Neonazis
Jun 071993
 

Immer dreister

Aktivitäten der Neo-Nazis lassen AntifaschistInnen nicht zur Ruhe kommen

(hk) Nach den Mordbrennereien in Mölln glaubten viele, daß die Lichterkettenbewegung den Aktivitäten der Neo-Nazis und der mit ihnen verbundenen Skin-Head-Gruppen den Garaus gemacht hätte. Doch das Gegenteil ist eingetreten. In den ersten Monaten dieses Jahres wurden bereits 750 Straftaten mit rechtsextremen Hintergrund registriert.Nach Solingen verging kein Tag, an dem nicht mindestens ein Brandanschlag auf von Ausländern bewohnte Häuser gemeldet wurde. Oft waren es drei, vier Anschläge pro Tag. Wie wild gebärden sich die Nazihorden und ihre Helfer aus der Skinhead- und Hooliganszene. Die Durchsetzung ihrer Forderung zur de-facto-Abschaffung des Asylrechts gab ihnen Auftrieb. Mit ihrem Terror bereiten sie den Boden für die nächste Gesetzesinitiative.
Der Naziterror findet auch in unserer unmittelbaren Umgebung statt.

Naziaktivitäten

100 Neo-Nazis trafen sich in einem Oldenburger Lokal – Die Polizei, so Axel Rott, stellv. Leiter der Kripo Weser-Ems, habe keine Möglichkeit gehabt, dieses nichtöffentliche Treffen zu unterbinden. Die Teilnehmer aus der ganzen Republik ordnete er der verbotenen FAP zu, deren Mitglieder und Sympathisanten sich in der (nicht verbotenen) Nationalen Liste organisiert hätten. Unter ihnen auch Christian Worch – ein Kühnen-Zögling und Chefideologe der FAP und Kopf einer „Sammlungsbewegung“ der Rechten.
Nach dem Treffen in Oldenburg überfielen die Nazis das Jugendzentrum in Aurich – hier kam es zu einer Straßenschlacht – allerdings nicht mit der Polizei, sondern mit BesucherInnen des Jugendzentrums und den über eine Telefonkette alarmierten AntifaschistInnen aus der Region. Gegen 25 Nazis hat die Polizei inzwischen Anklage wegen schweren Landfriedensbruchs und Verstoßes gegen das Waffengesetz erstattet.

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Faschistenaufmarsch am 23. Mai 1992 in Wilhelmshaven * Foto: Brams

Presseerklärung des Antifa-Plenums Oldenburg
„Nachdem ca. 100 NeofaschistInnen am 8. Mai das „Fest der Kulturen“ im Auricher Jugendzentrum „Schlachthof“ mit Baseballschlägern, Gasrevolvern, Totschlägern und Kartuschenmunition angriffen, sorgten sie auch an dem darauf folgenden Wochenende wieder für Unruhe in der Region. Wie beim Angriff auf den Schlachthof sah sich die Polizei auch diesmal nicht veranlaßt, einzuschreiten.

(…) Die NeofaschistInnen sammelten sich an unterschiedlichen Punkten in großer Zahl. In Petersfehn II, wo sie ihr „Saufgelage“ abhalten wollten, wurde auch der 1. Vorsitzende der inzwischen verbotenen, neofaschistischen Organisation „Deutscher Kameradschaftsbund“, der Wilhelmshavener Torsten de Vries gesichtet.
Am späten Abend fuhren die Neofaschisten dann nach Oldenburg zu dem bekannten Neofaschisten Torben Stecker. In der späten Nacht fand dann noch eine Zusammenkunft der rechten „Skinhead-Szene“ an einem See in Horsten statt. AntifaschistInnen aus der Region, die mit Treffen dieser Art nicht einverstanden sind, wurden von der Polizei angehalten und teilweise brutal mißhandelt, während die rechten „Skinheads“ ungehindert feiern konnten. So wurden die Scheiben eines Autos Auricher AntifaschistInnen von der Polizei eingeschlagen, die Personen raus gezerrt und brutal mit dem Gesicht auf den Boden gedrückt. Gegen die verantwortlichen Polizisten wurde Anzeige erstattet.
Erst auf Druck der AntifaschistInnen wurde die Polizei aktiv: begleitet vom „Antifaschistischen Konvoi“ sah sich die Polizei genötigt, das „Skinhead-Treffen“ am See zu beenden.
Die Polizei weiß natürlich genauso gut wie wir, daß Treffen dieser Art zur Rekrutierung weiterer Jugendlicher in die rechte Szene dienen und daß von hieraus weitere Aktivitäten besprochen und koordiniert werden, wie z.B. der Angriff auf Kulturfeste ausländischer MitbürgerInnen in Aurich.
Wir fordern die Polizei auf, neofaschistische Treffen nicht zuzulassen und diese zu unterbinden. Ansonsten trägt sie die Verantwortung für den weiteren neofaschistischen Terror.

Antifa-Plenum Oldenburg

1.000 Menschen
beteiligten sich am 5.6. an einer Demonstration gegen die Schließung des Jugendzentrums Aurich. Die Stadt Aurich, der das Jugendzentrum ein Dorn im Auge ist, plant eine sogenannte Umstrukturierung, um das jetzige Jugendzentrum auch für andere Gruppen zu erschließen. Gemeint ist damit wohl ein Kulturzentrum ähnlich dem Pumpwerk – mit entsprechenden Eintrittspreisen.
Das wohl hirnrissigste Argument für eine Schließung des Jugendzentrums lieferte der stellvertretende Stadtdirektor Neitzel nach einem Angriff von ca. 120 Faschisten am 8.5. auf das Jugendzentrum. So sagte Neitzel gegenüber dem NDR: „Wenn kein Angriffsziel vorhanden ist, gibt es ja auch keinen Anlaß für die Rechtsradikalen, Ärger zu machen.“
Randale und Gewalt scheinen sich also doch zu lohnen, solange sie von Rechts kommen. Zu bezweifeln ist, daß Randale seitens der Jugendzentrums-Besucher zum Erhalt des Jugendzentrums führen würde. (ts)

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