Da tut sich was
Es kommt Bewegung in den Erhalt der Südzentrale
(iz) Mut machen zum Erhalt der Südzentrale sollte die Ausstellung „Neuer Nutzen in alten Industriebauten“, die bis Mitte Juli im „Cruiso“ in der Rheinstraße 98 zu sehen war. Leider war zur Eröffnung unser Layout schon komplett – die zukunftsweisenden Ergebnisse dieser Veranstaltung möchten wir jedoch unseren LeserInnen und den Verantwortlichen nicht vorenthalten, deshalb holen wir hier den Bericht nach.
Ausstellungeröffnung im “Cruiso”. Vorn, v. l.: Axel Föhl und die Vertreter des Forums zum Erhalt der Südzentrale Corinna Janssen, Bettina Brosowski und Hannes Griesemann. Foto: iz
Pünktlich zum „Tag der Architektur“ am 24. Juni hatte das Forum zum Erhalt der Südzentrale es geschafft, die stark ausgebuchte Wanderausstellung nach Wilhelmshaven zu bringen. Initiatorin Corinna Janssen holte die Elemente persönlich aus Cottbus ab. Finanzielle Unterstützung gab es von der Oldenburgischen Landschaft. In den Räumen der „Cruiso-Classic-Lounge“, deren Betreiber sich nicht nur um historische Fahrzeuge bemühen, und unweit der Südzentrale gelegen, war die Ausstellung thematisch gut untergebracht, auch wenn sie aus Platzgründen nicht vollständig gezeigt werden konnte. Der Werkstattcharakter war jedoch durchaus gewollt.
Die Eröffnungsrede hielt kein Geringerer als Axel Föhl, Begründer der Industriedenkmalpflege in Deutschland und Sprecher der bundesweiten Arbeitsgruppe Industriedenkmalpflege der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in Deutschland (VDL). Seit 1992 hat er einen Lehrauftrag für Industriedenkmalpflege und Baugeschichte an der TU Braunschweig, seit 1974 ist er im Rheinischen Amt für Denkmalpflege zuständig für Industriedenkmale. „Exempla docent – die Beispiele lehren“ ist sein Motto für den Erhalt und die Wiedernutzung historischer Industriebauten.
Die Ausstellung zeigt aus jedem Bundesland zwei Beispiele für die gelungene Umnutzung alter Industrie- und Technikbauten, so z. B. aus Niedersachsen die Fagus-Schuhleistenfabrik (Alfeld/Leine) und den Leuchtturm „Roter Sand“. Ob Hüttenwerke, Ziegeleien, Schlachthöfe, Zechen, Mühlen, Brotfabriken, der Phantasie für eine moderne Nutzung sind keine Grenzen gesetzt. Vorbilder für die Umnutzung der Südzentrale, auch ähnlich in Alter und Architektur, wären zwei Elektrizitätswerke – eines von 1900 in Halle (heute VW-Zentrum), eines in Bamberg von 1901 (heute VHS). Was im Ruhrgebiet oder in den östlichen Bundesländern mit ähnlich schwacher Wirtschaftsstruktur wie in Wilhelmshaven machbar, sprich auch finanzierbar ist, daran sollten doch unsere hiesigen Macher und sonst so überzeugten Visionäre nicht scheitern. Föhl sieht die Blockade nur im Denken, und er ermutigte die Anwesenden, nicht locker zu lassen, bis diese aufgelöst ist. „Guckt doch wenigstens mal hin!“, so sein Appell an die (überwiegend unanwesenden) Entscheidungsträger, „woanders geht’s doch auch.“ Was geht, zeigen auch Beispiele in Wilhelmshaven: Ein Pumpwerk wurde Kulturzentrum, eine Kammgarn-Spinnerei Museum, eine Torpedowerft zum Wattenmeerhaus-Infohaus. Föhls großer Wunsch: „Einmal wieder nach Wilhelmshaven zu kommen und eine neu genutzte Südzentrale zu sehen.“ Seine fachliche Unterstützung ist den Initiatoren gewiss.
Derzeit ist es leider nicht möglich, mit den Eigentümern der Südzentrale (ein Unternehmen mit Sitz bei Osnabrück) zu sprechen – sie verweigern schlichtweg die Kommunikation. Es wurde jedoch deutlich, dass die Stadt trotzdem nicht untätig bleiben muss. Zum einen ist die vor über zwei Jahren vom Eigner beantragte und vom städtischen Denkmalschutz erteilte Abrissgenehmigung mittlerweile abgelaufen und müsste neu beantragt werden. Dabei müssten aber neue Erkenntnisse berücksichtigt werden, wie auch Frau Becker von der unteren Denkmalbehörde bestätigte. Damals galt der Erhalt als nicht wirtschaftlich, heute liegt aber ein detailliertes Finanzierungskonzept vor, das von Fachleuten erstellt wurde – die Rechtsgrundlage „nicht wirtschaftlich“ für den Abriss ist also nicht mehr automatisch gegeben. Ein weiterer Hebel, den Eigentümern Druck zu machen, so Föhl, ist deren Verpflichtung, ein denkmalgeschütztes Gebäude zu unterhalten und zu pflegen, was sie nicht tun – geschweige denn, die Sicherheit zu gewährleisten. Auch hier könnte die Stadt ihnen Dampf unterm Hintern machen – wenn sie denn wollte.
Als „unanständig“ bezeichnete auch Bernd Michael Vangerow, Ortskurator der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, das Verhalten des Eigentümers: „Der meldet sich nicht mal – das ist der Hammer!“ Föhl bedauerte in diesem Zusammenhang, dass der Bund als ehemaliger Eigentümer das Gebäude überhaupt aus der Hand gegeben hatte. Auch Wolfgang Neß vom Landesamt für Denkmalpflege kritisierte, dass der Verkauf erfolgte, ohne dass ein Konzept für die Nachnutzung vorgelegt wurde.
Stets muss die Südzentrale auch als historisches Ensemble zusammen der KW-Brücke gesehen werden, für deren Erhalt die Stadt sich sehr engagiert. Sie wäre gut beraten, Fördermittel aus der Denkmalpflege auch fachlich korrekt für eben dieses Ensemble zu beantragen, sonst könnte das nach hinten los gehen – dann gäbe es auch für die Brücke keine Zuschüsse.
Der Wilhelmshavener Architekt Hannes Griesemann, der das Forum fachlich unterstützt, berichtete von einem konstruktiven Gespräch mit dem Stadtplanungsamt, das er ausdrücklich lobte. Ein Schreiben des Bauamtes an den Eigentümer ist unterwegs. Mehrfach ließ SPD- und Ratsvorsitzender Norbert Schmidt in der Tagespresse verlautbaren, er werde sich zukünftig im Rat für den Erhalt der Südzentrale einsetzen. Und im „integrierten städtischen Entwicklungs- und Wachstumskonzept“, das jüngst vom Rat verabschiedet wurde, ist ausdrücklich auch die Südzentrale aufgeführt – zusammen mit der KW-Brücke. Vorgesehen ist eine Förderung als historisches Erbe durch das für 2009 vorgesehene Förderprogramm „Städtischer Denkmalschutz“.
In diesem Jahr wird der 100. Geburtstag der KW-Brücke groß gefeiert. Unter den oben genannten Vorzeichen könnte Corinna Janssens größter Wunsch doch noch in Erfüllung gehen: Im Jahre 2011 den 100. Geburtstag der Südzentrale ebenso gebührend zu feiern.
Das Elektrizitätswerk in Bamberg wurde 1901-05 an der Donau im barockisierenden Stil errichtet. Dazu gehörten ein zweigeschossiger Verwaltungs-, Magazin- und Akkumulatorenbau, ein Kessel- und ein Maschinenhaus. Die Denkmalfeststellung 1077 erfolgte zunächst im Dissens mit der Stadt, die den Abbruch beschloss. Erst heftiger Widerstand aus der Bevölkerung mit spektakulären Aktionen (u. a. Hausbesetzung) und Fachgutachten verschiedener Gremien führten 1983 zur Rücknahme des Abbruchbeschlusses – „eine nicht zu unterschätzende historische Tat des Stadtrates“. 1986-88 wurde das Gebäude zur städtischen Volkshochschule umgebaut. In die Maßnahme flossen Mittel der Städtebauförderung (ca. 80%), des Bundes, des Landes und der Denkmalpflege. Die Kosten waren im Ergebnis niedriger als für einen vergleichbaren Neubau.
Das Maschinenhaus wurde unter Erhaltung der alten Kranbahn und der ehemaligen Schaltbühne zum Veranstaltungssaal umgebaut.
„Die ‚Volkshochschule im alten E-Werk’ hat mit dem Umbau des heute unbezweifelten Denkmals nicht nur das seit Jahren ersehnte und funktionsgerechte, sondern auch würdige und repräsentative Domizil erhalten, das heute im Bewusstsein der Bevölkerung fest verankert ist.“
(Quelle: Neuer Nutzen in alten Industriebauten. Dreißig Jahre Industriedenkmalpflege in Deutschland. Hrsg.: VDL Arbeitsgruppe Industriedenkmalpflege)
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