Durchgestanden!
Nervenstärke der IG Metall führte zum Verhandlungserfolg für FMWler
Ein Paradebeispiel dafür, wie ein Unternehmer Betriebsrat, Belegschaft und Gewerkschaft gegeneinander ausspielen kann, lieferte der FMW-Konkursverwalter Günther Gustafsen. Einzig die Standfestigkeit der IG-Metall brachte Gustafsen an den Verhandlungstisch und sicherte schließlich den Verhandlungserfolg.
Bei dem in Konkurs geratenen Wilhelmshavener Unternehmen FMW sieht man wieder hoffnungsvoller in die Zukunft. Die Auftragslage hat sich bereits soweit stabilisiert, daß mittlerweile von den ehemals rund 210 Beschäftigten (ohne Auszubildende) heute an die 100 wieder einen festen Arbeitsplatz haben. Weitere Einstellungen (etwa 25) sind bis zum Herbst zu erwarten. Für die übrigbleibenden Arbeitnehmer kommt allerdings unweigerlich das endgültige Aus bei FMW.
Um die Rechtspositionen der im Rahmen des Konkursverfahrens Gekündigten zu wahren, hatte die IG-Metall den betroffenen Kollegen Rechtshilfe in Form von Kündigungsschutzklagen gewährt. Da die Kündigungen auf rechtlich sehr wackeligen Füßen standen, versuchte Konkursverwalter Gustafsen in einer Betriebsversammlung massiven Druck auf den Betriebsrat und die IG-Metall auszuüben. Seine ultimative Forderung: Die Gekündigten sollten ihre Klagen zurückziehen, und die IG-Metall auf Rechtsbeistand für die von ihnen vertretenen Mitglieder verzichten; denn, so Gustafsen, bei einem Erfolg der Klagen könne der Betrieb die dann fälligen Abfindungen nicht bezahlen. Letztlich, so seine Ankündigung, würden sich unter diesen Bedingungen keine geeigneten Käufer für die neue FMW finden. Das gesamte Sanierungskonzept stehe auf dem Spiel.
Verhandlungen mit der IG-Metall lehnte Gustafsen ab. Er weigerte sich auch, Auskünfte über die wirkliche finanzielle Lage des Unternehmens zu geben. Seine Drohung, die noch bzw. wieder in Arbeit stehenden Beschäftigten müßten ebenfalls mit einer Kündigung rechnen, zeigte bei etlichen Kollegen die erhoffte Wirkung.
Damit nicht genug. Gustafsen nahm die Verteilung einer IG-Metall-Publikation zum Anlaß, vor der versammelten Belegschaft den Rauswurf eines aktiven Betriebsratsmitglieds zu fordern. Gustafsen: „Mit dem Mann kann ich FMW nicht verkaufen!“
Gustafsen und sein neuer Geschäftsführer Beil trieben ein gezieltes Spiel mit der Angst. Während Gustafsen auf die seriöse Tour Druck machte, machte Beil seinem Namen alle Ehre. „Wie die Axt im Walde“, so ein Mitarbeiter, habe sich der neue Geschäftsführer aufgeführt.
Der Druck auf die FMW Belegschaft wurde von Tag zu Tag größer. Das spürte auch der Betriebsrat. Die IG-Metall solle auf den Rechtsbeistand für die Entlassenen verzichten, um die restlichen Arbeitsplätze nicht zu gefährden, wurde ganz im Sinne des Konkursverwalters gefordert. Einige FMW-ler drohten sogar mit ihrem Gewerkschaftsaustritt. Die entlassenen Kollegen erhielten anonym Anrufe mit handfesten Drohungen. „Eine miese Stimmung“, so ein FMW-ler, machte sich im Betrieb breit. Der Betriebsrat, besonders dessen Vorsitzender Claßen als Mitglied der IGM-Ortsverwaltung, hatte zunächst gemeinsam die Linie der Gewerkschaft beschlossen und mitgetragen. Grundlage war ein nach sozialen Kriterien gestaffelter Plan für die leider unvermeidbaren Entlassungen.
Obwohl sich der Betriebsrat, wie der Vorsitzende Claßen betont, als Interessenvertretung für alle Betriebsangehörigen – also auch für die klagenden Kollegen – versteht, „haben wir dem Druck nicht mehr standgehalten“, so Claßen selbstkritisch zum Gegenwind.
Claßen: „Wir fühlten uns wie zwischen Baum und Borke. Plötzlich standen wir zwischen allen Fronten. Unter diesen Druck acht Stunden täglich und über mehrere Wochen zu stehen, zehrt an den Nerven“. So war es denn nur die Nervenstärke der IG-Metall, die die gekündigten Kollegen nicht im Regen stehen ließ und schließlich ein Verhandlungsergebnis erzielte, das zumindest für 25 ehemalige FMW-ler die Rückkehr an den alten Arbeitsplatz ermöglicht. Für weitere 40 ehemalige FMW-ler wurde wenigstens ein sozial gestaffelter „Nachteilsausgleich“ für den Verlust des Arbeitsplatzes vereinbart.
Der „Familienkrach“ zwischen der IG Metall und dem FMW-Betriebsrat hat allerdings einiges an zerdeppertem Porzellan hinterlassen – nicht nur durch den Rücktritt des FMW-Betriebsratsvorsitzenden Claßen aus der Ortsverwaltung der IGM. Vielleicht erbringt eine gehörige Portion Nachdenken über den Ablauf des Geschehens den benötigten Kitt. (rob)
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