Abwasserkonzept
Feb 012007
 

Es stinkt zum Himmel!

Hamelner Institut stellt Problemlösung vor

(hk) So ganz langsam schaukelt sich seit dem letzten Sommer, als Wilhelmshavens Badegäste massiv mit der Wilhelmshavener Fäkalien-Einleitungspraxis konfrontiert wurden, das Thema der Direkteinleitungen am Banter Siel hoch. Die hilflose Abwehrschlacht von Stadt und Entsorgungsbetrieb schwemmten noch viele andere unangenehme Wahrheiten an die Oberfläche.

 Dafür gesorgt, dass die Wahrheit nicht im Sumpf versickert, haben Wilhelmshavener BürgerInnen, die sich inzwischen unter dem Namen „Die Kaiserlichen KanalarbeiterInnen“ zu einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen haben. Wir zitieren aus dem Informationsblatt 001/07 der Bürgerinitative:

„Fäkalieneinleitung seit 30 Jahren am Südstrand von Wilhelmshaven, direkt in die Vorzeigebadezone!
Weil unsere Politiker über 30 Jahre schwiegen [seit dem Bau der Zentralkläranlage 1976] und sie in diesem Zeitraum keine langfristigen Gegenmaßnahmen ergriffen haben, haben wir uns für die Aufklärung entschlossen, um Licht ins Dunkel zu bringen, damit wir nicht wieder in 30 Jahren hier stehen und uns anhören müssen: „Das war schon immer so und ist gesetzlich vollkommen in Ordnung!“ [Zitate, Eberhard Menzel, Oberbürgermeister von Wilhelmshaven | Gesundheitsamt Wilhelmshaven | Dr. Jens Graul (Kultur u. Umweltdezernent Wilhelmshaven) |Umweltministerium Niedersachsen].

Die Argumente der Verantwortlichen reichen nicht bis zum Thema Gesundheitsgefährdung, sondern enden in Defensivargumentationen: „Das wird ganz schön teuer!“ [ca. 100 Millionen Euro] „Man kann das Problem nie ganz aus der Welt schaffen“, und Jens Graul in einer offiziellen Aussage: „Diejenigen, die die Mischwassereinleitung [per Definition das Gemisch aus: ungeklärten Fäkalien, Haushaltsabwässern, Industrieabwässern, unter anderem auch dem St.Willehad Hospital, und Regenwasser] ohne Not wider besseres Wissen und vollkommen überzogen darstellen, leisten dem Gemeinwesen einen Bärendienst!“ [Wilhelmshavener Zeitung,28|11|2006]

Banter Siel

Foto: GRUPPO|635_foto.hufenbach

…und wer 20 Jahre als Verantwortlicher Kultur- und Umweltdezernent im Rat der Stadt Wilhelmshaven sitzt, selbst nicht am Südstrand badet und keine Lösungen bietet, also quasi nichts tut, was tut der? Wir finden, dass sich das Eis, auf dem sich der Kultur- und Umweltdezernent Jens Graul bewegt, schon mit hauchdünn charakterisiert werden kann! ( …)
„Der Sachverhalt war jedem bekannt, der es wissen wollte“, war eine der zentralen Aussagen von Dr. Jens Graul in der Beantwortung einer kleinen Anfrage in der Ratssitzung vom 22. November 2006.
Besonders interessant ist auch die Tatsache, dass es wieder eine unabhängige Kommission „richten“ soll, die im Mai, wenn die Saison in vollem Gange ist, ihre Ergebnisse vorlegen soll, obwohl die WEB [Wilhelmshavener Entsorgungsbetriebe] selbst Lösungsvorschläge in der „Schublade“ haben. ( … )

Das Verschweigen der wirklichen Zusammensetzung der Einleitungen in der Festbroschüre der WEB [30 Jahre Zentralkläranlage Wilhelmshaven] führt auch dazu, dass sich Touristen und Badegäste verprellt fühlen, heißt es da doch auf Seite 9: Zitat: „Bei starken Regenfällen wird das Regenwasser von den Hauptpumpwerken direkt in die Jade gepumpt.“
Keine Rede von Mischwasser, ungeklärten Fäkalien und der Definition, also anscheinend alles in Ordnung?! ( … )
Die politische Legitimation, „es sei doch alles gesetzlich geregelt und gesundheitlich unbedenklich“, lassen wir uns als zahlende Bürger und Initiative nicht mehr länger bieten!“
Infoblatt der Kaiserlichen KanalarbeiterInnen als Download: Info_Kanalarbeiter

Soweit die Schilderung des Sachverhalts aus der Sicht der Bürgerinitiative. Wilhelmshavens Politiker zogen sich auf zwei Aussagen zurück, mit denen sie ihr Nichtstunwollen begründeten: 1. Das geschieht alles im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und 2. Eine andere Lösung wäre zu teuer!
Der Bürgerinitiative wurde schnell klar, dass es nicht ausreicht, nur den Skandal zu schildern – also suchte man selbst nach Lösungen und wurde schließlich auch fündig.
In einer Einladung zur „Öffentlichen Präsentation des Wilhelmshaven Modells“ an die Presse schreiben die Kaiserlichen KanalarbeiterInnen am 16. Januar 2007: „Die Stadtverwaltung WHV propagiert bisher als Problemlösung gegen die Fäkalieneinleitung am Südstrand entweder den Neubau eines Zwei-Kanal-Entsorgungssystems oder den Bau von Rückhaltebecken. Beides sind vollkommen überholte Techniken und mit einem Kostenaufwand von bis zu 100 Mill. Euro für Wilhelmshaven unbezahlbar.
Wir haben uns als Bürgerinitiative mit dem Status „So ist das nun mal in WHV“ nicht abgefunden, intensiv recherchiert und nach alternativen Lösungen gesucht. Nur durch unsere Öffentlichkeitsarbeit sind Ingenieure aufmerksam geworden und haben das „Wilhelmshavener Modell“ entwickelt.“

Abwasserkonzept für Wilhelmshaven

AbwasserDie Resonanz war groß und der Saal des Gorch-Fock-Hauses gut besetzt. Neben den vielen „normalen“ BürgerInnen hatte sich auch eine recht erkleckliche Zahl von Ratsvertretern eingefunden (u.a. Hans Hartmann, SPD; Werner Biehl, Grüne, 2. Bürgermeister und Vorsitzender des Umweltausschusses; Heinz Weerda, CDU; Bernhard Rech, CDU, Vorsitzender des Bauausschusses; Joachim Tjaden, BASU, Gerold Tholen, LAW;). Die auch eingeladenen OB Menzel und Stadtrat Jens Graul allerdings blieben der Veranstaltung genauso fern wie Wilhelmshavens Entsorgungschef Neugebauer.
Die Sprecherin der KanalarbeiterInnen Monika Giesche-Emmerich kam schnell auf den Zweck der Veranstaltung zu sprechen: Vorstellung des Wilhelmshaven Modells des Hamelner „Institute for global research“. Dessen Leiter, Dipl.Ing Hans. J. Dopheide präsentierte nicht besonders geschickt, aber dennoch verständlich, wie sein Institut das Wilhelmshavener Fäkalienproblem lösen könne.
Das Prinzip ist recht einfach: Der gesamte Bereich der Innenstadt (südlich der Friedenstraße) bekommt ein neues Abwasserkanalnetz. Dafür muss nun nicht die gesamte Stadt aufgebuddelt werden – die Abwasserrohre mit einem Durchmesser von 60 bis 100 Millimeter werden mittels eines gesteuerten Bohrverfahrens verlegt. Vor den Häusern müssen Pumpenschächte mit Schneidradpumpen gebaut werden. Alle Haushalte werden mit Küchenabfallzerkleinerern ausgerüstet, in die der gesamte organische Abfall des Haushalts verbracht wird.
Die gesamten Abfälle des Haushalts werden dann mit Druck in Richtung Weiterverarbeitung befördert. Hier werden dann, nachdem die Störstoffe entfernt wurden, die Fest- von den Flüssigstoffen getrennt. Es entsteht nach weiterer Behandlung auf der einen Seite Dünger, und auf der anderen Seite sprudelt das Wasser als Betriebswasser mit Trinkwasserqualität heraus. Als Nebeneffekt kann dann mit einem Blockheizkraftwerk auch noch Wärme und Strom erzeugt werden.
Die Kosten für das Konzept bezifferte Dopheide mit 65 bis 70 Millionen Euro, die erste Baustufe, die das Problem schon immens verringern würde, schlägt mit 40 Millionen Euro zu Buche.

Vorteile des Abwasserkonzepts:
  • Die Gesamtinvestitionskosten für das Schmutzwasserkanalnetz mit Pumpenschächten und Schneidradpumpen sowie Recyclingstation mit Stromgewinnung sind erheblich niedriger als für ein herkömmliches Fließkanalnetz mit der erforderlichen Klärwerkserweiterung.
  • Das Verlegen des Druckkanalnetzes erfolgt durch moderne Bohrtechnik und erfordert nur an den Anschlusspunkten geringfügige Schachtarbeiten.
  • Das Druckentwässerungsnetz ist wartungsfrei, Kosten für die teuren Wartungsfahrzeuge und Personal entfallen bis auf geringe Kosten für die Kontrolle der Pumpenschächte.
  • Die “Braune Tonne“, die zum Einsammeln erforderliche Fahrzeugkapazität und die Kosten für das Verwerten bzw. Beseitigen von Bioabfall entfallen.
  • Mit den Erlösen für Wasser, Strom und Dünger trägt die Recyclingstation zur Kostendeckung des Systems bei.
  • Eine Vergrößerung des vorhandenen Klärwerks und/oder eine zusätzliche Wasserrückhaltemaßnahme entfallen.
  • Der Restmüll ist weitestgehend frei von Organik und bietet deshalb ganz neue Möglichkeiten des Recyclings.
  • Die anaerobe Wasserrecyclinganlage in der Abwasserrecyclingstation ist eine Biogasanlage; sie lässt sich mit geringen Mehrkosten dahingehend erweitern, dass sie den gesamten privaten und städtischen Grünschnitt zu Strom und Dünger verarbeitet und daher zusätzlich zur Wirtschaftlichkeit des Systems beiträgt. Die Kosten für Einsammeln und Verwerten bzw. Beseitigen des Grünschnitts entfallen.
  • Die Tatsache, dass die „Fäkalienproblematik“ der Stadt endgültig und nachhaltig beseitigt wurde, wird sich positiv auf den Tourismus auswirken und neuen Auftrieb geben. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass aus der ganzen Welt Interessenten nach Wilhelmshaven kommen werden, um das “Wilhelmshavener Modell für Abwasser- und Abfallrecycling“ zu besichtigen. (aus „Abwasserkonzept für WHV-Südstadt“, GloRe e.V.)

Das Konzept überzeugte zwar nicht auf Anhieb alle Anwesenden – es war aber klar, dass die Stadtverwaltung an diesem Konzept nicht einfach vorbeikommt.
Sowohl der Bauausschussvorsitzende Bernhard Rech wie auch der Umweltausschussvorsitzende Werner Biehl wollen dafür sorgen, dass die Ideen des Herrn Dopheide Eingang in die städtischen Gremien finden.
Die oben genannten Äußerungen der Herren Menzel und Graul gehören nach dieser Veranstaltung wohl endgültig der Vergangenheit an.
Jetzt gilt es für Wilhelmshavens Kommunalpolitiker Nägel mit Köpfen zu machen.
Download des Expose: Abwasserkonzept für WHV-Südstadt

Die Kaiserlichen KanalarbeiterInnen“ suchen noch jede Menge engagierte Mitstreiter, die sich so nicht bevormunden lassen möchten!
Kontakt: Frau Giesche-Emmerich,
Südstrand 52 | 26382 Wilhelmshaven;
Tel.: 04421 – 50 80 04 Email: info@immobilien-kanzlei.com

 

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