Fossile Energie
Nov 192008
 

Fossile Politik

In angenehmer Atmosphäre die Leviten gelesen

(hk) Bärbel Höhn (Grüne) und Ingo Luge (e.on-Kraftwerke) diskutierten in Wilhelmshaven über die Energiestrategien der Zukunft, wobei die grüne Bundestagsabgeordnete Höhn aus allen Runden eindeutig als Siegerin hervorging. Dem Vorsitzenden der Geschäftsführung der e.on-Kraftwerke Dr. Ingo Luge bleibt aber der Fairnesspreis. Veranstaltet wurde die Diskussion im Rahmen einer bundesweiten Veranstaltungsreihe der Grünen-Bundestagsfraktion „Energie vor Ort“.


Der Verlauf der Veranstaltung wurde bereits in der Wilhelmshavener Zeitung, im Jeverschen Wochenblatt und im Bürger-Portal ausführlich dargestellt. So können wir uns darauf beschränken, die für uns wichtigsten Punkte herauszuarbeiten.

Abwärme

Ein Hauptstreitpunkt ist immer die Abwärme. Alle Kraftwerke sind Energieverschwender, die nicht einmal die Hälfte der eingesetzten Energie zum Verbraucher bringen. Dieser Sachverhalt war auch auf der Veranstaltung unstrittig. Man unterschied sich nur darin, dass Frau Höhn einen Weg aus dieser Energieverschwendung aufzeigen konnte, während Herr Luge sich hier spürbar auf dünnem Eis bewegte.
Er sah nur dann eine Chance, die Abwärme zu nutzen, wenn entsprechend große Industriebetriebe in der Nähe sind, die kontinuierlich die Wärme nutzen. Der Nutzung für Haushalte stand Herr Luge positiv-skeptisch gegenüber; schließlich kostet die Versorgung der Haushalte viel Geld und die Kommunen sind kaum bereit, die Millionen dafür auszugeben. Das muss man sich mal vorstellen: Da macht der e.on-Konzern 5 Milliarden Euro Gewinn pro Jahr und will dann auch noch, dass die Kommunen ihnen die Wärmeabnehmer an den Kraftwerkzaun bringen! Sind die denn nur dafür da, die Erträge ihrer Aktionäre zu steigern? Die Frage nach der Verstaatlichung des Energiesektors wird wohl zukünftig wieder verstärkt in die Diskussion kommen.
Doch selbst wenn die Kommunen den Kraftwerksbetreibern die Anschlüsse bis in den Kessel legen – so große Städte, die die gesamte Abwärme der Stromfabriken abnehmen könnten, gibt es hier gar nicht.
Wenn man sich anschaut, dass beispielsweise in Dänemark 50% der Energie in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt werden, in Deutschland aber nur 10%, dann kann sich jeder vorstellen, dass das nichts mit technischen Möglichkeiten, sondern mit dem Wollen zu tun hat.
Frau Höhn machte dann auch deutlich, wie die Energieversorgung der Zukunft auszusehen hat: Stromerzeugung in kleinen, siedlungsnahen Einheiten, so dass die Abwärme vernünftig genutzt werden kann und nicht die Meere und Flüsse aufgeheizt werden.
Die großen Stromfabriken von e.on, Vattenfall, RWE und EnBW sind nicht geeignet, eine nach ökologischen Gesichtspunkten ausgerichtete Energieversorgung zu leisten. Ihnen geht es eben in erster Linie darum, viel Strom zu produzieren und zu verkaufen, damit am Ende die Dividende stimmt. Frau Höhn forderte hier eindringlich „mehr Markt, mehr Konkurrenz, mehr Wettbewerb“. Die Dezentralisierung der Stromversorgung entspricht nicht den Interessen der Großkonzerne, die Deutschland in vier ‚Besatzungszonen’ aufgeteilt haben. Die „unfairen Strompreise“ werden durch die Monopolstruktur der Energieversorgung gefestigt.
Frau Höhn widersprach dem von Herrn Dr. Luge behaupteten Interesse der großen Stromerzeuger an der Kraft-Wärme-Kopplung. „Auch in Ballungsräumen wie zwischen Rhein und Ruhr wird die Abwärme nicht genutzt, stattdessen werden neue Gasleitungen gelegt.“

Energieeinsparung

Im weiteren Verlauf ging es auch um die Frage der Einsparung von Energie. Bärbel Höhn: „Der Energieverbrauch wird weiter sinken, weil wir uns Energieverschwendung gar nicht leisten können. Jede eingesparte Kilowattstunde ist die billigste Stromerzeugung.“

Erneuerbare Energie

Ein weiterer Schwerpunkt der Debatte war natürlich der Stellenwert der erneuerbaren Energien. Als gutes Beispiel konnte da das Engagement der Stromproduzenten im Offshore-Bereich herhalten. Während die großen Stromproduzenten eher zaghaft an die Verwirklichung des Baus von Windparks vor der Küste gehen, legen mittelständische Unternehmen da ein ganz anderes Tempo vor. Die e.on plant noch Anlagen mit 60 MW, während die Mittelständler bei 400 MW-Parks sind. Damit das mit der Windenergie auch wirklich nicht klappen kann, haben die großen Energiekonzerne die Flächen für die Windparkstandorte in der Nordsee aufgekauft, wodurch, so Bärbel Höhn, „der Ausbau der Offshore-Windenergie verzögert werden soll.“
Ähnlich wie bei der Erprobung der Windenergie an Land (Growian) scheint es den großen Energieerzeugern darum zu gehen, die Nichtrealisierbarkeit des anvisierten hohen Versorgungsanteils der erneuerbaren Energien zu beweisen.
Von besonderem Interesse für die WilhelmshavenerInnen waren die Positionen von Herrn Luge und Frau Höhn zu den hier geplanten Neubauten von Kohlekraftwerken.
Während Herr Luge das geplante e.on-Kohlekraftwerk 50plus als Teil der Maßnahmen zur Erreichung der „ambitionierten Klimaschutzziele der Bundesregierung“ ansah und es als „umweltschonenden Ersatz für alte Kohlekraftwerke“ pries, sah das in den Ausführungen von Frau Höhn ganz anders aus.
„Der Ausbau der Kohlekraftwerke verhindert den Aufbau der regenerativen Energien. Diese Kohlekraftwerke verhindern die Erreichung der Klimaschutzziele. Kohlekraftwerke sind gestrandete Investitionen, die wir alle zu tragen haben.“ Abschließend brachte Frau Höhn ihre Position zu den geplanten Kohlekraftwerken prägnant zum Ausdruck: „Fossile Energien = fossile Politik“.

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