Ziviler Widerstand
Apr 161990
 

Lieber Tomato als NATO

Der Bundeswehr in die Suppe spucken

(noa/rb) Wer unter unseren Lesern auch den „stern“ liest, wird sich wohl vor einigen Wochen diebisch über den Landwirt Hermann Buhr aus dem Heidedorf Ramelsloh gefreut haben. Ihm ist es nämlich gelungen, den Bau eines Munitionsdepots der Bundeswehr zu verhindern.

 karte osterfeldSein Wäldchen ist Teil der Fläche, auf der das Depot entstehen sollte. Und er weigerte sich entschieden, das Grundstück an die Bundeswehr zu verkaufen. Bevor ein Enteignungsverfahren gegen ihn eingeleitet
war, verkaufte er einen Teil des Waldes an etwa 300 Personen aus aller Herren Länder.
Schließlich machte er sogar noch Michail Gorbatschow per Schenkung zum Miteigentümer des Grundstückes. Angesichts der Schwierigkeiten, in einem Enteignungsverfahren die ganzen Mitbesitzer zwecks Anhörung nach Lüneburg zu laden, verzichtete die Bundeswehr nun auf ihre Depotbaupläne („Scharmützel im Brackeler Grund“, stern 12/90).
Wer der Bundeswehr auf dieselbe Weise in die Suppe spucken will, hat ganz in unserer Nähe jetzt die Gelegenheit dazu. Der NATO-Flugplatz Wittmundhafen soll von bisher 270 ha um 207 ha erweitert werden. U.a. sind 17 Bunker für US-Flugzeuge, 14 Bunker für die Bundesluftwaffe, eine sogenannte Notstartbahn, Tanklager und Unterstützungseinrichtungen vorgesehen.
Schon jetzt belastet der Flugbetrieb die Anwohner durch Lärm und Dreck in unerträglicher Weise.
Durch den Ausbau würden landschaftsprägende Wallhecken und Hohlwege vernichtet und ökologisch wertvolle Biotope zubetoniert.
Der größte Teil der für den Flugplatzausbau vorgesehenen Fläche gehört schon der Bundeswehr. Jedoch ein 1,8 ha großer Acker, das „Osterfeld“, ist Privatbesitz.flugplatz
Am 4.11.1988 unterschrieben acht Käufer den Kaufvertrag über das Osterfeld. Ca. 80 Kreditgeber stellten die Kaufsumme von DM 50.000 zur Verfügung. Gleichzeitig wurde die Gesellschaft bürgerlichen Rechts „Osterfeld“ gegründet. Im Gesellschaftsvertrag heißt es, daß das Grundstück „in seinem natürlichen Zustand erhalten werden (soll). Es soll allen Bestrebungen entgegengewirkt werden, dieses Grundstück für militärische Zwecke zu verwerten.“ Das Osterfeld wird weiterhin von einem Pächter bewirtschaftet.
Nach einem langen Rechtsstreit hat das Oberlandesgericht Oldenburg entschieden, daß der Kauf rechtskräftig ist. Die Grundbucheintragung ist noch nicht erfolgt, weil die Landwirtschaftsabteilung der Bezirksregierung Weser-Ems sich an den Bundesgerichtshof gewandt hat, um das, OLG-Urteil überprüfen zu lassen.
Mittlerweile haben die Städte Wittmund und Aurich, auf deren Gemeindegebiet die Erweiterungsfläche liegt, ihre Chance, den Flugplatzausbau zu verhindern, verpaßt. Sie haben bei der „Bezeichnung“ (=Bedarfsanmeldung) durch die Bundeswehr keinen Einspruch erhoben. Ob man den Flugplatzausbau verhindern kann oder nicht, hängt nun einzig davon ab, ob das Osterfeld gehalten werden kann.
Die Zeit drängt, denn Anfang Mai will das Verteidigungsministerium kaufen. Der Bauer, der aufgrund der Verzögerungsmanöver der Behörden noch als Eigentümer im Grundbuch steht, hat sein Recht an die Gesellschaft „Osterfeld“ abgetreten. Diese hat seit November 1989 um die 200 Mitglieder dazugewonnen.
Die Mitgliedschaft kostet einmalig DM 100. Das Geld wird zur Rückzahlung von Krediten für den Grundstückerwerb, Öffentlichkeitsarbeit, Rechtskosten und Grundbucheintragungen verwendet. Jedes Mitglied ist gleichermaßen Miteigentümer des Osterfeldes und muß bei einem eventuellen Enteignungsverfahren gesondert enteignet werden.
Die Probleme eines solchen Enteignungsverfahrens haben offenbar auch die Behörden erkannt. In Ramelsloh haben sie es. erst gar nicht versucht.
Wer der Gesellschaft „Osterfeld‘ beitreten möchte oder an weiteren Informationen interessiert ist kann sich wenden an:
Osterfeld Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Postfach 1502, 2960 Aurich

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