Davongekommen?
Schädigungen noch für Jahre!
(hk) Nur kurz währte das Aufatmen bei Politikern und Fremdenverkehr: Zwar führte der Austritt von 10.000 Litern schwerem Heizöl aus einem Lüftungsstutzen bei der NWO nicht zur totalen Katastrophe – aber das nicht beseitigte Öl wird noch über Jahre in der Nordsee und an den Stränden aktiv sein. Ein Aufatmen bei Umweltschützern gab es schon gar nicht. Auch von der „Katastrophenbewältigung“ läßt sich katastrophales berichten.
8.Juni, 3.00 Uhr morgens: Mitarbeiter der NWO stellen fest, daß auf der Jade Öl schwimmt. Nach Angaben eines NWO-Sprechers wird umgehend die Wasserschutzpolizei unterrichtet. Diese wird aber erst 2½ Stunden später, nämlich gegen halb sechs, aktiv. Das Öl bedeckte inzwischen eine Fläche von 1 km2 (Eine Million Quadratmeter!).
Das Ölbekämpfungsschiff „Mellum“, welches durch einen glücklichen Zufall gerade in der Nähe war, konnte sofort mit den ersten Bekämpfungsmaßnahmen beginnen.
Die „Mellum“ und die inzwischen hinzugerufene „Eversand“ fanden eigentlich gute Bedingungen für die Ölbekämpfung vor: Keine hohen Wellen erschwerten die Ölaufnahme. Aber Tide und Wind verdonnerten die beiden Schiffe dennoch zur (beinahe) Tatenlosigkeit, und es klappte nun wieder nicht so, wie bei den vielen Übungen, wo schon mal ein Minister mit an Bord ist. Mit auflaufendem Wasser drehte sich der Wind. Er blies, zwar immer noch schwach, aus Nord-West und trieb den Ölteppich auf die Wattflächen vor Butjadingen. Und hier konnte weder die „Mellum“ noch die „Eversand“ zum Einsatz kommen – ihr Tiefgang erfordert eben genügend Wasser über dem Meeresboden.
Das extra für die Ölbekämpfung im Wattenmeer konstruierte Schiff „MPoss“ – ein Katamaran – wurde aus Bremerhaven herbeigerufen. Beobachter berichten, dass es zur Jade geschleppt werden mußte. Doch die „MPoss“ kommt erst gar nicht zum Einsatz. Der Grund dafür ist nicht ganz klar – War der Ölfilm inzwischen so dünn, daß eine Bekämpfung sinnlos erschien? Oder war die MPoss gar nicht einsatzfähig ?
Auf jeden Fall wurde der Ölteppich seinem Schicksal überlassen. Nur an den Mündungen der die Wattengebiete durchziehenden Priele lauerte die Ölauffang“flotte“, um noch ein wenig Öl aufzufangen.
Ob die offizielle Verlautbarung, daß „der größte Teil des Öls von den Schiffen aufgenommen wurde“, den Tatsachen entspricht, muß zumindest mit einem großen Fragezeichen versehen werden. Nach unseren Informationen war es weniger als die Hälfte!
Doch nicht nur der Einsatz der Ölbekämpfungsschiffe läßt Fragen offen. Warum wurden keine Schlengen zum Schutz von Salzwiesen und Flachwasserbereichen installiert? Wie konnte es angehen, daß bei der NWO der Ölaustritt erst so spät bemerkt wurde? Der Lüftungsstutzen der Bunkerleitung, aus dem das Öl austrat, mißt nur wenige Zentimeter im Durchmesser – das Öl muß also stundenlang ins Meer geplätschert sein. Gibt es bei der NWO keine Warneinrichtungen für solche Fälle? Natürlich gibt es diese – es gibt sie auch an der besagten Bunkerleitung. Nur wie sollte es Alarm geben, wenn es nach Wartungsarbeiten nicht wieder aktiviert wurde? Das wird wohl erst die Staatsanwaltschaft aufklären können.
Oberflächlich betrachtet ist die Natur natürlich mit einem blauen Auge davongekommen – doch das nicht aufgefangene Öl wird noch für Jahre/Jahrzehnte zur Schädigung von Meeresorganismen beitragen.
Strandbesucher werden es noch für lange Zeit unter ihren Füßen kleben haben Und so manches Handtuch in Bottrop oder Duisburg wird mit öligen Grüßen vom Nordseestrand behaftet sein.
Dann: Die unerklärliche Zeitspanne zwischen der Feststellung des Ölaustrittes und dem Beginn der Bekämpfung – hielt die Wasserschutzpolizei den Ölaustritt für nicht bekämpfenswürdig?
Die Maßnahmen des Einsatzstabes lassen schlimmste Befürchtungen für den Fall eines großen Ölunfalls aufkommen, wenn schon bei so relativ kleinen Unfällen das Handtuch geworfen werden muß.
Eines muß klar sein: Wenn die vielen Millionen, die inzwischen für Ölbekämpfungsmaßnahmen ausgegeben wurden, nicht einmal zur Beseitigung von 10.000 Litern taugen, die erfolgreiche Ölbekämpfung vom Zusammentreffen unwahrscheinlicher Zufälle abhängt – dann darf es im Wattenmeerbereich keine Ölanlandung mehr geben!
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