Stromtrassen
Mai 052009
 

Kabel, wohin man schaut und tritt…

Auf die Verlegung von gleich drei Starkstromleitungen zwischen Wilhelmshaven und Conneforde (Gemeinde Wiefelstede) müssen sich Mensch und Natur der Region einrichten.

(jm) Die Firma E.ON-Netz hat beantragt, eine 380-kV-Wechselstromleitung von Wilhelmshaven nach Conneforde ziehen. Ausschlaggebend dafür war der Bau des Kohlekraftwerks des französischen Stromkonzerns ‚GDF Suez’ (ex ‚Electrabel’). Das Kabel soll auf dem Wilhelmshavener Stadtgebiet unterirdisch und in Friesland streckenweise oberirdisch auf einer neuen Trasse verlegt werden. Die vorhandenen 110- und 220-kV-Überlandleitungen sollen uns erhalten bleiben.


Gleichzeitig plant das schweizerisch-norwegische Konsortium NorGer, ein Unterseekabel zwischen Norwegen und Deutschland zu verlegen.
Wo diese auf eine 450-500-kV ausgelegte Gleichstromleitung an das 380-kV-Wechselstromnetz der E.ON angeknüpft werden soll, steht noch nicht fest. In die Wahl fallen u.a. die Umspannwerke ‚Maade‘ im Heppenser Groden und ‚Conneforde‘ in der Gemeinde Wiefelstede.

Gleichstrom hat bei der Übertragung mit der gleichen Spannung wie Wechselstrom über große Entfernungen geringere Übertragungsverluste gegenüber Wechselstrom, weil induktive Widerstände durch Selbstinduktion nicht auftreten. In Spezialanwendungen wird er zu diesem Zweck auch genutzt in Form von sogenannten HGÜ-Leitungen für die Übertragung großer elektrischer Leistungen bei sehr hohen Spannungen über sehr große Distanzen. (aus Wikipedia)

Die bestehenden 110- und 220-kV-Überlandleitungen sowie die beantragte 380-kV Starkstromleitung reichen offenbar in Zukunft immer noch nicht für die Stromübertragung ins Hinterland aus:
Die beantragte 380-kV-Leitung kann die Stromkapazitäten der in Wilhelmshaven mittelfristig vorgesehenen vier Kohlekraftwerke sowie der ‚Offshore-Windkraftparks‘ nach Ansicht der Antragstellerseite nicht mehr bewältigen. Daher wird schon an eine weitere 380-kV-Leitung zwischen Wilhelmshaven und Conneforde gedacht. Das geplante NorGer-Gleichstromkabel wird dabei offenbar ignoriert.
Nun gibt es ein Landesraumordnungsprogramm, das eigentlich auch dazu dienen soll, eine wilde Strippenzieherei zu vermeiden. Dies könnte man durch raumordnerisch vorausschauend festgelegte Trassen erreichen, in denen jede Art von Leitungen – ob Strom, Wasser, Gas oder Öl – gebündelt werden. In unserem Raum könnte sich ein Seitenstreifen neben der A29 als Haupttrasse dazu eignen. Die Trassen-Orientierung an der A29 sowie die vollständige Erdverlegung fordern denn auch neben den Verbänden BUND und LBU auch der Landkreis Friesland im laufenden Planfeststellungsverfahren für die 380-kV-Leitung.
Stattdessen wird für jedes der Einzelvorhaben ein neues Raumordnungsverfahren durchgeführt, in dem der jeweilige Antragsteller seine betriebswirtschaftlichen Vorstellungen einbringt. In diesem Fall planen die E.ON-Netz und das NorGer-Konsortium mit Wechsel- und Gleichstrom-Übertragungsformen nebeneinander her.
Indem sie auf jeden Wunsch der Privatwirtschaft mit einer Änderung des Landesraumordnungsprogramms reagiert, privatisiert die Niedersächsische Landesregierung die Raumordnungspolitik.
Im vorliegenden Fall wäre es – so die beiden Umweltverbände – z.B. erforderlich, den Planern des NorGer- und des E.ON-Projektes eine gemeinsame Trasse zuzuweisen und sie darüber hinaus zu der Planung einer gemeinsamen Stromverbindung zwischen Wilhelmshaven und Conneforde aufzufordern.
Dadurch könnte verhindert werden, dass jeder private Netzbetreiber seine eigenen Stromleitungen unter Inanspruchnahme geschützter Gebiete durch die Landschaft zieht und Mensch, Natur und Landschaft im Übermaß in Anspruch genommen werden.
Weiterhin wäre zu prüfen, ob es nicht angezeigt wäre, alternativ zum beantragten 380-kV-Wechselstromkabel zu prüfen, ob die unterirdische Verlegung eines 450 – 500-kV-Gleichstromkabels technisch und ökologisch die bessere Lösung darstellt, denn:
Gleichstrom-Übertragungsleitungen verursachen keine niederfrequenten elektrischen und magnetischen Felder. Gesundheitliche Gefahren der Gleichstromfelder sind bei den auftretenden Feldstärken nicht bekannt. Allerdings ist der wissenschaftliche Kenntnisstand in diesem Bereich sehr gering. Gleichstromübertragungsleitungen sind technisch und finanziell aufwändiger als herkömmliche Hochspannungsleitungen. Sie können allerdings elektrische Energie mit geringeren Verlusten und über sehr große Entfernungen übertragen. (aus: „Rechtliche und fachliche Aspekte bei der Errichtung und dem Betrieb von Hochspannungsfreileitungen“ des Bundesamtes für Strahlenschutz).

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