Deponie Baumarkt
Mrz 171993
 

Mystische Stätten

Wie Wilhelmshaven zu einer Sondermülldeponie kam

(ft) Kaum jemand hatte es gewußt. Sie war zwar kleiner als die Deponie Schönefeld – aber mindestens genauso gefährlich und genehmigt war sie schon gar nicht. Sie wuchs aus vergessenem Sondermüll: Eine „wilde“ Sondermülldeponie auf der Freifläche eines Baumarktes.

Beginnen wir von vom: Die Stadt Wilhelmshaven bietet ihren BürgerInnen einen kostenlosen Service der Problemstoffabnahme an. Sogenannter Sondermüll (verbrauchte Batterien, Heimwerkerchemikalien, Farb- und Lackreste usw.) können in Wilhelmshavener Einzelhandelsgeschäften (die mit dem blauen Umweltengel an der Pforte) kostenlos und ohne Kaufverpflichtung abgegeben werden.

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Palettenweise Autobatterien ungeschützt. – Foto: Tunnat

Für Abholung und Entsorgung ist die Schortenser Firma GMA völlig selbstständig zuständig. Sie wird für diese Arbeit entsprechend dem Gewicht der eingesammelten Problernabfalle von der Stadt bezahlt. Eine lobenswerte Initiative der Stadt Wilhelmshaven. Doch nun hat es den Anschein, dass die regelmäßige Entsorgung der sich in den Geschäften anhäufenden Problemabfalle von der GMA nicht so genau genommen wird. Der auch mit dem blauen Umweltengel gekennzeichnete Stinnes-Baumarkt im Westen der Stadt, wurde durch nicht verfügbare LKWs oder durch Verwechslung mit anderen Baumärkten schlicht bei der regelmäßigen Entsorgung“ vergessen“. Das Resultat: Unter freiem Himmel jeder Witterung ausgesetzt, türmen sich Berge von Sondermüll: Offene Farbeimer, palettenweise Autobatterien, leckende Ölkanister, die Sammelbehälter mit brisanten Inhalt (z.B.Säuren und Zink-Kohle-Batterien) quellen über, lassen sich nicht mehr verschließen – der Regen wäscht sie aus und läßt den Giftcocktail im Boden versickern.

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Zum Ausspülen bereitgestellt: Offene Farbeimer – Foto: Tunnat

Das Ausmaß der Verseuchung des Bodens wird wohl erst dann aktenkundig werden, wenn der Baumarkt irgendwann mal abgerissen wird. Doch die Bodenverseuchung ist nur ein Übel. Wie reagieren die BürgerInnen, die ihre Problemabfälle immer brav zum Baumarkt brachten und dann feststellen mußten, daß die vor einem Jahr dorthin gebrachten Farbreste, Säuren oder Batterien dort noch immer still vor sich hin gammeln?
So wie der GEGENWIND-Leser, der uns auf dieses „Klein-Schönberg“ hinwies: „Dann doch lieber gleich in die Tonne“? Die Stadt trägt sicherlich nur einen geringen Teil der Schuld am Entstehen dieser wilden Sondermülldeponie – sie muß sich allerdings fragen lassen, ob durch eine regelmäßige Kontrolle der Abgabestellen nicht solche Auswüchse verhindert werden könnten. Die hier beschriebene Umweltverseuchung ist einzig allein der Schlampigkeit der GMA und wohl auch der Geschäftsleitung des Baumarktes anzulasten. Der Baumarkt beklagt, daß er keine größeren Sammelbehälter bekommt, denn der Sammelplatz ist trotz vorhandener freier Flächen völlig überlastet. So etwas macht keinen guten Eindruck auf die KundInnen – da gibt es schon Überlegungen, sich aus der Liste der Abnehmer für Sondermüll streichen zu lassen. Doch macht die Geschäftsleitung des Baumarktes es sich etwas zu einfach – das ein oder andere Telefongespräch mit der GMA oder dem Umweltamt hätte bestimmt zum Erfolg geführt.

Die GMA verdient gut am Abfallgeschäft und als einzige Entsorgungsfirma am Ort, meint sie wohl, sich solche Schlampereien leisten zu können – doch da wird sie sich hoffentlich verrechnet haben: Schreibt das Gesetz doch knallhart vor, welche Bedingungen solche Firmen erfüllen müssen. Eine Schlamperei wie bei Stinnes kann da schon zum Entzug der Konzession führen. Trotz alledem bleibt die Problemstoffsammlung der Stadt Wilhelmshaven eine sinnvolle Einrichtung und die BürgerInnen der Stadt sollten sich nicht durch die wenigen schwarzen Schafe vom Weg der getrennten Entsorgung von Problemabfällen abbringen lassen.
Informationen, wo sie ihren Sondermüll los werden können, bekommen sie vom Umweltamt – Telefon 16-2760. Nachdem die GEGENWIND-Redaktion von der wilden Sondermülldeponie unterrichtet wurde, informierte sie das Umweltamt der Stadt. Wir hoffen, daß Wilhelmshaven nun nicht mehr im glücklichen Besitz einer ungenehmigten Sondermülldeponie ist und die nötigen Schritte zur Feststellung der Ausmaße der Bodenverseuchung eingeleitet wurden.

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