Zerplatzen Wilhelmshavens Milliardenträume?
(hk/jt) Was waren das für Schlagzeilen im letzten Jahr! Wilhelmshaven entwickelte sich plötzlich zur Boomtown. Die Firmen priesen ihre Milliardeninvestitionen täglich neu an. Die Umweltschützer wussten schon gar nicht mehr, mit welchem Projekt sie sich auseinandersetzen sollen, um die schlimmsten Umweltprobleme in den Griff zu bekommen.
Hoch flogen die Erwartungen Wilhelmshavens – die Zahl der bald geschaffenen Arbeitsplätze war schon kaum noch zu beziffern. Eine Gesellschaft zur Handhabung des Ansturms der Arbeitermassen wurde gegründet.
ConocoPhillips zieht seine 2 Milliarden schweren Investitionspläne zurück – legt sie, so die allgemeine Hoffnung in Wilhelmshaven, erst einmal auf Eis.
Dann der nächste Knock-out: Von einem Tag auf den anderen zieht ICI-Ineos alle Planungen für Wilhelmshaven zurück. Die nächsten Milliarden gehen den Bach runter. Einen üblen Beigeschmack hat die Entscheidung der INEOS: Wenn keine neue Chlorgas-Anlage auf dem Voslapper Groden gebaut wird, muss die Anlage in Rüstersiel in Betrieb bleiben. Damit würde auch die Chlorgasleitung zwischen den beiden Betrieben weiter betrieben werden. Nicht gerade ein Pluspunkt für den geplanten JadeWeserPort!
Da wäre zum einen die Deutsche Flüssigerdgas Terminal Gesellschaft dftg. Die Planung für die Anlandung von verflüssigtem Erdgas hat inzwischen wohl schon ihr Silber-Jubiläum feiern können. Alle Jubeljahre wieder tauchen die Planungen aus der Versenkung auf – die Teilhaber schauen sich um im Land, stellen fest, dass es immer noch zu teuer ist, Erdgas auf –162 Grad abzukühlen und auf Schiffe zu pumpen, um es dann einige tausend Seemeilen entfernt wieder in den gasförmigen Zustand zu versetzen und zum Verbraucher zu befördern. Gibt es inzwischen höhere Fördergelder vom Bund? Wenn nicht, dann taucht man eben wieder für einige Jahre ab. Das ist auch keine sichere Bank für die industrielle Entwicklung Wilhelmshavens.
Der letzte Hoffnungsschimmer ist die mögliche Ansiedlung eines Kraftwerks des belgischen Stromkonzerns Electrabel. Die Entscheidung wurde vom Konzern für Anfang 2007 angekündigt. Ob die e-on ihr Kraftwerk Wilhelmshaven noch erweitern wird, steht ebenfalls in den Sternen – feste Zusagen gibt es auch hier noch nicht.
Was bleibt, ist der JadeWeserPort – doch auch da kommt man nicht so richtig weiter.
Nachdem die Ankündigungen, der JadeWeserPort würde im Jahr 2006 in Betrieb gehen, verklungen waren, kamen immer wiederkehrende Ankündigungen, dass der nötige Planfeststellungsbeschluss in den nächsten Monaten kommen wird. Zuerst war es das Jahresende 2004 (kein Druckfehler), dann das Frühjahr 2005, der Sommer 2005, der Herbst 2005, der Spätherbst 2005. Diese Meldungen wurden seitdem in gleicher Reihenfolge wiederholt, nur das Jahr wurde angepasst.
Das hat sich jetzt grundlegend geändert. Das Land Niedersachsen, die JWP-Realisierungsgesellschaft, die Wasser- und Schifffahrtsdirektion und der OB haben sich jetzt darauf verständigt, jegliche Zeitangaben für den möglichen Baubeginn des JWP wegzulassen, was die Ankündigung des Stadtkämmerers, die Stadt wolle im Jahr 2007 ca. 800.000 Euro in Infrastrukturmaßnahmen im Umfeld des JWP stecken, nicht gerade einleuchtender macht.
Wie schrieben die VDI-Nachrichten unter der Überschrift „Schlicktown zu Boomtown“im Frühjahr des letzten Jahres über den ach so erfolgreichen Wilhelmshavener Wirtschaftsförderer: Doch wenn Wirtschaftsförderer Wolfgang Frank über den Deich am Voslapper Groden schaut, dann sieht er zwischen den tanzenden Schneeflocken auch einen breiten Silberstreif über dem 315 ha großen Brachland. Schon in drei Jahren sollen sich hier Container aus aller Welt türmen: Denn hier entsteht der JadeWeserPort, Deutschlands einziger Tiefwasserhafen. Nur wenige Kilometer entfernt lassen sich schon die Silhouetten einer Raffinerie erkennen und eines neuen Flüssiggas-Terminals sowie die Anlagen einer neuen Chemiefabrik zur Herstellung von Chlor- und Vinylchlorid-Produkten.“Das ist aber nur ein Teil dessen, was hier passieren wird“, sagt der Wirtschaftsförderer mit sichtlichem Enthusiasmus, „am Ende wird ein Drittel des gesamten Stadtgebietes mit neuen Firmen und neuen Arbeitsplätzen bebaut sein.“ Und alles nur wegen des neuen Tiefwasserhafens.
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