Ökomarkt
Mrz 111991
 

Ökommerz

Erfreuliches und unerfreuliches vom Ökomarkt

(iz) Am 8. Februar wurde zum zweiten Mal der „Wilhelmshavener Ökomarkt“ in der Stadthalle durchgeführt. Ist mit dieser Veranstaltung der Durchbruch zur grünen Konsumgesellschaft geschafft?

Im Zeitalter der Supermärkte, in denen die Individualität von Waren und ihren Anbietern einfach untergeht, lebt die Institution „Markt“ im eigentlichen Sinne erfreulicherweise wieder auf. Der Markt stellt eine direkte Verbindung zwischen Anbietern und Kunden her, wobei letzterer Preis und Qualität verschiedener Angebote auf engstem Raum direkt prüfen kann. Er wird bestens informiert, da Anbieter und Hersteller zumeist identisch sind. Steht der Markt unter einem bestimmten Motto (Wochenmarkt überwiegend für Lebensmittel, Flohmarkt für second hand), so wird der Qualitätsdruck zugunsten des Kunden umso größer.
Welches Ziel hatte nun der 2. Wilhelmshavener Ökomarkt (am 8. Februar in der Stadthalle)? Er schien weniger den Kunden zu dienen als einer Schar altbekannter Anbieter, die ohnehin ihre ökonomische Nische in der Spezialisierung auf ökologische Produkte gefunden haben. Sie besitzen meist einen festen, sensibilisierten Kundenstamm (den auszuweiten sicher nicht verkehrt ist). Der vielzitierte Otto Normalverbraucher dagegen kam zu kurz.
Er will bei seinen Gewohnheiten gepackt sein. Will heißen: auch „konventionelle“ Firmen bieten mittlerweile umweltschonende Produkte und Dienstleistungen ihrer Branche an. Egal, ob dies aus wahrem Umweltbewußtsein oder auf der Suche nach Marktnischen passiert: der Weg ist das Ziel. Stößt Otto in seinen bislang frequentierten Läden plötzlich und dann zunehmend auf umweltorientierte Angebote, so ist er – und mit ihm die wirklich breite Masse – eher zu erreichen als über „Alternative“ Betriebe. Deren Schwelle er dann sukzessive auch zu überschreiten wagt, je mehr das „Exotische“ zum „Normalen“ wird.
Die Vorreiterrolle der Ökobetriebe, die oft unter Mühen ausgefüllt wurde, ist lobenswert. Sie sollten auch weiterhin auf solchen Märkten vertreten sein. Bestimmte Informationen, die ganzheitliches Umdenken voraussetzten („Klangmassage“ und wuchermäßig überteuerte „Seelenkristalle“) bergen allerdings die Gefahr einer abschreckenden Wirkung. Hier hätten besser alteingesessene, aber innovationsfreudige Wilhelmshavener Firmen gestanden.
Zu undogmatisch dagegen die Handhabung des Müllproblems. Ein Ökomarkt bietet die Chance zu zeigen, wie größere Veranstaltungen ohne Abfallberge aussehen können. Mußte es da sein, freilaufende Würstchen resp. glücklichen Tee in Wegwerfgeschirr anzubieten? Die angepriesene Kompostierbarkeit ist immer noch die schlechtere Alternative gegenüber der Müllvermeidung. Lag hier mangelnde Kooperationsbereitschaft des Stadthallenpächters bezüglich Mitbenutzung des Wasseranschlusses vor? Bei diesem schlürfte dann Verf. den (unglücklichen?) Kaffee aus Porzellantassen. Als der Magen gegen den Totalboykott der anwesenden Anbieter von Speisen und Getränken rebellierte, wurde das arme Würstchen in ein am Stand gegenüber erworbenes Vollkornbrötchen eingeklemmt. Dies ließ sich immer noch besser verzehren als der riesige runde Pappteller, auf dem die Fleischerzeugnisse sonst versteckt wurden.
Nein, ohne Spülmöglichkeiten hätten die Anbieter der Lebensmittelbranche eben gegenüber dem Veranstalter (Freizeit GmbH) gemeinsam die Verköstigung vor Ort verweigern sollen. Aber: auf Nachfrage berichteten später Mitarbeiterinnen von (ex-„Jonathan“) „Ebbe & Flut“, sie hätten“ (als einzige) in Absprache mit dem Wirt ihre Plastikteebecher zwischendurch gespült. Haben es sich da einige etwas zu leicht gemacht?
PS: Herr Fromm von der Freizeit GmbH als Veranstalter hat mittlerweile zugesagt, die genannten Probleme beim nächsten Ökomarkt in den Griff zu kriegen.

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