Palazzo
Okt 132010
 

Palazzo is back

Kutte ja – Stahlkappe nein

(iz) Am 1. Oktober war es soweit: Nach drei Monaten Umbauzeit öffnete die schon legendäre Discothek an der Siebethsburger Straße wieder ihre Türen. Das 1906 erbaute stilvolle Gebäude beherbergte früher den „Siebethsburger Hof“, in dem bereits unsere Eltern und Großeltern das Tanzbein schwangen. Ende 1977 machte dann das „Palazzo“ auf. Für unsere damalige Clique wurde es zum zweiten Wohnzimmer. Zeitweise waren wir, auch unter der Woche, fast jeden Abend da, schwebten in selbst gebatikten Klamotten schon kurz nach 20 Uhr zu Mike Oldfields „Tubular Bells“ – in voller Länge ausgespielt – über die Tanzfläche und ließen uns am Wochenende erst um 3 Uhr morgens mit Vangelis’ Sphärenklängen zum Ausgang scheuchen.

palazzoÜber die Jahre hinterließen die Gäste ihre Spuren, nicht nur am Interieur, auch am Ruf des Palazzo. Zu junges Publikum, zu viel Vandalismus im Umfeld bis hin zu unschönen Auseinandersetzungen, die von unangenehmen Zeitgenossen provoziert wurden, schlugen auf die Sympathiewerte bei Anwohnern, Erziehungsberechtigten, Polizei und jenen Gästen, die dort einfach nur klönen und tanzen wollten.

Da half nur noch dichtmachen – oder die „Reset“-Taste drücken. Das nahm Henning Werdermann in die Hand. Nachdem er lange Jahre als Angestellter dort gearbeitet hatte, kaufte er den gesamten Gebäudekomplex und kehrte gemeinsam mit geduldigen Handwerkern das Unterste zuoberst. Auch konzeptionell gibt es einen Neuanfang. Das Jugendschutzgesetz soll sehr ernst genommen werden, 13jährige werden nicht mehr durch den Einlass schlüpfen, es gilt: ab 18! Erlaubnisbescheinigungen für 16- bis unter 18jährige werden anders als z. B. im „Twister“ nur akzeptiert, wenn die Eltern sie – mit den Sprösslingen – persönlich am Eingang abgeben. Dafür müssen Leute, die deutlich über 30 sind, nicht fürchten, am Eingang gefragt zu werden, ob sie ihre Kinder abholen wollen. Und eine Kleiderordnung gibt es auch nicht. Und kein 50-Cent-Bier mehr.
Bei der Eröffnung am 1.10. platzte das Palazzo aus allen Nähten, aber bei der „pre-opening-Party“ am Vorabend als Generalprobe mit etwa 250 geladenen Gästen konnte man sich noch entspannt mit Interieur und Atmosphäre vertraut machen. Abgesehen vom neuen Eingang ist es wie früher, was die verschiedenen Biotope angeht: Der Tanzsaal mit Empore, Theke und Kuschelecke, der Klönsaal in der Mitte und die Altbierstube, auch als Refugium für Raucher. Die Klos jetzt wie aus dem Ei gepellt, gegenüber die kultige Fliesenwand. Nur das Aquarium mit den „Küssenden Guramis“ unter dem DJ-Pult wird manche/r vermissen.
Was es damals, zumindest in dieser Form, nicht gab, sind die Türsteher im schicken Anzug. Aber ohne die geht es leider heute nicht mehr. Wenn sie echte Profis sind, das nötige Fingerspitzengefühl entwickeln und nicht, wie es in bestimmten Vergnügungsstätten passiert, friedfertige Leute nur wegen ihrer Nationalität oder unkonventioneller Kleidung abweisen, kann man sich an sie gewöhnen.
„Kuttenträger sind willkommen im Palazzo“, erklärt Henning, „für sie gelten die gleichen Regeln wie für alle Besucher des Palazzos: Seid alt genug fürs Palazzo, seid nicht zu betrunken, seid friedlich und verhaltet euch im Umfeld so, dass die Anwohner nicht gestört werden, dann seid ihr im Palazzo willkommen.“ Und: „Wer behauptet, dass jemand aufgrund seines Aussehens oder Styles nicht ins Palazzo gekommen ist, der lügt schlichtweg!“ Nur Schuhe mit Stahlkappen werden im Palazzo nicht akzeptiert. Für die „Metaller“, die sie aus rein modischen Gründen tragen und nicht als Nahkampfwaffe, erst mal gewöhnungsbedürftig.
Geöffnet sind die „Heiligen Hallen“ donnerstags, freitags und samstags ab 21 Uhr, jeweils mit unterschiedlichen musikalischen Schwerpunkten. Der Eintritt kostet bis 22 Uhr 1 Euro, ab 22 Uhr 3 Euro und ab 24 Uhr 5 Euro. Auf diese Weise soll schon vor Mitternacht eine gemütliche Füllung der Räume erreicht werden. Jeden 2. Donnerstag heißt es “Palazzo in Concert“. Den Auftakt der Live-Konzerte gibt am 7.10. die  „Blues Company“, am 21.10. spielen „Oliver Juechems and the mojo express“ auf und am 11.11. „Hannes Bauer´s Orchester Gnadenlos“.

Kartenvorverkauf und viele weitere Infos auf der schön gemachten Website www.mypalazzo.de.

Sorry, the comment form is closed at this time.

go Top