Nee, ne?
Interessanter Umgang eines Landtagsabgeordneten mit Statistiken
Die Landesregierung hat die Mittel, die für 2005 für das Programm „Hilfe zur Arbeit für Nicht-Sesshafte“ vorgesehen waren, gestrichen. Ursula Aljets kritisiert diesen Schritt. Uwe Biester verteidigt ihn mit der Begründung, dieses Programm sei nicht erfolgreich genug. So lesen wir in der „WZ“ vom 12.10.2004.
Politiker haben das Recht, ja manchmal sogar die vermeintliche Pflicht, sich über Dinge zu äußern, von denen sie nichts verstehen. Hätte Biester nur so viel gesagt und danach zu diesem Thema geschwiegen, wäre es ja gut gewesen. Mir jedenfalls wäre nichts aufgefallen. Aber nein, er sagte noch mehr dazu. Er „bewies“ die mangelnde Effizienz von Maßnahmen für Nicht-Sesshafte anhand von Zahlen.
„Nach Biesters Darstellung … gab es im vergangenen Jahr in Niedersachsen zwölf Projekte mit insgesamt 355 Teilnehmern“ im Bereich der Hilfe zur Arbeit für Nicht-Sesshafte. „75 Prozent hätten die Maßnahme vorzeitig abgebrochen, nur 21 Prozent hätten bis zum Schluss durchgehalten. Nach sechs Monaten waren 14 Prozent im ersten Arbeitsmarkt beschäftigt, weitere sieben Prozent im zweiten.“
Hmm! Also alle, die bis zum Schluss in ihrer Maßnahme waren, haben danach gearbeitet. Dann haben vermutlich viele von ihnen, wenn nicht alle, bis zum Abschluss der Maßnahme auch wieder einen Wohnsitz gehabt. So etwas finde ich irre erfolgreich! Dass 75 % eine solche Maßnahme schnell abbrechen, erstaunt mich nicht. Nicht-Sesshafte haben in sehr vielen Fällen ein massives Alkoholproblem, zahlreiche von ihnen zusätzlich weitere schwere psychische Störungen. Ich hätte mit einer wesentlich höheren Abbrecherquote gerechnet. Was hat Biester daran zu meckern?
Ach so! „Bei Strafgefangenen liege die Abbruchquote lediglich bei 42 Prozent,…“ – lediglich?!? – Strafgefangene sind eingesperrt. Durch Teilnahme an einer Maßnahme verdienen sie sich Vollzugslockerungen. Daran gemessen finde ich eine Abbruchquote von 42 Prozent verdammt hoch! – „…, bei Langzeitarbeitslosen bzw. Sozialhilfeempfängern sogar nur bei 16 Prozent. Diese seien nach sechs Monaten sogar zu 29 Prozent in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt worden.“ Toll! Und erstaunlich! Herzlichen Glückwunsch an diese Leute und erst recht an die, die ihnen dabei geholfen haben! Über die nur 29 Prozent Vermittlungen in den ersten Arbeitsmarkt will ich mal nichts sagen, denn wir wissen ja, wie es dem Arbeitsmarkt geht.
Gänzlich baff war ich dann aber bei Biesters letzter Vergleichsgruppe: „Als Beispiel, das die unterschiedliche Wirkung vergleichbarer Förderstrukturen deutlich macht, zieht Biester die Förderung des Zugangs zum Arbeitsmarkt für Frauen heran. Sie weisen eine Vermittlungsquote in den ersten Arbeitsmarkt von 42 Prozent auf.“ Vergleichbare Förderstrukturen? Bestimmt aber nicht vergleichbare Zielgruppen!!!
(Alle Zitate aus dem WZ-Atikel „Biester zweifelt am Erfolg“. 12.10.2004)
Anette Nowak
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