Wohnen
Nov 191990
 

Wohnraumspekulanten

Wie man mit neuester Technik den Wohnungssuchenden das Geld aus der Tasche zieht

(ub) Der auch in Wilhelmshaven immer knapper werdende Wohnraum ruft zunehmend dubiose Geschäftemacher auf den Plan. Die Firma Manfred Haist mit Sitz in Eisingen ist so ein zweifelhaftes Unternehmen.

In regelmäßigen Abständen bietet die Fa. Haist in der „Wilhelmshavener Zeitung“ unter der Rubrik „Vermietungen“ einen völlig neuen Mieterservice an.

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Sowohl vom tatsächlichen Angebot als auch vom Geschäftsgebaren erweist sich diese Firma für den, der auf ihr Angebot zurückgreift, als äußerst zwielichtig.
Susanne B. (Name geändert) ist 18 Jahre alt. Sie arbeitet als Verkäuferin. Zu Hause gibt es ständig Streit. Sie muß schleunigst eine eigene Wohnung finden. Sehr schnell erfährt sie jedoch, daß aufgrund ihres noch recht jungen Alters und ihres geringen Einkommens die Chancen auf dem Wohnungsmarkt besonders schlecht sind.
Sie will jede Möglichkeit nutzen und wendet sich deshalb telefonisch an den Mieterservice der Fa. Haist. Der offeriert ihr seine Hilfe mit den modernsten technischen Möglichkeiten. So bietet Haist die Aufnahme der Daten der Mietsuchenden in eine dafür angelegte Datenbank an. Susanne B. zeigt sich interessiert, möchte jedoch zunächst noch mehr schriftliche Information.
Wenige Tage später erhält sie einen Brief der Fa. Haist. Dieser enthält statt ausführlicher Information lediglich eine Bestätigung „zu dem uns telefonisch erteilten Auftrag“. Ferner weist die Fa. Haist darauf hin, daß sie den Rechnungsbetrag von zunächst 100,- DM vom Konto abbucht! Die Datenspeicherung soll einmalig 80,- DM kosten. Monatlich werden dann 20,- DM als laufende Gebühr fällig.
Susanne B. hatte im Rahmen der Datenerfassung leichtsinnigerweise schon mal ihre Bankverbindung angegeben. Eine Abbuchungsermächtigung hat sie der Fa. Haist genausowenig wie einen Auftrag überhaupt erteilt.
Nebenbei erfährt die Wohnungssuchende, was es mit den „modernsten Instrumenten“, mit denen Herr Haist arbeitet, auf sich hat. In der „Auftragsbestätigung“ heißt es dazu: „Der Auftrag umfaßt die Speicherung Ihrer Daten in Form einer Anzeige in der von uns betriebenen BTX-Anzeigenbörse.“

Chancen sind gut, aber…

Die Leistung der Fa. Haist besteht also lediglich darin, das Wohnungsgesuch des Kunden mittels eines Dekoders in das Bildschirmtextsystem der Post einzuspeichern. Diese Daten können dann von jedermann wiederum gegen Gebühr abgerufen werden.
Zur Erfolgsaussicht, auf diesem Weg die ersehnten vier Wände zu mieten, schreibt Haist: „Nach unserer Einschätzung sind Ihre Chancen eine Wohnung zu finden durchaus gut. Wie lange dies aber dauern wird, ist im Vorhinein nicht vorherzusagen.“

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