Steckbrief
Mrz 171993
 

Alle Behauptungen unwahr

Neo-Nazi de Vries möchte mehr Schmerzensgeld bezahlen

(hk) Seltsame Blüten treibt der Rechtsstreit zwischen dem DGB-Kreisvorsitzenden Manfred Klöpper und dem Vorsitzenden des inzwischen verbotenen Deutschen Kameradschaftsbundes, Thorsten de Vries. De Vries läßt über seinen Rechtsanwalt mitteilen, daß er mit der Höhe des vom Kläger geforderten Schmerzensgeldes nicht einverstanden ist: Er möchte doch bitte auf die Zahlung von 10.000 DM verklagt werden – 5.000 sind zu wenig.

Dem Rechtsstreit zu Grunde liegt der vom Deutschen Kameradschaftsbund verteilte Steckbrief „ACHTUNG! Linker Radikaler!“ in dem neben Adresse und Telefonnummer auch ein Foto vom DGB-Chef Manfred Klöpper abgedruckt wurde. Dieser Steckbrief war Auslöser für einen gegen Klöpper gerichteten Telefon- und Briefterror und anderer Aktionen (Schmierereien, Bedrohung der Kinder usw.).
Klöpper hatte gegen die in dem Flugblatt aufgestellten Behauptungen (z. B. „Hat Kontakt zu Gewalttätern und mutmaßlich zu Personen des terroristischen Umfeldes!“) gegen den für den Steckbrief presserechtlich verantwortlich zeichnenden, stadtbekannten Neo-Nazi Thorsten de Vries, auf Unterlassung und Widerruf geklagt und ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 DM gefordert.

Alles unwahr

Das Landgericht Oldenburg hat mit Datum vom 11.02.93 der Klage in (fast) allen Punkten stattgegeben und de Vries „sowohl zur Unterlassung der ihm zur Last gelegten Behauptungen als auch zu deren Widerruf verpflichtet. (…) Die Kammer geht nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand davon aus, daß sämtliche Behauptungen unwahr sind.“ (Az 5.0.2674/92) Gleichzeitig wird de Vries „aufgegeben, 90,00 DM monatlich, beginnend am 01.März 1993 zu zahlen, solange das Gericht nicht anders bestimmt.“ (aaO) Für diesen Bereich der Klage (Unterlassung und Widerruf) weist das Gericht den Antrag von de Vries auf Prozeßkostenhilfe zurück.

Schmerzensgeld

Anders sieht es beim geforderten Schmerzensgeld aus: „Die Rechtsverteidigung des Beklagten bietet jedoch hinreichende Aussicht auf Erfolg, soweit er sich gegen den Schmerzensgeldanspruch des Klägers wendet (…) Es erscheint nicht ausgeschlossen, daß die Erforderlichkeit einer Schmerzensgeldzahlung verneint wird.“ (aaO) Dementsprechend wird Thorsten de Vries für diesen Teil der Klage auch Prozeßkostenhilfe bewilligt und ihm ein Rechtsanwalt beigeordnet. Dieser Rechtsanwalt (Dr. Bodo Heinz) erklärt in seiner Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichtes nun, daß es doch nicht angehen kann, daß der Kläger plötzlich nur noch 5.000 DM Schmerzensgeld von de Vries fordert. Rechtsanwalt Heinz fordert, das Schmerzensgeld auf 10.000 DM festzusetzen – so wie es in einem (vorprozessualen) Schreiben vom Bevollmächtigten Klöppers gefordert wurde.
Möchte nun de Vries‘ Rechtsanwalt, dass sein Klient unter Umständen zur Zahlung der doppelten Summe verurteilt wird? Hält er womöglich die unzähligen Belästigungen und Drohungen, die aufgrund des von de Vries zu verantwortenden Steckbriefs über den DGB-Kreisvorsitzenden und seine Familie hereinbrachen, für so gravierend, dass er seinem Klienten eine höhere Schmerzensgeldzahlung aufbürden möchte? Die Beweggründe für den Herren Rechtsanwalt sind wohl anderer Art: Steigt der Streitwert, steigt auch sein Honorar und da de Vries ja Prozeßkostenhilfe erhält, muß dann eben der Staat etwas tiefer in Tasche greifen.
Thorsten de Vries braucht sich darüber auch keine großen Gedanken machen: Selbst wenn er zur Zahlung eines Schmerzensgeldes verurteilt wird, hat er dadurch keine besonderen Nachteile; denn wovon soll er fünf- oder gar zehntausend Mark bezahlen? Von der Sozialhilfe?

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