Arbeitsloseninitiative
Nov 302005
 

Ratlos?

Die Arbeitsloseninitiative muss ihr Beratungsangebot noch mehr einschränken

(noa) Als wir im Januar mit Werner Ahrens, dem Sozialberater der ALI, sprachen, erklärte er uns u.a.: „…wir machen weiter, solange wir können, solange wir Geld haben.“ Jetzt ist das Ende des Geldes so nah, dass Werner sich zum 1. Dezember arbeitslos melden muss und ab dann nur noch eine „geringfügige Beschäftigung“ bei der ALI haben wird.

Seit 1. Januar 2005 gibt es vom Land keine Förderung mehr für Arbeitslosen- und Sozialhilfe-Initiativen. Auch das ist eine Folge von Hartz IV: Die Zusammenlegung der Arbeitslosenhilfe mit der Sozialhilfe hat die Gründung der ARGEn mit sich gebracht, und deren Beratungsangebot sei ausreichend, so findet das Land Niedersachsen. Wer Alg II-Empfänger kennt – seien es nun vormalige Sozialhilfeberechtigte oder ehemalige Arbeitslosenhilfebezieher -, weiß, dass das nicht zutrifft. Sie brauchen Beratung und Hilfe, um gegen Bescheide der ARGE vorzugehen, und natürlich bekommen sie diese Beratung und Hilfe nicht bei der ARGE.
Die Arbeitsloseninitiative Wilhelmshaven/Friesland bekommt nur noch Geld von der Stadt Jever (1000 Euro jährlich) und von der Gemeinde Sande (520 Euro jährlich). Darüber hinaus ist sie aber vollständig auf ihre Mitgliedsbeiträge angewiesen. 15 Euro im Jahr sind viel Geld, wenn man es sich vom Alg II abzwacken muss, aber wenig Geld, wenn man davon einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz erhalten will.

Wir sprachen mit Werner Ahrens über die finanzielle Situation und die Zukunft der ALI – und seine eigene.

Gegenwind: Im Januar hast du uns gesagt, es würde noch drei oder vier, vielleicht auch fünf oder sechs Monate weitergehen mit der Beratungsarbeit. Jetzt ist schon November. Wie habt ihr das möglich machen können?
Werner: Dass wir bis jetzt ausgehalten haben und nicht nur bis Mitte des Jahres, liegt daran, dass Betroffene, also Erwerbslose, dem Verein beigetreten sind und uns Geld geben, das sie eigentlich für etwas anderes, nämlich für ihren Lebensunterhalt, brauchen. Und wir haben Privatspenden bekommen, die unser Konto aufbesserten.

Wie viele Neueintritte hattet ihr?
Das weiß ich nicht so genau. Jedenfalls sind es jetzt etwa 500 Mitglieder. Es sind viele beigetreten, aber leider sind auch einige, die jetzt in Rente sind, ausgetreten. Aber nicht alle Rentner – einige haben uns die Treue gehalten.

Es gab mehr Beitritte als Austritte, aber nicht genug, um den Arbeitsplatz zu sichern?
Richtig.

Du musstest ja schon zu Beginn des Jahres deine Arbeitszeit auf 28 Stunden reduzieren, nachdem es auch zu guten Zeiten zwei volle Stellen gegeben hatte.
Ja, das war zu Zeiten des FAS-Programms.

Nun wirst du dich also zum 30.11. arbeitslos melden und Arbeitslosengeld beziehen – nicht Alg II?
Nein, Arbeitslosengeld.

Das wird aber doch nicht so hoch sein, nachdem du jetzt 11 Monate lang eine Teilzeitstelle hattest.
Da wird nicht nur das geringere Gehalt aus diesem Jahr eingerechnet, sondern es wird eine Mischkalkulation geben, weil für die Höhe des Arbeitslosengeldes die drei Jahre vor der Arbeitslosigkeit zählen.

Und dann wirst du eine geringfügige Beschäftigung hier haben?
Ja. Wir haben noch viele Widersprüche von Erwerbslosen laufen. Die müssen abgearbeitet werden. Und das geht ehrenamtlich nicht, dafür fehlt die Legitimation. Ich arbeite ja über Vollmachten, und das erlaubt das Rechtsberatungsgesetz Ehrenamtlichen nicht.

Und wie lange wird das mit dem Mini-Job laufen?
Im Februar ziehen wir die Mitgliedsbeiträge für das Jahr ein. Das wird dann wieder für einige Monate Beratungsarbeit reichen. Und Vorträge und Schulungen, die wir bei Vereinen und Institutionen veranstalten, bringen auch ein bisschen Geld.

Wenn du dich arbeitslos meldest, musst du dich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen.
Ja, das werde ich auch tun. Laut SGB III darf ich 14 Stunden arbeiten und 165 Euro zum Arbeitslosengeld dazuverdienen, und ich suche Arbeit.

Wo?
In erster Linie bei Organisationen, die Ähnliches machen wie wir hier, z.B. beim Regionalverband der Erwerbsloseninitiativen.

Arbeitslose müssen flexibel sein. Sie dürfen nicht erwarten, nur in ihrem Wunschberuf Beschäftigung zu finden. Was kommt für dich sonst noch in Frage? Was hast du gelernt?
Eigentlich vieles. Ich habe Matrose und danach Schiffsmechaniker gelernt.

Dann könntest du ja auch beim Marinearsenal arbeiten…
… Wenn da nicht der Arbeitsplatzabbau stattfände.

Und wenn du gar nichts findest, kommst du auch unter das Hartz IV-Gesetz, sinkst auf Arbeitslosengeld II und musst dann jeden Job annehmen.
Das ist nicht erst bei Alg II der Fall. Ab dem 7. Monat der Arbeitslosigkeit ist der Berufsschutz weg, und man muss Angebote mit einem Einkommen in Höhe des Arbeitslosengeldes plus Werbungskosten annehmen.

Da kann man dir nur die Daumen drücken, dass die ALI schnell viele neue Mitglieder und Spender bekommt und dein Arbeitsplatz weitergeht.
Es geht nicht um meinen Arbeitsplatz, sondern darum, dass die Beratungsarbeit weitergehen kann, denn die ist notwendig.

Da macht ihr ja jetzt das LOS-Projekt. Geht es darum, Nachwuchs zu schulen für die Sozialberatung?
Ja, uns ist es darum zu tun, Multiplikatoren für die Sozialberatung heranzubilden.. Leider ist der Zeitraum viel zu kurz. Man kann in der Kürze der Zeit nicht alle Gesetze durcharbeiten, die man für die Beratungsarbeit kennen muss. Die Anträge wurden jetzt im Herbst gestellt, und bis Mitte nächsten Jahres muss das Projekt abgeschlossen sein.

Wenn LOS fortgesetzt wird, könnt ihr ja in einem Folgeprojekt einen Aufbaukursus durchführen.
Wenn es weitergeführt wird, werden wir das tun.

Wie viele Personen werden mitmachen?
Es besteht sehr viel Interesse, etwas zu tun. Bisher haben 12 Menschen ihr Interesse bekundet, an dem Projekt teilzunehmen.

Was wird außer Gesetzen Inhalt des Lehrganges sein?
Wir werden auf die Entstehung der Sozialgesetze eingehen, damit die Teilnehmer einen Überblick bekommen. Es werden in Rollenspielen Beratungssituationen durchgegangen, es gibt eine Rhetorik-Schulung und Kommunikationstheorie.

Wer wird unterrichten?
Ich werde selber einen Teil der Seminare durchführen; zu speziellen Fragen werden wir externe Fachleute, z.B. Sozialrechtler, dazuholen, und Mitarbeiter von „Arbeit und Leben“ werden mitarbeiten. Und wir werden Lehrgänge anderer Einrichtungen nutzen. Die Planungen für unser LOS-Projekt laufen auf vollen Touren.

Viel Erfolg dabei, und vielen Dank für das Gespräch!

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