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Jul 312007
 

Gequirlte Scheiße

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Jens Graul glänzt in Satiresendung

(hk) Das wurde ja auch mal Zeit: Endlich gab das Deutsche Fernsehen der Stadt Wilhelmshaven die Möglichkeit, den unsinnigen Verleumdungen der Kaiserlichen KanalarbeiterInnen über die Einleitungen ungeklärter Abwässer in die Jade öffentlich zu widersprechen. Wegen der Brisanz des Themas haben wir uns die Mühe gemacht, den am 12. Juli 2007 ausgestrahlten Beitrag Wort für Wort zu dokumentieren.

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Moderator Thomas Pommer (im Studio vor einer großen Landkarte der deutschen Nordseeküste): In dieser Woche haben uns unsere Recherchen nach Wilhelmshaven verschlagen – ein verschlagenes Städtchen hier an der Nordsee. Und das Wasser, was Sie hier sehen, das ist der Jadebusen. (…) Wenn man dort baden geht, dann sieht man nicht nur Wellengang, sondern auch Stuhlgang, und das ist ziemlich scheiße. Von der Kot’azur Norddeutschlands: Britta von der Heide.

Szene: Der Südstrand

Moderator: Hmmm … Haaaa… Diese Luft, das Meer, einfach wunderschön, die Küste von Wilhelmshaven. (Szenenwechsel: Büro von Umweltdezernent Jans Graul. Jens Graul kommt hinter hohen Aktenstapeln zum Vorschein) Unermüdlich setzt sich für diese Natur ein: Umweltdezernent Jens Graul. Sein Motto „Respectez la Mer“ – „Achtet das Meer“.

Jens Graul: Wilhelmshaven bietet den einzigen Südstrand an der deutschen Nordseeküste. Das ist ein Privileg unserer geographischen Lage.

Szenenwechsel: Südstrand, Jadebusen

Moderator: Was könnte einen da noch von einem Bad in der Nordsee abhalten?
Badegast: Das letzte Mal, als ich da reinging, da war es braune Soße, die um mich herum schwamm, eine Slipeinlage schwamm vorbei. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie schnell ich wieder draußen war.

Szenenwechsel: Brodelndes Jadewasser am Banter Siel

gequirl 4Moderator: Ja, das kommt häufig vor und ist ganz schnell erklärt: Wenn die Kläranlage voll ist, leitet die Stadt das ungeklärte Schmutzwasser in die Nordsee, hier direkt neben dem Badestrand. Und im ungeklärten Schmutzwasser sind natürlich auch Fäkalien. Klar!

Szene: In Jens Grauls Büro

Moderatorin: Wenn die Fäkalien rauslaufen, sind die eigentlich in Gänze oder sind die gequirlt?
Jens Graul: Gute Frage. … es sind Kolibakterien.
Moderatorin: Gequirlte Fäkalien?
Jens Graul: Ja.

Szene: Banter Siel, Auslass der Kläranlage

Moderator: Die Stadt leitet ja nicht so oft Fäkalien in die Nordsee. Heute zum Beispiel nur drei Mal. Das wären im Jahr dann insgesamt … drei mal dreihundert .. Na ja, ist ja jetzt auch egal.
Bürgerin: Wenn die Stadt sagt, Wilhelmshaven soll Erholungsgebiet sein und dann so etwas …

Szene: Brodelndes Meer am Banter Siel

Moderator: „So etwas“ ist doch was ganz Natürliches. Das kennen wir doch alle. Das ist doch nicht gefährlich. Stimmt’s?

Szene: In Jens Grauls Büro

Moderatorin: Die Fäkalieneinleitung an sich – ist das eigentlich gesundheitsgefährdend?
Jens Graul: Nein!

Szenenwechsel: Professor Ralf Otterpohl von der TU Hamburg


Otterpohl:
Bei uns ist sicher nicht Cholera im Vordergrund. Das wäre eher so, dass halt Leute eine Amöbenruhr kriegen, Salmonellenerkrankungen, Durchfallerkrankungen. Die können auch sehr heftig sein. Es gibt da auch Krankheiten, die durchaus lebensbedrohlich sind.

Szene: Wasser mit Schaumkronen treckt an den Jadestrand.gequirlt 1

Moderator: Nun, wer das Bad in aufgelösten Fäkalien scheut, sollte einfach die Einheimischen beobachten. Wenn sie aus dem Wasser gehen, sollte man das schleunigst auch tun.

Szene: In Jens Grauls Büro

Jens Graul: Ja, die Einheimischen richten sich nach den Möwen. Wenn die Möwen im Wasser sind, dann gibt’s da irgendwas.

Szene: Möwen über der Jade

Moderator: Irgendwas Braunes, Organisches – das lieben Möwen nämlich – das wissen natürlich nur die Einheimischen. (Szene: Schwimmerin verlässt das Wasser) Deshalb hat Wilhelmshaven extra für die unerfahrenen Touristen ein raffiniertes Warnsystem konstruiert.

Szene: In Jens Grauls Büro

Jens Graul: Da wird eine rote Fahne hochgezogen – am Badegebäude hochgezogen und dann weiß jeder: Achtung! Nicht baden!
Moderatorin: Und weiß denn jeder auch, warum?
Jens Graul (nickt): Ja – das sind internationale Signale.


Szene: Eine rote Fahne weht am Mast der DLRGgequirl 3

Moderator: Wer dieses international übliche Signal für Fäkalieneinleitung ignoriert, sollte zumindest, wie international üblich, den Mund beim Schwimmen fest verschließen.

Szene: In Jens Grauls Büro

Jens Graul: Ich weiß gar nicht, wer auf die Idee kommt, mit offenen Mund zu schwimmen. Hüä – ich versuch mir das gerade vorzustellen. (Szene Schwimmer am Südstrand) Ich glaube, selbst Seehunde halten das Maul geschlossen beim Schwimmen. (wieder in Grauls Büro) Also, die einzigen, die mit offenen Mund schwimmen, sind Fische.

Szene: Fischkutter im Hafen

Moderator: Und die Fische haben sich noch kein Mal beschwert. Es sind einfach nur weniger im Netz. Selbst die Fischer haben nichts gegen Fäkalien in ihrem Jadebusen.

Szene: In Jens Grauls Büro

Jens Graul: Bislang haben die da keine Probleme.

Szene: Fischer Karl-Heinz Rostek

Rostek: Wenn dann die Netze hochgehievt werden, dann ist das so eine starke ätzende Angelegenheit, dass man da richtig schwindelig von wird und krank, und das riecht dermaßen nach verfaulte Eier – das ist dann wirklich unangenehm.

Szene: Auslass Banter Sielgequirlt 2

Moderator: Ja gut, das ist kein Rosenwasser. Der Geruch erinnert eher an ..schnupper schnupper ääh .. an äh .. an … gequirlte Scheiße.

Szene: In Jens Grauls Büro

Jens Graul: Der Begriff gequirlte Scheiße, ähem, erweckt den Eindruck … einen anderen Eindruck als der, der Realität ist.
Moderatorin: Was ist denn die Realität?
Jens Graul: Die Realität ist, dass das aus den genannten Gründen schon so hoch verdünnt ist, dass Sie das gar nicht als eine besondere Substanz im Wasser werden wahrnehmen können.
Moderatorin: Aber es ist doch gequirlte Scheiße?
Jens Graul: Ja, aber es gibt keine Färbung, es gibt gar nichts. Wenn es keine Mikroskope und Labors gäbe, würde man gar nicht wissen, dass es dort ist.
Moderatorin: Aber es ist dort!
Jens Graul: Ja, aber es ist nicht sichtbar.
Moderatorin: Okay. Dann ist ja alles gut.

Szene: Südstrand

Moderator: Alles gut in Wilhelmshaven! Hier ist die Natur noch natürlich, die Möwen satt und die Scheiße … gequirlt.


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