Irre sportlich
Das Fußballturnier der Tagesstätten für psychisch Kranke fand diesmal in Wilhelmshaven statt
(noa) Seit Februar 2005 findet jährlich ein Fußballturnier ganz besonderer Art statt: Mannschaften aus Tagesstätten für psychisch Kranke in ganz Niedersachsen treten gegeneinander an, um den begehrten Wanderpokal ein Jahr lang ihr Eigen nennen zu können.
Ins Leben gerufen wurde diese Tradition von Thomas Rölleke und Tanja Böhme, Beschäftigte der Tagesstätte Waldmannsweg in Oldenburg, und in Oldenburg wurde damals auch das erste Turnier, bei dem die Wilhelmshavener Mannschaft den 2. Platz erreichte, ausgetragen (GW 206).
Am 18. April gab es nun schon das fünfte Turnier dieser Art. Es fand in Wilhelmshaven statt, nachdem die bunt gemischte Truppe aus Betreuern und Betreuten der GPS-Tagesstätte in der Ebkeriege, der Freien Sozialen Dienste Friesland, des Sozialpsychiatrischen Dienstes und der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am RNK im vergangenen Jahr gewonnen hatte.
Die Zahl der teilnehmenden Mannschaften ist mittlerweile auf 18 angewachsen. Eine Halle reichte nicht mehr, um das ganze Ereignis innerhalb eines Tages durchführen zu können. Es gelang den Organisatoren, die Nordfrostarena und die Sporthalle der IGS zu buchen – kostenlos! Nicht nur die Stadt Wilhelmshaven, die auf die Hallenmiete verzichtete, erwies sich als großzügig. Es gab auch Sach- und Geldspenden von der Sparkasse, der Ägidius-Braun-Stiftung und vom Bezirksverband Oldenburg, und der Betriebsrat der GPS stellte seine Mikrofonanlage zur Verfügung. Zwei Schiedsrichter aus Wilhelmshavener Vereinen pfiffen ehrenamtlich – auch eine Art von Spende.
Da viele Mannschaften Fans mitgebracht hatten, die nicht unbedingt nur die Spiele „ihres“ Teams beobachten wollten, gab es einen Tag lang regen Fußgängerverkehr zwischen beiden Hallen mit zahlreichen sozialen Begegnungen. Das ist ein wünschenswerter und gewünschter Nebeneffekt dieser Art von Veranstaltung. Es geht nicht nur um den Sport. Psychisch Kranke sind nicht nur durch ihre Krankheit, sondern in ihrer Mehrheit auch finanziell sehr stark eingeschränkt. Beim jährlichen Fußballturnier kommen sie mal raus und knüpfen Kontakt zu anderen Menschen als denen, die sie täglich um sich haben.
Die SozialarbeiterInnen und SozialpädagogInnen, die regelmäßig mit den psychisch Kranken Fußball spielen, sehen das nicht nur als Teil ihrer Berufsausübung. Im Bereich der sozialen Arbeit wird es ebenso wie in vielen Sparten immer stressiger und belastender. Da ist es schön, Nischen zu finden, Gelegenheiten, bei denen man Spaß haben und Kraft tanken kann.
Beim wöchentlichen Fußballtraining ändert sich der Kontakt zwischen den „Klienten“ oder „Betreuten“ einerseits und den Betreuern andererseits. Ist ihre Beziehung im Alltag eher von Ungleichheit geprägt, begegnen sie sich im Training auf gleicher Ebene – eine wichtige Erfahrung für beide Seiten. Dasselbe gilt für die Arbeit in der Planungsgruppe, in der sowohl Mitarbeiter der Klinik, der Tagesstätte, des Sozialpsychiatrischen Dienstes und der Freien Sozialen Dienste als auch Teilnehmer aus der Artec (Werkstätten für psychisch Behinderte in Trägerschaft der GPS) zusammenarbeiteten und in der sich die Betreuten als ebenso kompetent wie die Betreuer erwiesen.
Beim Turnier sollten möglichst viele Spiele stattfinden. Die 18 Teams wurden in zwei Gruppen eingeteilt, in denen jeder gegen jeden antrat. Jede Mannschaft (aus einigen Orten waren übrigens gemischte Mannschaften angereist) hatte also in der Vorrunde acht Spiele (jedes sechs Minuten lang) zu kicken. Um Platz 3 und 4 spielten sodann die Gruppenzweiten, um Platz 1 und 2 die Gruppenersten.
Es ist den Wilhelmshavenern nicht gelungen, ihren Turniersieg aus dem vorigen Jahr zu verteidigen. Sie erreichten „nur“ Platz 7. Der Wanderpokal ging diesmal nach Peine. Offenbar mochte Wilhelmshaven ihn gar nicht abgeben – die Siegerehrung verzögerte sich ein wenig, weil die begehrte Trophäe fehlte und schnell aus der Tagesstätte geholt werden musste.
Nach dem Eindruck von Matthias Adler (Mitarbeiter der Tagesstätte), der offiziell die Verantwortung für die Planung und Durchführung des Turniers hatte, aber großen Wert darauf legt, dass alle Mitglieder der Planungsgruppe – neben Adler waren das Andreas Gutjahr, Thomas Bechert, Eva Herbst, Peter Ennulat, Tim Martin, Michael Neumann und Oliver Schmiedemann – gleichermaßen zum Erfolg der Veranstaltung beigetragen haben, ist das fußballerische Niveau im Lauf der Jahre gestiegen. Damit es so bleibt, wird regelmäßig trainiert, und zwar jeden Mittwoch von 14.00 bis 15.30 Uhr in der Sporthalle am Banter Markt – es dürfen gerne weitere Spieler dazukommen.
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