Juni 2002
(iz) Die letzte Ratssitzung vor der Sommerpause ist zwar schon ein Weilchen her, aber auf eine durchgängige Chronik der Meinungen und Beschlüsse, die unsere LeserInnen vor allem vor anstehenden Wahlen Revue passieren lassen sollten und die auch nützliche Bürgerinfos enthält, möchten wir nicht verzichten.
leistete der Ratsvorsitzende an diesem wohl heißesten Tag des Jahres (gefühlte Temperatur im Ratssaal 50 Grad bei 200% Luftfeuchte). Er bot allen Anwesenden im Ratssaal – einschließlich Medienvertretern und zuschauenden BürgerInnen – an, sich mit kostenlosen alkoholfreien Kaltgetränken aus dem Nebenraum zu bedienen. Auf die Gefahr hin, dass uns Bestechlichkeit nachgesagt wird, vergeben wir für diese Bürgerfreundlichkeit .
griff mal wieder die Verwaltung mit Unterstützung der Mehrheitsgruppe. Über 1,35 Mio Euro wurden außerhalb des genehmigten Haushalts nachbewilligt. Die Opposition kritisierte, dass einige der Posten schon im laufenden Haushalt oder in einem ordentlichen Nachtragshaushalt Platz gefunden hätten. Im Unterschied dazu sind Nachbewilligungen nur für Unvorhersehbares zulässig. Die Kosten für die Umstellung der Schließfächer im Freibad Sportforum auf EURO-Münzen (8.500 Euro) waren jedoch ebenso vorhersehbar wie die Kosten für die Bundestagswahl im September (160.000 Euro, die allerdings vom Land erstattet werden). Von der Gesamtsumme sind zudem nur 257.300 Euro durch Minderausgaben bzw. Mehreinnahmen in anderen Bereichen gedeckt. Der Rest muss aus den Rücklagen genommen werden. Der dickste Brocken, nämlich 1 Mio €, geht an die WPG (deren Wirtschaftsplan erst im März erstellt werden konnte), ohne Gegendeckung. Interessant ist der Posten „Repräsentationskosten Gemeindeorgane“ (15.000 Euro) mit der Begründung: „Die Stadt muss ihren Repräsentationsverpflichtungen in angemessener Weise nachkommen können, um nicht langfristige Imageschäden hervorzurufen. Für Wilhelmshaven als Stadt des JadeWeserPorts wäre dies besonders schädlich.“ Wir übersetzen mal frei: Jeder prominente Gast will mit Lachshäppchen geködert werden, damit er gegenüber den Stadtspitzen und der WZ seine Begeisterung über den Port zum Ausdruck bringt.
Knapp 124.000 Euro gehen ans Wattenmeerhaus, um vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Land nachzukommen. Dafür werden etwa 15.000 € als Deckung aus dem (ohnehin geschröpften) Umweltamt bzw. aus der EDV abgezogen. Ratsherr von Teichman forderte, die Konzeption der Umweltbildungseinrichtung im Umwelt- und Kulturausschuss zu überdenken. 2500 Euro gehen an den Kriminalpräventionsrat, 63.700 an den Verein „Wendepunkt“, der Leistungen für das Jugendamt erbringt, und 50.000 an den Stadtsportbund für die Umsetzung eines Konzepts zur Integration und Gewaltprävention. Ratsherr Barkowsky (SPD) erläuterte dazu, dass über 11.000 Kinder und Jugendliche in über 80 Sportvereinen gut untergebracht seien. Von Teichman bezweifelte, dass Sport-Gruppenleiter für den Umgang mit schwierigen Jugendlichen ausreichend ausgebildet seien, wofür er fast gesteinigt wurde. Er solle sich mal mit Peter Salewski vom Jadeboxring unterhalten. Beigeordneter Neumann (SPD) räsonierte: „Salewski ist ein ganz normaler Mensch, kein ausgebildeter Sozialarbeiter“ und konnte sich dann gerade noch dem technischen K.O. durch eigene Faust entziehen: „Lassen Sie uns feststellen, dass auch Sozialpädagogen Menschen sind.“ Die Nachbewilligungen wurden mit 1 Gegenstimme und 2 Enthaltungen angenommen.
war eine Beschlussvorlage zum Frauenhaus. Erfreulich ist zwar, dass der Vertrag zwischen der Stadt und der Arbeiterwohlfahrt (als Träger der Einrichtung) verlängert und der städtische Zuschuss um knapp 7.000 € auf jetzt 99.000 € jährlich erhöht wird (wobei die Mehraufwendungen bei den Mutter-Kind-Kuren abgeknapst werden). Es ist jedoch absurd, wenn die komplette Adresse dieser „Zufluchtstätte für Schutz suchende Frauen und Kinder“ in einer öffentlich zugänglichen Ratsvorlage abgedruckt ist. Nützlich für den prügelnden Ehemann, wenn er nachschlagen kann, wo er seiner entflohenen Frau jetzt auflauern muss. Wir bitte darum, die Adresse in allen archivierten Kopien zu schwärzen.
ist jetzt die 3,1 Hektar große Fläche südwestlich vom Rüstringer Berg. Der Rat widmete diese Lebensstätte gefährdeter Sumpf- und Wasserpflanzen, Amphibien (v. a. Kreuzkröte) und Libellen als geschützten Landschaftsbestandteil nach dem Nds. Naturschutzgesetz. Damit wurde wieder mal ein Vorschlag aus dem Landschaftsplan von 1999 umgesetzt, was insgesamt aber recht schleppend vor sich geht. Wir vergeben dafür, lassen uns aber nicht davon ablenken, dass die Ausweisung des ersten WHVer Naturschutzgebietes „Bordumer Busch“ immer noch zwischen den Aktendeckeln klebt. Die Bezirksregierung wartet seit über zwei Jahren auf die Zustimmung der Stadt, für die wir mindestens und eine Flasche Sekt spendieren würden.
sollen außergerichtlich streitige Rechtsangelegenheiten klären. Dazu gehören vermögensrechtliche Ansprüche, sofern nicht das Arbeitsgericht zuständig ist, sowie Vergleichsverfahren nach der Strafprozessordnung. Dieses Ehrenamt bekleideten bislang Frau Ellen Wolbergs und als Vertreterin Claudia Wachenfeld, die nun vom Rat für weitere fünf Jahre wiedergewählt wurden.
war Anfang Juni im zweiten Anlauf mit erschreckend geringer Wahlbeteiligung gewählt worden. Ratsherr Weerda (CDU) forderte, dass bei unter 7% Wahlbeteiligung das Ergebnis gesetzlich nicht zulässig sein sollte. Konstruktive Ansätze, die Ursachen für die geringe Beteiligung zu ergründen und zu beheben, gab es weder in dieser noch in vorangegangenen Diskussionen zum Thema. Der Rat bestellte gemäß Wahlergebnis einstimmig folgende Beiratsmitglieder: Zenel Mustafa, Milka Bornfelder (beide Jugoslawien), Aram Mkrtchian (Armenien), Erdogan Asani (Mazedonien), Sonja Chamkhi (Tunesien), Süleyman Özdolap, Bekir Kaya (beide Türkei), Kamila Popovic (Slowenien), Pauline Tegtmeier (Österreich), Fotini Markopoulou (Griechenland) und Iwona Dickmann (Polen). Die Namensliste wurde wegen Ausspracheproblemen nicht verlesen. Hoffentlich haben wir uns nicht vertippt.
Klingt gefährlich, ist er auch für Rat und Verwaltung insofern, als dass er unangenehme Fragen stellt, deren Beantwortung ggf. Arbeit macht. Auf deutsch heißt er Horst Radmer und nimmt seit geraumer Zeit seine Bürgerrechte (§22 NGO) in der Einwohnerfragestunde wahr. Seine Hartnäckigkeit zwang jetzt die Verwaltung zu einer zwei Seiten umfassenden Stellungnahme, deren Ergebnis vom Rat verabschiedet wurde. Darin wird Radmer „der Petent“, also Bittsteller genannt, weil er Petitionen einreicht – statt „der Bürger“, „der Antragsteller“ (NGO) oder „Herr Radmer“. Was wir etwas herabwürdigend finden, denn ein Bittsteller ist abhängig vom Wohlwollen derer, an die er die Anfrage richtet – tatsächlich nimmt Radmer aber ein verbrieftes Recht wahr, zu dessen Erfüllung die Befragten in einem bestimmtem Rahmen verpflichtet sind. Im Einzelnen wurden Radmers Anregungen wie folgt behandelt:
Eine Ausweitung der beratenden Funktion des Seniorenbeirats auf weitere Ausschüsse (bislang nur Soziales+Gesundheit) wurde abgelehnt mit Hinweis auf andere Fachbeiräte. „Darüber hinaus besteht für alle Interessierten die Möglichkeit, an den öffentlichen Sitzungen teilzunehmen.“ Das ist natürlich nicht das Gleiche wie eine verbindliche beratende Funktion – und in fast allen Bereichen, z. B. auch Planung/Bauen, Verkehr, Umwelt wären das Wissen und die Erfahrungen unserer älteren MitbürgerInnen eine Bereicherung. Schade, Chance vertan.
Einer schrittweisen Veröffentlichung des Stadtrechts und der Mitgliedschaften in Gremien (online, beim Pressereferat und in der Stadtbücherei) stimmte der Rat hingegen zu. „Protokolle der Fachausschüsse können bislang aus Zeitgründen nicht ins Netz gestellt werden“. Schade, denn die dortigen Diskussionen und Entscheidungen sind Grundlage der Ratsbeschlüsse – oder sollten es zumindest sein – und kein Mensch hat Zeit, an sämtlichen Sitzungen persönlich teilzunehmen.
„Der Rat bedauert“, dass für das Haushaltsjahr 2002 eine finanzielle Unterstützung von Radio Jade nicht möglich ist, will sich jedoch zusammen mit der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Gedanken über die Existenzsicherung des Senders machen.
Schließlich hatte Radmer angeregt, die Kosten für die Straßenreinigung auf alle Grundstückseigentümer zu verteilen, zumindest aber Neubaugebiete sowie Hinterlieger mit einzubeziehen. Ein neues Konzept dazu will die Stadt für 2003 erörtern.
bleibt das Prinzip, nach dem mehr und mehr städtische Aufgaben in eine Holding überführt werden. Deshalb enthielt sich die CDU auch der Stimme für das „Konzept Netto-Regiebetrieb (NRB) Grundstücks- und Gebäudeservice“. Das Ziel, damit auch die Sanierung der Schulgebäude fortzusetzen, sei zwar, so Ratsherr Reuter, auch im Interesse der CDU. Die Bedenken richten sich, auch seitens der FDP, gegen die mangelnde Transparenz des neuen Konstruktes. Die Kritiker befürchten, dass das Vergaberecht ausgehebelt und der Einfluss des Rates aufgeweicht werden soll. Ratsherr von Teichman (FDP): „Dieser Weg führt mitten in die Korruption“. Stadtrat Frank favorisiert den NRB, weil er im Unterschied zu privatrechtlichen Organisationsformen nicht umsatz- und ertragssteuerpflichtig ist (so lange es um kommunale Flächen geht). Er versicherte, die Vergaberichtlinien würden weiterhin eingehalten und die Ratsgremien uneingeschränkt beteiligt. Auch die städtische Datenverarbeitung sei schon ein Nettoregiebetrieb. Ratsherr Neumann erhoffte sich durch den neuen NRB nach den Ferien eine Spritze von 5 Mio € fürs heimische Handwerk. Der Vorschlag wurde bei Enthaltung der CDU und 3 Gegenstimmen (FDP/Walli) angenommen.
will die Stadt denn doch noch betreiben. Der jährliche Zuschuss an die Landesbühne wurde von 990.000 DM auf 562.000 € (rund 1.100.000 DM) erhöht, die Bauunterhaltungsmittel (vorbehaltlich Bereitstellung im Nachtragshaushalt) von 84.000 DM auf 51.000 € (ca. 100.000 DM). Na immerhin.
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