CO² + Voslapp-Reede
Okt 132010
 

…und noch ’ne Schattenseite der Energiedrehscheibe

(jm) Der Disput um den Ausbau der Etzeler Salzkavernen – u.a. für Öl und Gas aus Wilhelmshaven – ist noch nicht vom Tisch, da kündigt sich am Horizont schon die nächste Sauerei an:

Das E.ON-Kohlekraftwerk in Wilhelmshaven ist eine der Stromerzeugungsanlagen, die mit einem Pilotprojekt zum Auswaschen von CO2 [Post Combustion Capture (PCC)] aus dem bei der Kohleverbrennung entweichenden Rauchgas vorgesehen ist. Nach Angaben von E.ON soll hier noch in diesem Jahr eine neue Abscheidungstechnologie unter Einsatz von Fluor gebaut werden.
Bekannt ist auch, dass

  • die Bundesregierung in ihrem Energiekonzept die Erprobung von Technologien zur CO2-Abscheidung und -Speicherung [Carbon Capture and Storage (CCS)] angekündigt hat und in Kürze einen diesbezüglichen Gesetzesentwurf beschließen will,
  • das Land Niedersachsen eine Änderung des Landesraumordnungsprogramms in Bezug auf „Raumordnerische Sicherung tiefliegender geologischer Strukturen zur Speicherung von CO2“ vorbereitet,
  • das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie eine Stellungnahme der Gemeinde Friedeburg (über den Landkreis Wittmund !!) zu geologischen Untersuchungen auf Eignung des Untergrundes zur Verpressung von CO2 erbeten hat,
  • die E.ON Gas Storage GmbH in den kommenden fünf Jahren im Weser-Ems-Gebiet geologische Untersuchungen durchführen wird, um Möglichkeiten zur Einlagerung von CO2 in unterirdischen Speichern zu erkunden.

Es ist also höchste Zeit für die BürgerInnen von Wilhelmshaven und umzu, sich zu kümmern.

Eine erste Gelegenheit sich zu wehren wäre es, Stellungnahmen zur x-ten Änderung des  Landesraumordnungsprogramms abzugeben. Sowohl in Schleswig-Holstein als auch in MeckPom wehrt man sich vehement dagegen. Zwar fordert auch das Land Niedersachsen, ein VETO-Recht der Länder in das von der Bundesregierung geplante Gesetz zur unterirdischen Speicherung von CO2 einzufügen. An einem Kompromiss wird jedoch emsig gearbeitet: „So prüfen sie nach Angaben des NDR eine Regelung, die vorsieht, dass Kohlendioxidlager nicht weiter als 30 Kilometer von der Produktionsstätte entfernt sein dürfen, in der das CO2 entsteht.“ (SHZ, 02.10.10). Das dürfte den Plänen der E.ON in Bezug auf ihr PCC-Vorhaben in ihrem Wilhelmshavener Kraftwerk entgegenkommen, denn Friedeburg ist keine 30 Kilometer davon entfernt.
Bisher ist es in der sogenannten Jade Bay Region ja noch ziemlich ruhig. Doch im Augenblick sollen – offenbar wieder mal ohne Einbeziehung der breiten Öffentlichkeit – die rechtlichen Grundlagen für die Verpressung von CO2 unter unseren Füßen geschaffen werden. Mit der Genehmigung des Baus der noch für dieses Jahr angekündigten CCS-Pilotanlage am hiesigen E.ON-Kraftwerk wäre dann alles rechtens und schon passiver Widerstand dagegen eine Straftat (s. Stuttgart 21)!


Was passiert auf Voslapp Reede?

(jm) Wiederholt kommt es vor, dass Chemikalientanker nach dem Löschen des Gefahrgutes Ethylendichlorid (EDC) an der von INEOS-Vinyls betriebenen Umschlaganlage Voslapper Groden (UVG) zur Niedersachsenbrücke wechseln, um dort Natronlauge (NaOH) zu laden. Bevor sie jedoch dort festmachen, gehen sie erst einmal für mehr als einen halben Tag auf der Voslapp Reede zu Anker. Anfang September war es mal wieder so weit:
WindkraftNachdem der Tanker „Stolt Kestrel“ an der UVG 5.000 Tonnen EDC gelöscht hatte, fuhr das Schiff zur Voslapp Reede und legte sich dort für ca. 16 Stunden an Anker. Anschließend fuhr es zur Niedersachsenbrücke, um 4.200 Tonnen Natronlauge zu laden.
Naheliegend ist, dass die „Stolt Kestrel“ die Voslapp Reede aufgesucht hat, um vor ihrer Beladung mit Natronlauge dort ihre Ladetanks zu reinigen. Da EDC eine leicht entzündliche, giftige, krebserregende und zudem gewässerschädliche Flüssigkeit ist, muss es von Bedeutung sein, zu wissen, ob bzw. wieviel von diesem Stoff beim Reinigen der Ladungstanks bzw. beim anschließenden Lüften gasförmig in die Atmosphäre gelangt ist. Desweiteren ist von Interesse, ob das Tankwaschwasser vollständig in einen bordeigenen Sloptank gepumpt wurde oder ob ein Teil davon in das Jadegewässer gelangt ist.
Von allgemeinem Interesse ist zudem, von wem und wie die Vorgänge des Tankwaschens auf der Innenjade bezüglich möglicher EDC-Emissionen kontrolliert und konkret die Luft- und Gewässerwerte gemessen werden. Auch wären Kenntnisse darüber aufschlussreich, wie groß im konkreten vorliegenden Fall während des Befüllens der Tanks mit Natronlauge der EDC-Anteil bzw. die EDC-Fracht des in die Atmosphäre entwichenen Luft-/Schadgasgemisches gewesen ist.

Der Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz Niedersachsen e.V. (LBU) möchte nun wissen,

  • welche Vorgehensweise und Maßnahmen zur Überwachung und Kontrolle der EDC-Emissionen gewählt bzw. durchgeführt wurden und
  • welche Ergebnisse durchgeführte Emissionsmessungen der mit der o.a. Tankreinigung und -lüftung evtl. verbundenen Luft- und Wasserverunreinigungen erbracht haben.

Wegen der unklaren behördlichen Zuständigkeit hat der LBU die in Frage kommenden Behörden – nämlich das Bundesamt für Schifffahrt und Hydrografie (BSH), die Schifffahrtsdirektion Nordwest (WSD), das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Oldenburg (GAA) sowie den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) – angeschrieben.
Antworten von den beiden Bundesbehörden (BSH und WSD) stehen bislang aus. Das GAA schrieb indessen, dass es nur für den Zeitraum zuständig sei, „…wo das Chemikalientankschiff  an den jeweiligen Anlegern festgemacht hat und Umschlagtätigkeiten durchführt.“ Und weiter: „Soweit es das Löschen der 5000 t EDC an der Umschlagbrücke Voslapper Groden betrifft, erfolgte dies durchgehend unter Gaspendelung mit Stickstoff. Eine Freisetzung von EDC in die Umwelt ist an dieser Stelle somit auszuschließen.
Beim Einlaufen der Stolt Kestrel in den Hafenbereich der Niedersachsenbrücke wurde die EDC- bzw. Gasfreiheit der für die Aufnahme von NaOH vorgesehenen Laderäume durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nachgewiesen. Die entsprechenden Protokolle über die Freimessungen sowie auch die Surveyor-Berichte liegen mir vor.“
Ungeklärt ist jetzt noch, ob bzw. wie viel EDC die „Stolt Kestrel“ auf der Voslapp Reede emittiert hat. Zwar hat der NLWKN die LBU-Anfrage am 13. Sept. mit dem Hinweis beantwortet, dass der Vorgang dort nicht bekannt sei. Es werde aber „…nach Rücksprache mit dem Polizeikommissariat Wilhelmshaven von dort eine Darstellung des Sachverhaltes bzw. Antwort auf Ihre Anfrage bearbeitet.“
Die angekündigte Sachdarstellung steht zur Zeit noch aus.

Sorry, the comment form is closed at this time.

go Top