Hartz IV und Recht
Feb 012007
 

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Angemessen sind die tatsächlichen Kosten!

(noa) Vom 17. Oktober 2006 datiert ein Urteil des Sozialgerichts Oldenburg, das vermutlich für viele Alg II-EmpfängerInnen in Wilhelmshaven von Belang sein wird. Es geht um die Höhe der Heizkosten.

Bekanntlich besteht das Arbeitslosengeld II aus dem Regelsatz, der Miete und den Heizkosten. Laut § 22 Abs.1 Satz 1 SGB II werden von der ARGE die tatsächlichen Aufwendungen dafür erbracht, soweit diese angemessen sind. Zur Angemessenheit der Miete hat das Sozialgericht Oldenburg gegen Ende 2006 schon einige Urteile gesprochen, aus denen klar hervorgeht, dass die Beträge, die das Job-Center Wilhelmshaven für angemessen hält, nicht ausreichen. In diesen Urteilen wurde das Job-Center dazu verurteilt, den betreffenden KlägerInnen eine Miete gemäß der rechten Spalte der Wohngeldtabelle zu erstatten.
Viele Alg II-Antragsteller haben Ende 2004, als das Hartz IV-Gesetz kurz vor dem In-Kraft-Treten stand, eine Aufforderung (damals noch von der Agentur für Arbeit, da es die ARGE und damit das Job-Center erst seit 1.1.2005 gibt) zum Umzug in eine billigere Wohnung bekommen, von denen es angeblich in Wilhelmshaven genug gibt. Tatsächlich stehen hier viele Wohnungen leer, doch das z.T. deswegen, weil sie schlecht isoliert sind und hohe Energiekosten verursachen.
Geht man davon aus, dass die Höchstbeträge, die das Job-Center nicht nur für die Miete, sondern auch für die Heizenergie angesetzt hat, ausreichend sein müssten, bleibt einer langzeitarbeitslosen Person nur, entweder das, was an der Miete fehlt oder das, was an Heizkosten nicht erstattet wird, vom Regelsatz abzuzweigen. Da ist es in manchen Fällen billiger, in der „zu teuren“ Wohnung zu bleiben und dafür weniger Heizkosten zu haben. Diejenigen, die der damaligen Aufforderung nachgekommen sind und in eine billigere Wohnung gezogen sind und deshalb nun höhere Heizkosten haben, können nach dem Urteil des SG Oldenburg vom 17.10.06 jetzt aufatmen – und sollten flugs einen Antrag auf Überprüfung ihres Alg II-Bescheides stellen. Denn: „Die ‚Angemessenheit’ unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle“, heißt es in diesem Urteil, mit dem die ARGE Oldenburg dazu verurteilt wurde, die tatsächlichen Heizkosten einer Alg II-Bedarfsgemeinschaft zu erstatten, die beträchtlich über dem von ihr als angemessen definierten Satz liegen. Geklagt hatte eine Mutter, die mit ihren fünf Kindern in einer schlecht isolierten Dachgeschosswohnung wohnt und diese mit veralteten Gasöfen beheizen muss.
Dazu schreibt das Sozialgericht im Urteil: „Hierbei sind zunächst Kriterien wie Geschosshöhe, Wohnfläche, Heizetage, Alter des bewohnten Gebäudes, Alter und Zustand der Heizanlage, Wärmeverlust, Beschaffenheit der Fenster u.a. zu beachten. Hinzu kommen subjektive Faktoren (…) Auch ist die Besonderheit zu berücksichtigen, dass erwerbslose Hilfebedürftige eben aufgrund der Erwerbslosigkeit gezwungen sind, eine gegenüber dem Durchschnitt deutlich angehobene Zeitspanne in der Wohnung zu verbringen, was jedenfalls in der kälteren Jahreszeit zu erhöhten Heizkosten führen kann. …“
Alg II-BezieherInnen, die betroffen sind, sollten sich an die Arbeitsloseninitiative Wilhelmshaven/Friesland wenden, um sich bei den weiteren Schritten beraten zu lassen.

Beratung der Arbeitsloseninitiative:
Jever: Jugendhaus, Dr. Fritz-Blume-Weg 2, jeden 1. und 3. Donnerstag im Monat von 14.30 bis 16.30 Uhr
Sande: Jugendzentrum, Hauptstraße 78, jeden 2. und 4. Donnerstag im Monat von 14.30 bis 16.30 Uhr
Varel: DGB-Büro, Hansastraße 9a, jeden 1. und 3. Dienstag im Monat von 9.00 bis 12.00 Uhr
Wilhelmshaven: Gewerkschaftshaus, Weserstraße 51, jeden Donnerstag von 9.00 bis 12.00 Uhr

Ungesetzlich

ist das Vorgehen des Job-Centers Wilhelmshaven gegenüber Geringverdienern, die ergänzendes Arbeitslosengeld II beziehen bzw. beantragen. Bekanntlich gibt es Menschen, die so wenig verdienen, dass sie Anspruch auf einen Teil des Alg II haben. In diesen Fällen zahlt das Job-Center so lange nicht, bis ein eventueller Wohngeldanspruch geklärt ist. Laut Auskunft der ALI hat es in den letzten Monaten mehrere solcher Fälle gegeben.
Gemäß dem „Zuflussprinzip“ muss das Alg II jedoch gezahlt werden, solange kein Wohngeld gezahlt wird. Mit der gesetzwidrigen Handlungsweise vergeudet das Job-Center Geld, denn einige Betroffene haben Anträge auf einstweilige Anordnung beim Sozialgericht Oldenburg gestellt, und da kommen schon wieder Gerichtskosten auf das Job-Center zu. (noa)

Neuer ALI-Vorstand

Nach zwei Jahren Hartz IV hat die Behörde es immer noch nicht hinbekommen, die Bewilligungsbescheide für das Arbeitslosengeld II so auszustellen, dass sie für die EmpfängerInnen nachvollziehbar sind, so lautete das Fazit von Günther Kraemmer auf der Jahreshauptversammlung der Arbeitsloseninitiative Wilhelmshaven/Friesland im Dezember. Man kann den Bescheiden nicht entnehmen, wie und warum was in welchem Umfang angerechnet wird. 1686 Beratungen in den Sprechstunden der ALI sprechen eine deutliche Sprache, und oft musste die richtige Zahlung beim Sozialgericht erkämpft werden.
Die Armut, insbesondere die Kinderarmut, ist durch Hartz IV in Wilhelmshaven und Friesland stark angestiegen. Einem Kind unter 14 Jahren stehen monatlich 207 € zu. 0,76 € für Spielzeug, 4,40 € für Schuhe, 1,63 € für Schulbedarf (das sind jeweils Monatsbeträge), 2,51 € pro Tag für Essen und Trinken sind für Kinder in Alg II-Bedarfsgemeinschaften vorgesehen.
Auf der Jahreshauptversammlung hat Günther Kraemmer nicht mehr für den ALI-Vorstand kandidiert. Auch Harald Laufer, Meike Georgi, Margret Kraemmer, Erwin Zeitz und Dirk-Agge Bothe sind aus dem Vorstand ausgeschieden. Der neue Vorstand setzt sich wie folgt zusammen: Roland Strobelt ist 1. Vorsitzender, Johann Wilms 2. Vorsitzender. Kassiererinnen sind Diana Rieken und Corinna Schröter-Kuhlbars. Als Schriftführer fungieren Hans-Günter Osterkamp und Jürgen Oltmanns, und Dorothee Jürgensen, Hartmut Tammen-Henke und Albert-Otto de Riese sind BeisitzerInnen. (noa)

 

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