Point
Apr 302002
 

Wat is ne Verein?

Da stelle mer uns janz domm…

(red) …und schauen im Lexikon nach: „Verbindung von Personen zu gemeinsamer Beschäftigung auf geselligem, sportl., künstler., wirtschaftl. o. ä. Gebiet…“ (Wahrig Deutsches Wörterbuch). Klar? Äh, nicht immer!

In unserer letzten Ausgabe berichteten wir unter dem Titel „Big Brother is watching you“ über Auseinandersetzungen im “Verein zur Förderung der internationalen Jugendarbeit e.V.“ “Wilhelmshaven & Friesland aktuell“ hat das Thema aufgegriffen und noch ausführlicher als wir berichtet und zwei Interviews, eines mit der 2. Vorsitzenden Inge Gorath und dem Schriftführer Hermann Werle, und eines mit Albert Friedel, dem 1. Vorsitzenden, geführt.
Man könnte den Eindruck bekommen, dass es sich um die in Vereinen immer mal wieder vorkommenden Querelen handelt. Vereine, so denkt man, sind Betätigungsfelder für “Vereinsmeier“, die sich gerne wichtig tun, und deshalb Brutstätten für Eifersüchteleien und Mobbing.
Werle und Gorath geben in ihrem Gespräch mit Stefan Becker von der “Aktuell“ einen Hinweis darauf, dass es in diesem Verein nicht (nur) darum geht: „Werle: … Mittlerweile weiß ich, dass nur ein Alibi-Vorstand benötigt wurde! Gorath: Herr Friedel sagte, ich bräuchte ohnehin nur meine Unterschrift herhalten. …“
In den letzten Jahren wurden in Wilhelmshaven mehrere Vereine gegründet, in denen es keineswegs um die „gemeinsame Beschäftigung“ auf diesem oder jenem Gebiet ging, sondern darum, Aufgaben der Stadt aus dem Etat der Stadt auszugliedern. Die Idee ist: Eine Kommune hat eine Aufgabe im sozialen, jugendpflegerischen, kulturellen oder sonst irgendeinem Bereich. Diese Aufgabe kostet richtiges Geld. Die Kommune hat aber wenig Geld zur Verfügung. (Man erinnere sich: Wilhelmshaven hatte einige Jahre lang so wenig Geld, dass nicht einmal ein genehmigungsfähiger Haushalt möglich war.) Wenn man nun einen Verein gründet, der diese Aufgabe übernimmt, tun sich andere Geldquellen auf.
So wurde z.B. in den 90er Jahren der Verein zur Förderung der Jugendgerichtshilfe gegründet. Es ist eine kleine Gemeinschaft mit gerade mal der Mindestanzahl von Mitgliedern, und es wird keine Aktivität von den Mitgliedern erwartet – es geht nur darum, als Verein Spenden und Geldbußen annehmen zu können, mit denen die (eigentlich kommunale, nun aber Vereins-) Aufgabe finanziert werden kann. Damit die Stadt die Aufsicht behielt, übernahm ein städtischer Be-diensteter den Posten des 1. Vorsitzenden, der die Geschäfte des Vereins während seiner Arbeitszeit bei der Stadt führen konnte.
Vermutlich sind auch Vereine wie die Musikinitiative und der Wendepunkt auf dieser Grundlage und mit diesem Hintergrund gegründet worden. Solange die nur auf dem Papier (zur Erfüllung der Bestimmungen des Vereinsrechts) erforderlichen anderen Vorstandsmitglieder die Füße stillhalten, funktioniert so ein „Verein“ reibungslos, erfüllt eine wichtige öffentliche Aufgabe und entlastet den kommunalen Haushalt. Und der “Alibi-Vorstand“, wie Hermann Werle es nennt, hält die Füße still, wenn er zum einen von vornherein weiß, wozu er da ist, und zum anderen der 1. Vorsitzende alles richtig macht.

Nur auf dem Papier

Zurück zum “Verein zur Förderung der internationalen Jugendarbeit“: Er wurde gegründet, um den Jugendtreff “Point“ weiter betreiben zu können, der aufgrund der engen Finanzen der Stadt geschlossen worden war. Die „W&F aktuell“ schätzt ein: „Abgesehen von den nicht mehr anfallenden Telefonkosten entstanden der Stadt auf diese Weise die gleichen Kosten wie bisher.“ Das stimmt wohl nicht ganz. Als städtischer Jugendtreff würde das Point wohl nicht immer wieder ABM- und SAM-Beschäftigte bekommen; dem Verein entstehen die Personalkosten nicht, die die Stadt als Trägerin des Point zu tragen hätte. Und wenn eine städtische Mitarbeiterin durch die Geschäfte laufen und um Spenden für die Einrichtung bitten würde, hätte sie wohl kaum den Erfolg, den Inge Gorath als 2. Vorsitzende eines (vermeintlich) gemeinnützigen Vereins hatte.
Es war wohl ein taktischer Fehler, Frau Gorath und Herrn Werle damals keinen reinen Wein einzuschenken und ihnen nicht klar zu sagen, dass sie nur für das Papier beim Amtsgericht benötigt wurden, ansonsten aber Herrn Friedel als städtischen Bediensteten alleine muddeln lassen sollten. Wenn man zwei sozial interessierte und engagierte Leute erst einmal auf so eine Aufgabe ansetzt, dann wollen sie sie auch erledigen, erst recht dann, wenn der 1. Vorsitzende diese Arbeit nicht so gut macht wie seine „Alibi-Vorständler“.
Die Artikel aus der WHV+FRI AKTUELL

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