber beide einen Leserbrief geschrieben, der in der WZ veröffentlicht wurde. Zwei Leserbriefe, die sich gegen die unverhohlen vorgebrachten ausländerfeindlichen Äußerungen der BahnzeilenbewohnerInnen wendeten.
Seitdem steht das Telefon bei beiden nicht mehr still, sie bekommen auch mehr Post als früher. Thomas Seidel schrieb in einem nachgeschobenen Leserbrief, daß „die Anzahl der anonymen Schreiben und Anrufe, welche stets Drohungen oder übelste Beleidigungen enthielten, schließlich nicht mehr zu zählen waren“. Ähnliches berichtete uns Britta Templin-Skarupke. „Erst nach drei Tagen ebbte die Flut der Anrufe etwas ab – und die waren alle gleich: Man sei ja nicht ausländerfeindlich, aber diese Scheiß-Scheinasylanten wolle man hier nicht haben.asyl-ist-menschenrecht
Ein Anwohner der Bahnzeile, der immerhin seinen Namen nannte, sagte, daß er nicht ausländerfeindlich sei, aber „meinen 100.000 Mark teuren LKW lasse ich mir nicht von Negern aufschlitzen“ und „mit diesen Analphabeten kann man ja nicht einmal reden.“ Dann kamen Briefe: „Neulich hat so eine Türkensau fünf Personen umgebracht, darunter ein Kind. Wo wart ihr da, ihr Asylantenfreunde? Hoffentlich passiert das mal einem von euch Arschlöchern.“
Die Sprüche, die die AnwohnerInnen der Bahnzeile öffentlich verbreiten, sind direkt den Parteiprogrammen und Kampfschriften der rechtsradikalen Szene entnommen. Schönhuber, Worch, de Vries, die Reps, die DVU, der Deutsche Kameradschaftsbund – sie alle reden so.
Und seit Anfang September hat wohl auch Wilhelmshavens CDU Fahrkarten für diesen Zug gelöst. Bei der Diskussion um das Asylbewerberheim am Alten Banter Weg stimmen zwei Sachen besonders traurig: Rolf Fehnders, Ratsherr der CDU, der sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten, beispielgebend selbst für Ratsmitglieder der SPD und der Grünen, für die Rechte der Ausländer in Wilhelmshaven eingesetzt hat, entpuppt sich plötzlich als Scharfmacher gegen Asylbewerber, gegen die Rechtlosesten in unserer Gesellschaft. Daß ein Rolf Rütters so etwas macht, ist für uns nicht verwunderlich – er hat immer noch die Lufthoheit über den Stammtischen der Stadt.
Warum allerdings der Vertreter des türkischen Vereins, Ali Dogan, sich in eine Reihe mit diesen Ausländerhassern stellt, muß unverständlich bleiben: Es brannten mehr türkische Häuser und Geschäfte als Asylantenheime, es starben mehr türkische Landsleute als Asylbewerber. Die Leute aus der Bahnzeile werden sicherlich nicht in der Lage sein, einen schnauzbärtigen, schwarzhaarigen Asylbewerber von einem schnauzbärtigen, schwarzhaarigen Türken zu unterscheiden.

Foto: Tunnat

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