Landesbühne
Feb 012007
 

Haisteak an Nadelstreifen

Landesbühne serviert appetitliche Dreigroschenoper

(iz) Die „Dreigroschenoper“ ist immer noch das meistgespielte Stück an deutschen Bühnen. Gar nicht so leicht, es immer wieder neu zu erfinden. Reinhard Friese schaffte es in seiner 25. und (vorerst) letzten Inszenierung mit starken, plakativen Bildern. Sympathisch sind auch sozial- und umweltorientierte Sonderaktionen der Landesbühne.

haiDie (Nicht-)Farben Schwarz und Weiß dominierten Bühne, Kostüme und Beleuchtung, mal als Fläche, mal als Streifen, mal als Bordüre. Langeweile kam dadurch nicht auf. Mit den Kostümen wurde eine eigene, geradezu schicke Kollektion geschaffen (Nadelstreifen und Häftlingskleidung liegen auch im richtigen Leben oft dicht beieinander …), die Schwarz-Weiß-Malerei erlaubte es, mit der Farbe Rot deutliche Akzente zu setzen, wie „der rote Mond von Soho“ oder die Lippen von Revolver-Jenny. Vorbild war möglicherweise das Mädchen mit dem roten Mantel in Steven Spielbergs monochromem Film „Schindlers Liste“. Womit wir, beim Vergleich mit diesem ernsten Film, bei der Frage wären: Wie ernst soll sich die Dreigroschenoper nehmen? Sowohl die Landesbühne als auch zahlreiche ZuschauerInnen, die sich in Leserbriefen an die WZ zu Wort meldeten, sind der Ansicht, dass diese sozialkritische Oper unterhaltsam und komisch sein darf. Dem Kollegen aus der WZ-Kulturredaktion hingegen war der Spaßfaktor in dieser Inszenierung zu dominant, aber nun – die Geschmäcker sind verschieden.
Der Brechtsche Plot ist so stark verkürzt angelegt, dass eine Comic-hafte Umsetzung naheliegt. Die märchenhafte Wendung im Finale, als „des Königs reitender Bote“ das Happy End einläutet, ist auch nicht Frieses Erfindung. Und wenn schon Brecht in der Uraufführung Probleme damit hatte, ein echtes Pferd auf die Bühne zu bringen, so ist es legitim, wenn Friese den Retter auf einem Steckenpferd daherkommen lässt.
drei_groschenWenn der feine Ganove Mackie Messer in einem leeren Stall Hochzeit feiert, ist es nur recht und billig (!), auch sonst zu Improvisationen zu greifen, die freilich komisch wirken und das auch sollen und dürfen – sei es die Glühbirne, die den aufgehenden Mond symbolisiert, oder die mit Kreide rasch aufgemalten Kleiderhaken und Fenster an der Rückwand. Besser: Trennwand, denn als Spielfläche dient die gute alte, hier zweigeteilte Drehbühne. Ergänzend zu den Farben unterstreicht sie den plakativen, pointierten und polarisierenden Tenor der Inszenierung. Aus Platzgründen wurde das Liveorchester aufs Dach der Bühne verbannt; die damit verbundenen Probleme bei der Verständigung zwischen Darstellern und Musikern wurden auch mal aktiv in den Ablauf eingebaut.
Herausragend waren die Gesangsdarbietungen der DarstellerInnen. Auch da schieden sich die Geister: In der Regel verbindet man die Brecht/Weillschen Songs mit rauen, schrägen Tönen und nicht mit glockenhellen Operettenstimmen. Doch warum soll unser hiesiges Ensemble nicht zeigen, was es auch gesanglich kann? Zudem sind die Texte bei sauberer Darbietung besser zu verstehen. Und zu der scharfkantigen Umsetzung passt es durchaus, eine schmutzige Geschichte mit schönem Gesang zu erzählen. Auch die Bilder setzen sehr auf Ästhetik, doch selbst mit geputzten Zähnen wirkt ein Haifisch noch lange nicht aalglatt. So viele Ecken und Kanten hat Frieses Dreigroschenoper, dass sie in ihrer eigenen Geometrie eine runde Sache ergibt.

Sonderaktion für Ehrenamtliche

Die Landesbühne bietet eine Sonderaktion für alle EhrenamtsCard-Besitzer, um das Ehrenamt zu fördern und sich bei allen für ihr Engagement zu bedanken. Statt der üblichen 20 %-Ermäßigung können sich Ehrenamtliche bis Ende Februar für nur 5 Euro DIE DREIGROSCHENOPER ansehen. An drei Terminen steht Brechts Ganovenstück mit der Musik von Kurt Weill im Stadttheater auf dem Programm: Mittwoch, 31. Januar und Freitag, 23. Februar, Vorstellungsbeginn jeweils um 20 Uhr, sowie Sonntag, 4. Februar, um 15:30 Uhr. Das Angebot gilt, solange der Vorrat reicht. Die vergünstigte Eintrittskarte gibt es – nach Vorlage der EhrenamtsCard – im Service-Center der Landesbühne (Tel. 04421/9401-15, Virchowstr. 44).

Entspannt und umweltfreundlich ins Theater

Die Landesbühne bietet für die DREIGROSCHENOPER-Vorstellung am Sonntag, dem 4. Februar (Beginn 15 Uhr 30) zusammen mit der NordWestBahn ein Kombiticket an. Damit kommen Theaterfreunde von allen Bahnhöfen ab Oldenburg und Esens bequem mit dem Zug nach Wilhelmshaven. Das Kombiticket kostet zwischen 12 und 16 Euro (ermäßigt 9 bis 11 Euro). Im Preis enthalten ist die Hin- und Rückfahrt mit der NordWestBahn sowie der Eintritt zur DREIGROSCHENOPER. Die Tickets sind ausschließlich über die Homepage der NordWestBahn (www.nordwestbahn.de) zu beziehen und können dort direkt ausgedruckt werden.

 

 

sessel

Schlicktown für Anfänger
oder die Frage nach Theater

Als ich in diese Stadt zog – und nach wie vor ist mir unklar, wie mir das passieren konnte – war mir nicht bewusst, dass es hier ein Theater geben könnte.
Ich hatte Ihnen ja nun in der zweihundertzweiundzwanzigsten Ausgabe dieser Publikation versprochen, dass ich mich bei Ihnen noch einmal melden würde und wollte nun also sehen, ob man nun auch ungefähr das gedruckt hat, was ich geschrieben hatte. Zu meiner Verblüffung fand ich nicht nur meinen kompletten Text abgedruckt, sondern auch eine Theaterkritik, was mich zu der Annahme führte, dass es hier eben sehr wohl ein Theater geben muss. Ich habe mir sofort einen Spielplan kommen lassen und lese in diesem nun Folgendes:
„Februar“. Und darunter: „07“, was wohl das Jahr angeben soll.
Darunter wiederum zwei Spalten: Die eine „Wilhelmshaven“, die andere „Spielgebiet“. In der Mitte der Spalten das Datum: Donnerstag 01.
Unter „Spielgebiet“ finde ich hier den Hinweis, dass ich in Norden in der Realschule um 20 Uhr „Der Gefangene der Second Avenue“ sehen kann.
Unter „Wilhelmshaven“ lese ich „Stadttheater / 21.00 Uhr / freier Verkauf“, dann „Roter Salon“ (und denke, das kann ja nur was Schweinisches sein) und dann „Wilhelmshaven und Schönheit“ und da denke ich, dass ich mich wohl verlesen habe. Ich lese es noch einmal und bin begeistert! Mein Thema! Mein Theater! Mein Wilhelmshaven! Da geh’ ich hin!
Obwohl? Ich finde ja, dass es sich thematisch fast gleich bleibt, ob ich nun nach Norden fahre oder in Wilhelmshaven bleibe. Denn wo ist schon der Unterschiede zwischen „Der Gefangene der Second Avenue“ und „Schönheit und Wilhelmshaven“?
Nun gut, ich gehe nun also zum „Roten Salon“, auch wenn ich noch ein wenig Sorge habe, dass dahinter ein Swingerclub stecken könnte, der sich in diesem Theater eingemietet hat; denn hinter dem Titel „Wilhelmshaven und Schönheit“ könnte sich ja noch so manches verbergen, aber wer nichts wagt, der nicht gewinnt, und der Spielplan macht mir sonst einen eher seriösen Eindruck.
Wie es mit meiner Umfrage weitergeht? Weder statistisches Bundesamt noch Reuters wollten hierzu eine Aussage zu Wilhelmshaven und Schönheit machen. Aber ich bin sicher, dass ich da für Sie noch etwas in Erfahrung bringen werde. Am 1.2. um 21 Uhr gehe ich nun aber zum ersten Mal seit Jahren wieder ins Theater – wenn ich mich traue.

Ich empfehle mich.
Sultan Hasselbäck

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