Nach den Vorstellungen von Politik und Wirtschaft auf Landes- und Bundesebene soll Wilhelmshaven zur Energiedrehscheibe Deutschlands ausgebaut werden. Statt einer klimafreundlichen Energiewende steht dabei aktuell der Ausbau fossiler Energiestrukturen im Mittelpunkt. Umweltverbände betrachten diese Entwicklung mit großer Sorge. Im Zuge der Diskussion um wenigstens zwei LNG-Terminals an der Wilhelmshavener Wattenmeer-Küste schlossen sich Verbände und Vereine, Fachleute und interessierte Bürger:innen aus Nordwestdeutschland zum „Netzwerk Energiedrehscheibe“ zusammen. Aktuell sind 14 Gruppierungen unter diesem Dach versammelt und beraten die Folgen der Gaspolitik für Wilhelmshaven und die betroffenen Regionen.
BUND kritisiert geplantes LNG-Beschleunigungsgesetz
Gravierende Auswirkungen auf Meer und Küste befürchtet
Angesichts der Planungen des Bundes zu einem LNG-Beschleunigungsgesetz warnt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Niedersachsen vor einer Missachtung von Umweltbelangen und Beschneidung von Beteiligungsrechten. Der Baustart für ein schwimmendes LNG-Terminal in der Nähe des Tiefseewasserhafens Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven ist laut Medienberichten bereits in dieser Woche geplant. Der BUND sieht zahlreiche offene Fragen im Zusammenhang mit diesem Vorhaben und fürchtet massive Auswirkungen auf Küste und Wattenmeer.
Hafenwirtschaftsvereinigung verkennt die langfristigen Interessen von Hafen und Schifffahrt
LNG ist weder wirtschaftlich noch klimafreundlich
Die Zukunft ist der Schifffahrt ist fossilfrei
Pressemeldung vom 18. Februar 2021 * Die Wilhelmshavener-Hafenwirtschaftsvereinigung (WHV) hat in ihrer jüngsten Pressemeldung Forderungen des NABU nach einem Plan für eine emissionsfreie Schifffahrt bis 2050 zurückgewiesen. Die Hafenwirtschaft in Wilhelmshaven setzt weiterhin auf einen Flüssiggas-Terminal in Wilhelmshaven als alleinige Antwort auf effektiven Klimaschutz in der Schifffahrt.
„Weder aus klimapolitischen, noch aus wirtschaftspolitischen Gründen, ist eine Neuinvestition in LNG-Terminals sinnvoll“, sagt Ulf Berner, Sprecher der GRÜNEN Landesarbeitsgemeinschaft Häfen-Schifffahrt-Küstenschutz und Kreisvorstandssprecher in Wilhelmshaven. „Betrachtet man die gesamte Förderungs- und Bereitstellungskette von LNG, ist es nicht nur völlig unwirtschaftlich, sondern auch schädlicher, als Schiffsdiesel, den die Hochseeflotten bei Revierfahrten und in Häfen nutzen. Es gilt jetzt mit Hochdruck regenerative Energieträger und Antriebe für Schiffe zu entwickeln und einzusetzen. Wilhelmshaven kann hier als Wasserstoff-Standort ganz vorne mit dabei sein und benötigt dafür alle abrufbaren Fördergelder.“
Die Grünen weisen auf die vielen Projekten in klimaneutraler Schifffahrt, die vor allem in Skandinavien vorangetrieben, aber beispielsweise auch an der Hochschule Emden/Leer erforscht werden. Kombinationen aus Batterien, high-tech Segeln und Solarzellen und klimaneutrale Kraftstoffe können bereits viel stärker zur mehr Umweltfreundlichkeit von Schiffen beitragen. Antriebe, die Ammoniak oder carbonisierten Wasserstoff nutzen, sind bereits wirkungsvoll erprobt. Außerdem soll das Gas aus den USA importiert, das vor allem durch Fracking mit Chemikalien gewonnen wird. Dazu kommen Effizienzverluste bei der Verflüssigung, Verschiffung und Regasifizierung.
„Die Hafenwirtschaftsvereinigung muss den Klimawandel endlich als Chance begreifen. Die einzige Alternative zu klimaneutralen Schiffen ist gar keine Schiffe – und das will niemand“, erklärt Vorstandsmitglied Alexander von Fintel.
Die Grünen weisen daraufhin, dass fossilfreie, alternative Antriebe mehr Arbeitsplätze sichern können als ein LNG-Terminal. Schon heute beschäftigen die erneuerbaren Energien deutlich mehr Menschen als Gas, Kohle, Öl und Atom zusammen
Die GRÜNEN Kreisverbände Friesland, Wittmund und Wilhelmshaven begrüßen das wahrscheinliche ‚Aus‘ für das LNG-Terminal an der Jade.
Pressemitteilung vom 16.11.2020 * Jetzt steht die Frage im Raum, wie es nun weiter geht. Der Jadestadt steht der Kohleausstieg bevor. 2022 wird das erste Kraftwerk abgeschaltet, ein paar Jahre später folgt das nächste. So wird es in Wilhelmshaven, aber eben auch in der Region, zu einem Strukturwandel kommen. Der Staat unterstützt diese Transformation finanziell, mit 157 Millionen Euro, und mit der Etablierung von Forschungsprojekten. Die Energiedrehscheibe des Nordens, wie Wilhelmshaven seit den 1970ern vor allem wegen seines Erdöl und Kohleumschlages auch genannt wird, steht vor einem Scheideweg.
Umweltschützer kleben sich vor der Staatskanzlei in Hannover mit Sekundenkleber fest
(ft) Umweltaktivisten haben sich am Montagmittag vor der Staatskanzlei in Niedersachsen mit Sekundenkleber an Gebäudeteile festgeklebt. Sie wollen mit der Aktion gegen die Flüssiggaslieferung aus Amerika protestieren. Gegen 18 Uhr beendeten sie die Aktion.
Pressemitteilung vom 4. August 2020
Nach Protest suchen Anti-LNG Aktivist*innen das Gespräch mit Landesumweltminister Olaf Lies
5._August 2020, Abgeordnetenbüro Olaf Lies, Jever – Am Mittwochnachmittag kommen drei Bürger*Innen vor dem Büro von Olaf Lies in Jever zusammen, um mit dem Landesumweltminister über den geplanten Bau von Flüssigerdgas (LNG) Terminals in Wilhelmshaven und Stade zu sprechen. Vor drei Wochen haben sich die drei Bürger*Innen der Klima-Allianz Nordseeküste (BI-KANS) mit einer Protestaktion auf dem Alten Markt in Jever an Lies gewandt und gefordert, dass er seine Unterstützung für den Bau neuer Erdgas Terminals zurückzieht. Die Fakten bleiben die Gleichen: der Bau des Terminals fördert Fracking im Ausland und die Emission klimaschädlicher Gase und macht auch wirtschaftlich keinen Sinn. Im Gespräch werden daher erneut die gleichen Forderungen vorangebracht: Kein LNG in Wilhelmshaven, in Niedersachsen noch sonst irgendwo!
Der Niedersächsische Landesumweltminister Olaf Lies hat sich wiederholt für den Bau eines LNG-Import Terminals in Wilhelmshaven und die dazugehörige 30 km lange Pipeline ausgesprochen. “Alle Argumente sprechen gegen den Bau des Terminals. Zusätzliche LNG-Projekte widersprechen den Klimazielen. LNG-Infrastrukturen fördern den Ausbau von Fracking im Ausland und sind darüber hinaus auch noch unwirtschaftlich. Warum fördert der Umweltminister also dennoch diese Technologie?“ fragt Chiara Arena, eine der drei Aktivist*innen. “In Zeiten wie diesen brauchen wir jeden Cent für Corona-Maßnahmen und die Bewältigung der Klimakrise. Es ist verantwortungslos stattdessen Gelder für neue Gasinfrastrukturen zu verschwenden.”
Die Kosten von LNG, von der Herstellung über den Transport bis zum Bau von Importterminals, sind immens. Das verwendete Gas wird oft durch Fracking gewonnen, eine überdurchschnittlich teure Fördermethode bei der große Mengen Chemikalien und Wasser in tiefe Gesteinsschichten gepumpt werden müssen. Auch die Weiterverarbeitung des Energieträgers ist äußerst energie- und kostenintensiv. Durch die Komprimierung, Kühlung, den Transport, sowie durch ungewollte Methangas-Lecks gehen große Mengen der Energie verloren, bevor sie beim Verbraucher ankommen. Um diese Kosten zu decken wären hohe Gaspreise nötig, aber seit einiger Zeit befinden sich die Gaspreise auf einem Rekordtief. Verglichen mit den stetig fallenden Preisen von erneuerbaren Energien ist LNG daher unrentabel. Neue Projekte können nur durch öffentliche Gelder wie z.B. die Subventionierung der Gaspipeline realisiert werden und laufen Gefahr sich als gestrandetes Vermögen zu entpuppen. Bei solch düsteren Perspektiven wären regionale Fördermittel, die dem Projekt versprochen wurden, an anderen Stellen besser eingesetzt.
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[1] Institute For Energy Economics and Financial Analysis – Headwinds for LNG. youtu.be/w3_GxjGGLOs?t=2781
Mahnwache vor dem Büro des Landes-Umweltministers
Nein zum LNG-Terminal in Wilhelmshaven und zum Import von Fracking-Gas
PRESSEMITTEILUNG vom 11. Juli 2020 * Am Donnerstag 16. Juli von 15.00 – 17.00 Uhr versammeln sich BürgerInnen auf dem Alten Markt in Jever, um gegen den Bau eines Flüssigerdgas (LNG) Terminals in Wilhelmshaven zu demonstrieren. Das Flüssigerdgas würde zu großen Teilen von Fracking Förderstätten aus den USA und Kanada bezogen werden, obwohl Fracking in Deutschland wegen seiner negativen Auswirkungen auf die Gesundheit und das Klima verboten ist. Deshalb fordern wir als Teil der Klima-Allianz Nordseeküste (BI-KANS) von Olaf Lies, den Bau des Terminals zu stoppen und damit nicht länger Fracking-Methoden in anderen Ländern zu unterstützen. Wir sagen: Nicht hier, noch irgendwo sonst!
Die BASU – Freie Liste für Bildung/Arbeit/Soziales/Umwelt – traf sich, um auf ihrer Jahreshauptversammlung 2019 die aktuellen Themen breit zu diskutieren.
Pressemitteilung vom 7. April 2019 * Den Durchbau der Friedenstraße lehnten die Mitglieder de BASU mit der Begründung ab, dass es in Wilhelmshaven kein so großes Verkehrsaufkommen gäbe, das eine weitere Straße in diesem Bereich rechtfertigen würde. Myrijam Bartelt machte nochmal deutlich, dass es im Stadtgebiet etliche Straßen und Radwege gibt, die in einem schlechten Zustand sind, hier solle doch Abhilfe geschaffen werden.
WZ, 05. März 2019 (Auszug):
„LNG spielt zunehmend eine tragende Rolle auf dem Energiemarkt. Wir erwarten noch im März eine Entscheidung des Bundes über Fördermittel zum Aufbau eines LNG-Standortes – und ich gehe fest davon aus, dass mindestens ein niedersächsischer Standort dabei Berücksichtigung findet“, sagte Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU).
„Sowohl die Planungen der Unternehmen Uniper und MOL für Wilhelmshaven als auch der LNG Stade GmbH im Verbund mit dem amerikanischen Chemiekonzern Dow haben einen hohen und belastbaren Detailierungsgrad erreicht.“
Hierzu meine erste Gedankenskizze:
Im Fall einer Schiffskollision in der Jade-Fahrrinne könnte sich ein Tank entleeren, das Flüssiggas (LNG) auf dem Wasser ausbreiten und dann vergasen. Je nach Windrichtung und –stärke könnte eine riesige Gasfahne friesische Ortschaften oder die Stadt Wilhelmshaven erreichen. An den Rändern, wo sich das Erdgas in einem bestimmten Verhältnis mit Luft vermischt hat, könnte ein Zündfunken einen explosionsartigen Flächenbrand auslösen.
Im Gefahrenbereich liegen zudem ein Großchemiewerk (Vynovia), dass Vinylchlorid Monomer in Tanks lagert bzw. zu PVC verarbeitet sowie ein Öltanklager (HES). Zudem ist die teilweise Wiederinbetriebnahme einer Ölraffinerie beantragt worden. Sowohl vor dem PVC-Werk als auch vor dem Ölkomplex sind Umschlagbrücken für Chemie- und Öltanker kilometerweit in die Jade hineingebaut worden. Auch sie könnten im gegebenen Schadensfall von dem Flammeninferno erfasst werden…
Lt. Pressemeldung soll das LNG von Schiff zu Schiff in einen mit einem Schiffsanleger vertäuten Lager- und Regasifizierungstanker – einem sogenannten „Floating storage and regasification unit terminal” (FSRU) – umgeladen werden. Dadurch wird eine Regasifizerungsanlage im Voslapper Groden überflüssig. Schiffsumschlag, LNG-Lagerung und Regasifizierung würden demnach in unmittelbarer Nachbarschaft der Umschlaganlage für Äthylendichlorid (EDC) – eine farblose, brennbare und giftige Flüssigkeit – angelandet und in Tanks zwischengelagert, bevor es in dem nahen PVC-Werk zunächst zu gasförmigen, krebserregenden Mono-Vinylchlorid (VC) verarbeitet wird, um dann daraus schließlich Poly-Vinylchlorid (PVC) herzustellen..
Für die Regasifizierung des auf minus 162°C heruntergekühlten und verflüssigten Erdgases wird Wärme gebraucht. Dazu würde sich das Wasser aus der Jade anbieten, das man dem verflüssigten Erdgas solange aussetzt, bis es in seinen gasförmigen Zustand zurückversetzt worden ist. Das abgekühlte Jadewasser müsste in die Jade zurückgepumpt werden. Inwieweit die Badestrände (z.B. bei Hooksiel) davon in Mitleidenschaft gezogen würden, müsste feststellbar sein.
Denkbar wär‘ es zumindest, dass im „Voslapper Groden Nord“ Erdgas-Lagertanks zum Zwischenlagern errichtet werden müssten. Das wäre eine Quelle für weitere Unfallgefahren.
In der Diskussion wird zudem der Vorteil hervorgehoben, dass vor Ort bzw. bei Etzel Salzstöcke vorhanden seien, aus denen man Kavernen herausgespült habe. In diese könne man neben Rohöl auch Erdgas einlagern.
Dazu hätten die Anwohner in Etzel sicher was zu sagen…
Die Schaffung von Arbeitsplätzen dürfte sich auf einen äußerst bescheidenen Rahmen beschränken. Ich habe einen Bericht vorliegen, in dem von 50 Arbeitsplätzen in einem LNG-Terminal berichtet wird.
Wieviel Gewerbesteuern bei Realisierung des Projekts in die Stadtkasse fließen würden, wird wohl ein Geheimnis bleiben (wahrscheinlich kein „focken Cent“, denn der Betreiber wird dann wahrscheinlich seinen Geschäftssitz in Billigsteuerland einnehmen).
Die lokale bzw. regionale Wertschöpfung dürfte also äußerst mager ausfallen…