Beta-Oil
Aug 221995
 

Alarmschrei

Beta will sich auf Kosten der Umwelt aus der Krise retten

(hk) Mit lautem Getöse und Angriffen gegen alles und alle tritt der Beta-Boß Johan Anton van Weelden in der Öffentlichkeit auf. Hintergrund: Der Beta-Raffinerie geht es verdammt schlecht. Der Konkurs des Mitinhabers Bulk-Oil und die momentane Marktsituation treiben den Beta-Boß schier in die Verzweiflung. Und in der Verzweiflung sucht man Sündenböcke.

Sündenböcke Nr. l: Die Politiker und die Verwaltungen

Noch vor wenigen Monaten brachte van Weelden in einem Gespräch mit Vertretern der BUW seine ganze Verachtung gegen diese Leute zum Ausdruck – für ihn sind das Leute, mit denen man gar nicht erst redet – heute wirft er ihnen Tatenlosigkeit und das angebliche Nichteinhalten von Versprechungen vor.

Sündenbock Nr. 2: Die Gesetze

Als Beta den aufgegebenen Betrieb der Mobil kaufte, war den Käufern klar, wie die Gesetzeslage in Deutschland aussieht. Mit vielen Tricks und leeren Versprechungen (Bau eines Crackers) gelang es der Beta damals sogar, die bestehenden Vorschriften bezüglich des Schadstoffausstoßes zu umgehen. Heute heulen die Beta-Bosse, daß es Vorschriften gibt, die Anlage nach fünf Jahren durchchecken zu lassen – man müßte wohl sehr viel Geld ausgeben, um die Anlage umwelttechnisch wieder auf den gesetzlich geforderten Stand zu bringen. Da von einem ‚großen und kaum zu überstehenden Wettbewerbsnachteil‘ (WZ 3.8.95) zu reden, ist schon ziemlich unverfroren.

Sündenbock Nr. 3: Der Natur- und Umweltschutz

Da wird wieder der Plan aufgewärmt, Tankschiffe quer durch den Nationalpark Wattenmeer (Kaiserbalje) zu schicken, was nichts weiter bedeutet, als daß quer durch das Hohe Weg Watt eine Fahrrinne gefräst wird. (Der Gegenwind berichtete darüber ausführlich in den Ausgaben 119 und 121.)

Sündenbock Nr. 4: Der Markt

IMG_20171125_0024Keiner will Betas trinkbares Superdiesel. Die Zahlen, die Beta über dieses Superdiesel in die Welt setzt, sind wirklich phänomenal: Der Schwefelanteil ist auf 0,0001 % (hier sind die Potenzen mit der Beta durchgegangen: 0,001 soll das wohl heißen) reduziert.

Da sollte man doch etwas mit werden können. Doch Beta versucht erst gar nicht ernsthaft, mit diesem Produkt auf den Markt zu kommen. Die Beta-Leute sitzen da und warten und warten. Warten, daß jemand vorbeikommt und fragt, ob es da nicht vielleicht so’n Superdiesel gibt.

Andere Raffinerien gehen da anders vor: So betankt eine Raffinerie aus der ehemaligen DDR die Busse Berlins mit schwefelarmem Diesel (das allerdings nicht die Traumwerte des Beta-Produktes erreicht) – in dieser Raffinerie gab es eben Leute, die sich um solche Sachen kümmerten, während die Beta-Leute darauf warten, daß die Kommunal- und Landespolitiker ihnen die Vermarktung abnehmen.

Sündenbock Nr. 5: Die Preise

Strom, Wasser, Transporte, Baggerungen – alles ist der Beta zu teuer. Man möchte Sonderkonditionen (obwohl die Industrie schon Sondertarife bekommt!). Die Frage ist, wen Beta sich ausgeguckt hat, die Verhandlungen mit den Versorgungsunternehmen und der Bahn zu fuhren. Solche Verhandlungen sind doch wohl ureigenste Sache von Beta! Oder soll der Steuerzahler einen Teil der Kosten übernehmen?

Eine eigene Anlage zur Elektrizitätsherstellung will van Weelden sogar bauen. Dabei handelt es sich allerdings um nichts anderes als um eine Sondermüllverbrennungsanlage für Raffinerieabfälle.

Kommentar:Alles das, was von der Beta moniert wird, sind Bedingungen, Gesetze usw, die schon zum Zeitpunkt der Wiederinbetriebnahme vor 5 Jahren bestanden. Jetzt anzukommen und die Aufweichung der Umweltschutzauflagen und gar noch die Zerstörung eines weiteren Stücks der Umwelt zu fordern, gehört schon zu den ganz miesen Geschäftspraktiken. Die Art und Weise, wie van Weelden über die Verwaltung und die Politiker herfällt, fällt ebenfalls unter diese Kategorie. Dennoch wünschen wir uns, daß es der Beta gelingen wird, ihr schwefelarmes Diesel in die Tanks der Autos zu bekommen – doch dann muß leider auch der Preis stimmen. Denn weder die Stadtwerke noch irgendein anderes Unternehmen können es sich leisten, einen überhöhten Preis für den Sprit zu bezahlen, auch wenn es der Umwelt helfen würde.

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