Maurerkelle und Sozialarbeit
Kann eine soziale Stadt auf dem Reißbrett entstehen?
(hk) Wird das Projekt „Soziale Stadt“ mit Abrissbirne und Maurerkelle durchgezogen? Diese Frage stellt sich dem Beobachter der Aktivitäten im Zusammenhang mit der Herangehensweise und der Diskussion über die Realisierung des Förderprogramms für die Südstadt.
Im Gegenwind 167 berichteten wir unter der Überschrift „Flair des Kaputten“ über die desolate Lage der Südstadt. Neben den baulichen Missständen beschrieben wir in erster Linie die sozialen Probleme. Eine Vertiefung dieser sozialen Probleme gab es dann im letzten Gegenwind unter der Überschrift „Brennpunkt Südstadt“.
Der Leiter des Stadtplanungsamtes, Michael Witt, sagt, dass ‚städtebauliche Verbesserungen ohne sozialpolitische Begleitmaßnahmen’ nicht auf Dauer wirken. Im Rahmen der ersten Bürgerbeteiligung zur Sanierung der Südstadt wurde deutlich, dass diese soziale Begleitung mit Sicherheit am schwersten zu bewerkstelligen sein wird.
So sind denn auch die Warnrufe von SozialarbeiterInnen und MitarbeiterInnen sozialer Gruppen und Vereine unüberhörbar, die eine mehr technokratische Herangehensweise an die Probleme der Südstadt befürchten. Häuser abzureißen oder zu renovieren, Spiel- und Sportplätze zu bauen, Brachflächen zu beseitigen und Kindertreffs einzurichten – das alles sind Maßnahmen, die sich am Reißbrett planen und, ausgestattet mit den Fördermillionen, auch relativ problemlos verwirklichen lassen. Doch damit verändern sich die sozialen Probleme nur unwesentlich – es sei denn, man siedelt die Problemgruppen, die ja die Miete in den sanierten Objekten nicht mehr aufbringen können, einfach um.
Es gibt viele Organisationen, die in der Lage sind, an der Lösung der sozialen Probleme mitzuarbeiten. Doch wie sieht es da mit der finanziellen Ausstattung aus? Es ergibt ja keinen Sinn, den Gruppen nur die Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen und mit den Personalkosten im Regen stehen zu lassen.
Das Gelingen des Projekts „Soziale Stadt“ wird letztendlich davon abhängen, wie weit es gelingt, im Stadtteil eine problemorientierte Sozialarbeit zu installieren. Und gerade hierzu fehlen klare Aussagen seitens der Stadt!
Wohl überlegt sein muss auch die Heranziehung der Eigentümer zu Ausgleichsleistungen für die Wertsteigerung nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen. Für die Südstadt muss weiter gelten, dass günstiger Wohnraum zur Verfügung stehen muss – er muss nur bewohnbar sein. Wenn durch die Ausgleichsabgabe die Mietspirale hochgedreht wird, ist das Ziel des Förderprogramms „Soziale Stadt“ bereits in Frage gestellt – dann handelt es sich nämlich nur noch um ein ganz stinknormales Sanierungskonzept!
Der Stadtteilbeirat soll sich aus VertreterInnen der im Stadtteil aktiven und in den Stadtteil hineinwirkenden Verbände und BürgerInnen zusammensetzen (Gewerbe, Wohnungsbaugesellschaften, Parteien, Bürgervereine, Schulen, Polizei, Sportvereine, Kultur, Umweltschutz, Wohlfahrtsverbände usw.).
- Der Stadtteilbeirat hat die Aufgabe, den Rat, die Ausschüsse und die Verwaltung der Stadt in allen Fragen, die im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative „Soziale Stadt“ die Entwicklung des Stadtteils westliche Südstadt betreffen und die zum Wirkungskreis der Stadt gehören, durch Anregungen, Anfragen, Empfehlungen und Stellungnahmen zu beraten.
- Der Stadtteilbeirat versteht sich als Organ der gegenseitigen Unterstützung und Beratung, der Meinungsbildung und des Erfahrungsaustausches aller Einwohnerinnen und Einwohner der westlichen Südstadt.
- Er hat die Aufgabe, die Einwohnerinnen und Einwohner dieses Stadtteils über sie betreffende Angelegenheiten zu informieren (Öffentlichkeitsarbeit) und sie zur aktiven Mitarbeit anzuregen, um ihnen so die Möglichkeit zu geben, selbst ihre Interessen zu vertreten und für sich eigenständig Angebote zu entwickeln.
- Er begleitet die Erarbeitung eines Quartierentwicklungskonzeptes und gibt Empfehlungen zur Gewichtung und Rangfolge von Projekten.
- Er entwickelt selbst Projektideen und greift ihm bekannt gewordene oder an ihn heran getragene Anregungen auf.
- Er ist beratend tätig bei der Umsetzung konkreter Sanierungsmaßnahmen.“ (Quelle: Stadtplanungsamt)
Die auf den Stadtteil ausgerichtete Zusammensetzung des Stadtteilbeirates garantiert allerdings nicht, dass dessen Vorschläge und Initiativen auch durchgesetzt werden. Letztendlich entscheidet der Rat der Stadt – und da sind die Interessen dann doch schon wesentlich anders gelagert und es ist abzusehen, dass der Beirat es nicht leicht haben wird, der Sanierung einen sozialen Stempel aufzudrücken.
Neben dem Stadtteilbeirat wird vom Sanierungsträger für die Laufzeit der Sanierung ein Quartiermanager eingestellt. Das Stadtplanungsamt umreißt dessen Aufgaben wie folgt:
- BewohnerInnenaktivierung und –beratung
- Koordinierung lokaler Initiativen und Netzwerke
- Öffentlichkeitsarbeit im Stadtteil
- Betrieb eines Stadtteilbüros
- Moderation der verschiedenen Arbeitsgruppen des Stadtteilbeirates
- Mitwirkung am Quartierentwicklungskonzept
- Geschäftsführung Stadtteilbeirat
- Hinzuziehung externer Experten
- Mitarbeit in der Verwaltungsarbeitsgruppe „Soziale Stadt“
- Unterstützung einzelner Projekte im Stadtteil unter Inanspruchnahme der Verwaltungsgruppe „Soziale Stadt“ zu Fragen des Förderungszuschnittes und von sonstigen Genehmigungen aller Art
- Heranholen von externen Experten zur Unterstützung von Einzelprojekten
- Hilfen bei der Erstellung von Förderanträgen
Wir hoffen, dass wir unsere LeserInnen zukünftig nicht mehr mit solch trockenem Verwaltungsdeutsch behelligen müssen, sondern über eine aktive und zukunftsweisende Arbeit und Auseinandersetzung in der Südstadt berichten können.
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