Presseschau
Rechtsradikaler Aufmarsch im Spiegel der regionalen Presse
(ub) Die NPD hatte ihre Anhänger zur Demonstration in der Wilhelmshavener Innenstadt aufgerufen. Knapp 70 Jung- und Altnazis fanden den Weg in die Jadestadt. Riesengroß das schützende Polizeiaufgebot. 2.800 Polizeibeamte verhinderten kompromisslos, dass weit über 1000 AntifaschistInnen dem braunen Spuk schnell ein Ende bereiteten. NPD-Aufmarsch, Polizeiaktion und Gegendemonstration nahmen außergewöhnlich breiten Raum in der regionalen Presse ein. Die Gegenwindredaktion hat mitgelesen und eine Presseschau zusammengestellt.
Am Wochenende hatte „Schumi“ zum zweiten Mal in dieser Saison überlegen ein Formel-Eins-Rennen gewonnen. Münteferings Abstimmungserfolg bei der Wahl zum SPD-Vorsitzenden war fast so eindeutig wie der Sieg von Werders Wunderelf, allein im medialen Mittelpunkt am Montag, dem 22. März, standen ganz überwiegend die Geschehnisse um NPD-Aufmarsch und Gegenprotest.
Der „farblos“ wirkende Zug (Uniformen waren verboten), in dem auch etliche „Glatzenträger“ unterwegs sind, wird angepeitscht von einem „geifernden Agitator“, ab und an lässt sich das rechte Häuflein Elend zu „schalen Sprechchören“ hinreißen. (Jeversches Wochenblatt)
Martin Wein (WZ) sieht in den jugendlichen Mitgereisten eher Muttis „Sprösslinge“, unreife Gören, die „Krach verbreiten“. Ärgerlich seine Mutmaßung, „vieles von dem, was ihre Redner verkünden, würde jeder anständige Bürger ohne Kenntnis des Zusammenhangs unterstützen.“ Die „anständigen“ Bürger hatten den Zug der Nazis begleitet und lautstark und deutlich verhindert, dass überhaupt etwas von dem dumpf-braunen Agitprop-Gekeife durchdringen konnte.
war riesig und beeindruckend. Christoph Hinz vom Jeverschen Wochenblatt: „Das Konzept der Polizei ist aufgegangen…“ Strategie meint hier und in anderen Artikeln hauptsächlich die unglaublich massive Präsenz der Uniformierten. Berittene Beamte, Polizeihunde ohne Beißschutz an der langen Leine, BGSler mit Uniformausrüstungen wie in einem Startrekfilm. Martin Wein (WZ) hat einen von ihnen gesprochen . Der Meldebeamte Holger Jetses kann schon verstehen, „dass viele Bürger gerade angesichts des Polizeiaufgebots ungute Gefühle bekommen.“ Aber, beruhigt er uns, es geht ja um eine gute Sache: „Im Prinzip ist es gut, dass Parteien oder Vereine die Interessen ihrer Mitglieder vertreten. Man muss ihre Ansichten ja nicht teilen. Das ist eine der zentralen Freiheiten des Rechtsstaates.“ (WZ vom 22.03.04)
waren ganz überwiegend besonnen und zahlreich bei der Sache, selbst „der Regen hielt sie nicht fern“. (Martin Wein) Sie trafen sich zunächst vor dem aus Sicherheitsgründen verhüllten Kaiser-Wilhelm-Denkmal. Dies Denkmal hatten sie ja „vor Jahren vehement abgelehnt“, aber jetzt bekannte man sich „zu Toleranz und Demokratie.“ Nicht so „mehrere hundert Autonome“, die sich mit „Springerstiefeln oder Militärjacken bekleidet… der Polizei….ein Katz- und Maus-Spiel“ lieferten, „um die Sperren nach Westen zu durchbrechen.“ Christoph Hinz hat neben friedlichen Gegendemonstranten und alkoholisierten Autonomen aber dann den echten antifaschistischen Widerstand entdeckt: „Wahre Proteststürme erwarten die Marschierer an jeder Kreuzung und Einmündung, als sie sich…dem ZOB zur Abschlusskundgebung nähern. Hier sind es keine Gegendemonstranten oder Autonome, hier ist es die Bevölkerung, die ihre Wut über die NPD-Parolen herausschreit.“
Schon im Vorfeld der Berichterstattung hatten beispielsweise die Redakteure der WZ in wohltuender Klarheit keinen Zweifel daran gelassen, was vom geplanten Marsch der ewig Gestrigen und ihrem kahlgeschorenen Anhang zu halten ist: schlichtweg gar nichts. Aber, so sei das eben in einer Demokratie: Die NPD ist nicht verboten, hat also das Recht, ihre Meinung „frei“ zu äußern. Das sei eben der Preis der Freiheit. Das Recht der anders „Denkenden“.
betitelt denn auch Jürgen Westerhoff von der WZ seinen Kommentar. Was das wieder gekostet hat! So viele Polizisten . „Der immens hohe Aufwand – sowohl personell als auch finanziell. Insofern (!) wäre es wünschenswert, solche Aktionen wären nicht nötig.“(Westerhoff) Demokratie hin – Meinungsfreiheit her, ärgerlich sei es schon, dass diese Rechtsradikalen auch noch ihren Spaß haben, unter massivem Polizeischutz (ca. 40 Polisten standen pro Nazi zum Schutz zur Verfügung) durch die Stadt eskortiert zu werden. Dass sie dann zum Schluss auch noch über den Lautsprecherwagen ihr Lied von Deutschland anstimmen, reizt selbst einen besonnenen WZ-Redakteur zum Anflug von militanten Widerstand: Man möchte den NPDlern am liebsten „eigenhändig den Strom abdrehen.“
war mit Radio Jade, wer nicht an den Protesten teilnehmen konnte und statt dessen die Ereignisse am Radio verfolgte. Wolle Willig und Kollegen waren stets auf Höhe des Geschehens und berichteten engagiert und parteiisch. Eine Sternstunde des lokalen Rundfunks, so die Meinung vieler.
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