Asbestmuseum
Mit der Deutschland als Marinemuseum wird man noch seine helle Freude haben
(hk) Mit einer tollen Idee will der „Förderverein Deutsches Marine-Museum e.V.“ unsere Stadt bereichern: Das Schulschiff a.D. „Deutschland“ soll zum Museum umgebaut werden. Großer Jubel überall. Aber: Ein verseuchtes Schiff steht unseren Freunden vom Förderverein ins Haus.
Daß die Marine ihr Schmuckstück und gleichzeitig größtes Kriegsschiff zum Alteisen gab, war schon eine Überraschung. Kostengründe waren es, die die Militärs zu diesem Schritt veranlaßten. 55 Millionen würde es kosten, das Schiff wieder gebrauchsfähig zu machen. Da kann man es dann doch wohl besser an die Leine legen.
Da in Wilhelmshaven nichts mehr ohne den Blick ins Gekröse des Imagekonzeptes läuft (Imagekonzept Seite 5: „Wer an Marine denkt, muß auch an Wilhelmshaven denken.“ Auf Seite 22 fordert das Imagekonzept die „stärkere Einbindung“ der Marine in die „Selbstdarstellung der Stadt“ und eine „positive Emotionalisierung für die Marine“), war es für unsere städtischen Militaristen naheliegend, das Schiff für ’nen Appel und ein Ei zu erstehen oder gar, wie Maaß und der Parlamentarische Staatssekretär und CDU-Bundestagsabgeordnete Manfred Carstens meinen, das Schiff kostenlos in die Finger zu bekommen und zu einem zünftigen Marinemuseum umzubauen. So bekommen erneut all die Kritiker, die den Verein schon längst verlassen haben, recht, die schon immer vermuteten, dass mit dem Marinemuseum ein geschichtsloser Jubelbrei verzapft werden soll.
Man hat sich in Museumskreisen nicht _nur Gedanken gemacht, sondern auch schon konkrete Berechnungen angestellt: Die Konservierung des Schiffes würde ca. 1 Million verschlingen, der mit entsprechender Infrastruktur auszurüstende Liegeplatz nochmals die selbe Summe.
Stadtrat Jens Graul, Vorstandsmitglied des Museumsvereins, sieht die „Deutschland“ zwar nicht als das Marinemuseum, sondern mehr als „schiffstechnisches Exponat und Teil eines Marinemuseums“ und möchte die „Deutschland“ schon im Frühsommer (da können dann am Wochenende an der Jade die Fremdenlegionäre wohnen) als „Attraktion“ seiner Bestimmung übergeben. Ob Graul sich mit seiner Vorstellung gegen seine Kollegen im Museumsvorstand wird durchsetzen können, darf getrost mit einem großen Fragezeichen versehen werden. Neben Graul sitzen dort die beiden „a.D.“-Militaristen Vizeadmiral a.D. Fromm und Konteradmiral a.D. Hans-Arend Feind, Oberstadtdirektor Arno Schreiber, Sparkassendirektor Eberding, Konsul F.A. Meyer usw. usf. – zumeist Leute, die schon immer bereit waren, das Image der ‚Stadt für eine Pressenotiz zu verkaufen.
Finanzieren läßt sich das Projekt natürlich nicht aus dem städtischen Haushalt – aber da weiß der Einzelhandel Rat: „Spendenschiffe“ in den Geschäften sollen den Leuten das Geld aus der Tasche ziehen. Ob dafür die Spendenboote der „Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger“ aus dem Verkehr gezogen werden oder nur eine militärische Konkurrenz bekommen, war nicht zu erfahren.
Aber, wie bereits einleitend gesagt, viel Freude werden die Museumsleute an der „Deutschland“ wohl nicht haben: Das Schiff wurde von oben bis unten mit dem krebserzeugenden Asbest als Brandschutz versehen! Die Bundesmarine ist momentan dabei, die anderen mit Asbest versehen Schiffe von diesem Zeug zu befreien: Ein Programm, welches hunderte von Millionen Mark verschlingt und die Werften mit kaum zu meisternden Problemen konfrontiert. Um die „Deutschland“ zu entsorgen wäre ein zweistelliger Millionenbetrag erforderlich.
Die „Deutschland“ als Marinemuseum? Natürlich! Hat ein Museum nicht die Aufgabe, die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Rekruten und der Zeit- und Berufssoldaten möglichst „naturgenau“ wiederzugeben? Es könnte dann sogar gerichtsverwertbare Daten über gesundheitliche Gefährdungen auf Schiffen der Bundesmarine liefern.
Eine hübsche Vorstellung: Mit Lösen der Eintrittskarte bekommt jeder Museumsbesucher einen Atemschutz umgehängt – „Marine-live“ gilt es auf dem „größten bewaffneten Schiff der Bundesmarine“ zu erleben. Ein Museum zum Einatmen. War doch das Kriegshandwerk immer mit einem gewissen Risiko für Leib und Leben verbunden.
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