Leserbrief
Nov 251991
 

Kritik zur Theaterrezension von Barbara Schwarz „Von einschläfernder Langeweile“ vom 21.10.91 in der WZ

Sicherlich steht es uns nicht zu, die Kompetenz von Barbara Schwarz anzuzweifeln, jedoch finden wir, daß sie sich bei der Beurteilung des Stückes „Die Hochzeit des Papstes“ zu einer oberflächlichen Kritik hat hinreißen lassen.

Wenn man die Qualität eines Schauspiels lediglich nach dem Anspruch einer spannenden Handlung beurteilt, würde man durchaus geneigt sein, sich der Kritik Barbara Schwarz‘ anzuschließen. Jedoch sind wir der Meinung, daß dies für eine vernichtende Kritik eine zu geringe Grundlage ist.Wenn man sich mit dem Inhalt des Stückes näher beschäftigt, sollte man zu dem Schluß kommen, daß genau diese Langweiligkeit einen wichtigen Teil der Aussage der Aufführung widerspiegelt.
Ja, man könnte sogar soweit gehen zu sagen, daß diese Aufführung genau ihr Ziel erreicht hat, nämlich die Darstellung der Gewaltentwicklung in diesem Milieu, in dem Eintönigkeit und Langeweile zur Tagesordnung gehören.
Der Theaterbesucher kann dieser Langeweile entfliehen, indem er in der Pause das Theater verläßt, so wie es sehr viele Besucher praktiziert haben.
Diese „Müll-Menschen“ (O-Ton B. Schwarz) können es aber nicht. Und eben diese ausweglose Situation dieser Menschen wird sehr intensiv dargestellt.
Wir finden , daß es dem Wilhelmshavener Kulturleben nicht gerade förderlich ist, wenn eine Kritikerin die hiesige Theaterszene in eine für den Betrachter leichter verdauliche Richtung zu lenken versucht und dabei leichtfertig die aufgezeigte Problematik als uninteressant abstempelt.
Gerade weil die Kritik in der einzigen örtlichen Tageszeitung erschien, wirft dies auch auf die WZ ihre Schatten, die sich ihrer Rolle als nahezu alleinige Meinungsbildgestalterin doch eigentlich bewußt sein müßte.

Kurs A1C0c des Fachgymnasiums Wirtschaft (am 13.11.91 an die WZ gegeben – bisher nicht veröffentlicht)

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