CVJM
Dez 032004
 

War’s das?

Die Kündigungen treffen die CVJM-Mitarbeiter nicht unerwartet

(noa) Ja, nun ist es also soweit: Der CVJM kündigte allen 33 noch verbliebenen Beschäftigten, wie der „WZ“ vom 27. November zu entnehmen ist. Die Kahlschlag-Politik der Bundesregierung hat damit innerhalb kürzester Zeit ein zweites Opfer im sozialen Bereich in Wilhelmshaven getroffen, nachdem erst wenige Tage vorher (WZ, 24.11.) berichtet worden war, dass die API Insolvenz angemeldet hat.

Die CVJM-Beschäftigten haben ihre Kündigung schon lange erwartet. Lief der letzte Berufsförderlehrgang schon nur noch mit ca. 40 TeilnehmerInnen, ist die Belegungszahl zum laufenden Lehrgang noch mal halbiert worden. Etwa 20 Jugendliche, die als benachteiligt zu gelten haben, weil sie von der Sonderschule kommen oder die Hauptschule ohne Abschluss verlassen haben, verirren sich in diesem Lehrgangsjahr in Räumlichkeiten, die mehr als die vierfache Zahl beherbergen könnten und vor mehreren Jahren noch beherbergt haben.
Als vor etwa 10 Jahren das Sparen an der Berufsförderung begann, durfte der CVJM nur noch höchstens 80 LehrgangsteilnehmerInnen aufnehmen und fuhr ab dann regelmäßig „Miese“, weil Personal für 80 zu betreuende Jugendliche vorhanden war und bezahlt werden musste, die Zahl 80 aber im Lauf eines Lehrgang schrumpfte.
Der nächste Schlag war die Reduzierung der Belegung auf 60 TeilnehmerInnen. 1997/98 wurde Kurzarbeit gefahren, und die leitenden Mitarbeiter machten sich Gedanken über weitere wirtschaftliche Standbeine neben dem Lehrgangsbetrieb.
Die Jugendwohngruppe „Wolke 8“ wurde eingerichtet, um den CVJM aus der Abhängigkeit von nur einem Geldgeber, dem Arbeitsamt, herauszuholen. Hier handelte es sich um eine Jugendhilfemaßnahme; Geldgeber waren die Jugendämter. Eine „Mobile Betreuung“ junger Erwachsener ergänzte dieses neue Angebot. Doch die Jugendhilfemaßnahmen verfehlten ihren Zweck, ein zweites Standbein darzustellen, völlig und erwiesen sich stattdessen während einiger Jahre als zusätzliche finanzielle Belastung für den CVJM. Die „Wolke 8“ war niemals voll belegt, lief zeitweise sogar nur mit einem oder zwei Bewohnern, während das Personal (vier volle Sozialpädagogenstellen) dennoch bezahlt werden musste. Zum Jahresende 2002 schloss der CVJM die Jugendwohngruppe, deren Einrichtung seinerzeit mit einem großen WZ-Artikel gefeiert worden war, sang- und klanglos und gab den letzten Bewohner ans Jugendamt zurück. Die „Mobile Betreuung“ dümpelt mit ein oder zwei jungen Leuten so vor sich hin und fährt das Geld, das sie kostet, gerade mal eben ein.
Und nun hat die Arbeitsverwaltung die Berufsförderung von jungen Menschen mit Behinderungen und Benachteiligungen noch weiter reduziert. Hartz IV sieht Förderung nur noch für Leute vor, die sie eigentlich nicht so dringend brauchen: Nur noch Fortbildungs- und Eingliederungsmaßnahmen, die eine Vermittlungsquote von 75 % nachweisen können, werden öffentlich finanziert. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gibt es nur noch für wenige; gut bezahlte Fachkräfte, die z.B. wegen einer Firmenpleite arbeitlos werden, können eine ABM bekommen; Leute, bei denen absehbar ist, dass sie nach Ablauf einer ABM immer noch nicht auf dem 1. Arbeitsmarkt fest im Sattel sitzen werden, bekommen keinerlei Förderung mehr. Auch aus der beruflichen Erstausbildung von Menschen mit Behinderungen hat die Arbeitsverwaltung sich zurückgezogen (sh. dazu auch den Beitrag „Kaum wahrgenommen“ in diesem Heft). Auf einer Veranstaltung der Landesagentur für Arbeit vor einigen Monaten war zu erfahren, dass Förderlehrgänge mit Internatsunterbringung ganz entfallen sollen.
Warum unter diesen Vorgaben überhaupt noch eine Ausschreibung für Lehrgänge in Internatsform durchgeführt wird, fragt sich da. Jedenfalls fand sie nicht im Herbst (wie bisher üblich) statt, sondern wurde, wie CVJM-Geschäftsführer Wessels gegenüber der WZ erklärt, auf das erste Quartal des nächsten Jahres verschoben. „Da einerseits bei der Ausschreibung einer Maßnahme nicht feststehe, ob man zum Zuge komme, andererseits aber Kündigungsfristen einzuhalten seien, sei man jetzt zu diesem Schritt gezwungen gewesen“, heißt es in der WZ vom 27.11., und: „Die betriebsbedingten Kündigungen … könnten … zurückgenommen werden, wenn man den Zuschlag für die Fortführung der Ausbildungsmaßnahme erhalte.“
Dass dann die jetzt ausgesprochenen Kündigungen tatsächlich zurückgenommen werden, muss bezweifelt werden. Die meisten Beschäftigten des CVJM machen seit Lehrgangsbeginn Kurzarbeit. Es ist einfach viel zu viel Personal da für 20 Jugendliche. Zwar haben in den letzten Jahren schon einige CVJM-Beschäftigte ihrerseits gekündigt und andere Beschäftigungen aufgenommen, aber dennoch sind noch zu viele da. Und wenn die nun erst mal ihre wohl begründete Kündigung haben, kann der CVJM ja, sollte es tatsächlich im Lehrgangsjahr 2005/2006 weitergehen, gut auswählen, wen er dann wieder einstellt.
Einen Kündigungsschutz haben beim CVJM auch langjährige Mitarbeiter nicht mehr, da der Verein die Rechtsform gewechselt hat. Arbeitgeber ist nicht mehr der e,V., sondern die gGmbH. Und wer evtl. wieder eingestellt wird, hat demzufolge auch nicht automatisch Anspruch auf die Vergütungsgruppe, die Arbeitszeit und die sonstigen tariflichen Bedingungen wie bisher.
Die Aussichten für die Beschäftigten werden auch nicht besser durch das Fehlen einer Mitarbeitervertretung. Nach der letzten MAV-Amtszeit fand sich niemand mehr, der oder die für eine neue MAV kandidieren wollte. Und so gibt es niemanden, der mit dem CVJM-Vorstand und der Geschäftsführung über Garantien oder Bedingungen verhandeln könnte.

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