Mütterzentrum
Nov 201996
 

Urahne, Großmutter, Mutter und Kind...

Soziales Engagement mit Fototermin: Ratsherr Rath will dem Mütter- und Familienzentrum helfen

(ub) Der im Juni d. J. gegründete Verein „Mütter- und Familienzentrum Wilhelmshaven“ ist seinem Ziel einen großen Schritt nähergekommen, ein generationsübergreifendes Selbsthilfeangebot für Familien in Wilhelmshaven zu installieren. Das Raumproblem ist erst einmal gelöst, ein vorübergehendes Domizil im Gorch-Fock-Haus wurde gefunden. Dem Gegenwind berichteten die Gründerinnen des Vereins über ihre Startprobleme und über eine nicht ganz uneigennützige Hilfsaktion eines SPD-Ratsherrn.

„Kein Kaffeeklatsch für Frauen soll es werden, das Mütter- und Familienzentrum“ so Cornelia Götz, Vorsitzende des eingetragenen und als gemeinnützig anerkannten Vereins, gegenüber dem Gegenwind. Vielmehr sollen Weiter- und Fortbildungsangebote für Familien mit Kindern in Selbsthilfe organisiert und durchgeführt werden. Es soll ein Ort geschaffen werden, an dem Kinder ausdrücklich erwünscht sind und wo gleichzeitig Mütter und Väter, die wegen ihrer Kinder nicht erwerbstätig sein können, am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Ein Ort, an dem „nicht das Kind, sondern die Mütter und Väter im Vordergrund stehen“ (Ramona Wiechmann). Das Mütterzentrum plant eine breite Palette von Angeboten, die vom Computerkurs über Selbstverteidigungs- und Selbstbehauptungstraining, Erziehungsstammtischen bis zu gemeinsamen Unternehmungen wie beispielsweise ein gemeinsames Familienfrühstück am Wochenende reichen. Die aktiven Frauen im Verein verweisen auf eigene Erfahrung, wenn sie im Konzept des Vereins feststellen, daß, wer sich entschließt, Kinder zu bekommen, „oft auf vielfache Weise bestraft“ wird. „Finanzielle Einbußen“ und „eine gesellschaftliche Isolation“ sind die Folgen, denn, so die Gründungsfrauen, „Familien mit Kindern sind geduldet, aber eigentlich unerwünscht“.
Ausdrücklich betonen sie, daß nicht an ein reines Mütter- bzw. Frauenzentrum gedacht ist. Väter sollen „nicht ausgegrenzt werden“, insbesondere auch alleinerziehende Väter sollen die Angebote nutzen. Ältere Menschen sollen kommen und aktiv teilhaben am Geschehen des Zentrums. „Oma und Opa werden nicht nur für die Kinderbetreuung gesucht, sondern es soll ein generationsübergreifender Kontakt stattfinden“.
Die Idee eines Mütterzentrums ist nicht neu. In 300 Städten in der Bundesrepublik existieren diese zumeist auf einem Laien-für-Laien-Konzept aufgebauten Einrichtungen schon. Ein von schon bestehenden Mütterzentren herausgegebener Elternbrief gab den Anstoß, solch ein Projekt auch in Wilhelmshaven zu starten. Derzeit sind 12 Familien, die sich über Kleinanzeigen in der „Neuen Rundschau“ gefunden haben, in dem von ihnen gegründeten Verein aktiv.
Auch wenn das Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe keine hohen finanziellen Mittel für Personalkosten voraussetzt, braucht der Verein natürlich Geldmittel, um beispielsweise Räume anmieten zu können, Telefongebühren und Versicherungen etc. bezahlen zu können.
An finanziellen Zuwendungen fehlt es derzeit aber noch. Die regelmäßigen Einnahmen des Vereins belaufen sich auf ganze 225.DM im Monat, die ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen zusammenkommen. Und so hofft man auf Landesfördermittel, kommunale Unterstützung und Spenden.
Über das Mütterzentrum Salzgitter ist aus Landesmitteln ein jährlicher Zuschuß von bis zu 10 000.-DM möglich. Derzeit werden 60 Mütterzentren in Niedersachsen bezuschußt. Nach neuesten Informationen des Wilhelmshavener Vereins steht eine Kürzung dieser Landesmittel um 100.000.- DM auf dann nur noch 620.000.-DM an. Der fest eingeplante Zuschuß wird also spärlicher ausfallen als ursprünglich erhofft. Ein Zuschuß aus Landesmitteln setzt jedoch voraus, daß, so Cornelia Götz gegenüber dem Gegenwind, „ein bereits laufender Betrieb, der mindestens 15 Stunden in der Woche geöffnet ist“, nachgewiesen werden kann. Die engagierten Frauen des Vereins haben sich daraufhin im September erstmals an die Öffentlichkeit gewandt. „Ohne Räume kein Geld, ohne Geld geht nichts“, heißt es in einem Artikel in der WZ vom 12.09.96, in dem unter anderem auch CDU-Ratsfrau Petra Gottschalk -„Eine tolle Sache“ – ihre Unterstützung zusagte.
Unterstützung kam auch von dem SPD-Ratsherrn Arend-Roland Rath, der seine guten Kontakte zum Kommunikationszentrum Perspektive ins Spiel brachte und ein Vermittlungsgespräch bezüglich der Räumlichkeiten in der Schellingstr. 21 anbot. Arg überfahren fühlten sich die Mütterzentrumsinitiatorinnen dann aber, als SPD-Ratsherr Rath ohne Vorwarnung zum Gespräch gleich einen WZ-Fotografen mitbrachte und anbot, sich um den entsprechenden Pressetext selbst zu kümmern.
Die Räumlichkeiten der Perspektive erwiesen sich leider als ungeeignet. Denn, um ein „breites Spektrum anbieten zu können und um optimale Arbeit zu leisten“, werden laut „Konzept für unser Mütter- und Familienzentrum“ ,,mindestens 7 Zimmer, Küche, Bad, WC, also etwa 150 Quadratmeter“, u.a. als Schlafzimmer für Kleinkinder, Räume für Gesprächskreise, Besprechungsraum etc. benötigt.
Irgendwie muß den Frauen des Mütter- und Familienzentrumvereins der Kontakt mit besagtem SPD-Ratshen nicht ganz geheuer gewesen sein, deshalb haben sie anschließend bei der WZ angerufen, sich den von Rath ausgearbeiteten Text vorlesen lassen und die darin enthaltenen Aussagen sogleich dementiert (Siehe Kasten). „Bei uns kam im nachhinein der Verdacht auf, daß wir da lediglich zu Wahlkampfzwecken missbraucht wurden“, äußerte eine der Frauen gegenüber dem Gegenwind.

WZ-Bildunterschrift vom 13.09.96:
„Weiterhin völlig offen ist die Raumfrage für den Verein ,,Mütter- und Familienzentrum. Zwar führten Mitglieder des Vereins, darunter die Sprecherinnen Cornelia Götz und Ramona Wiechmann, gestern Gespräche im Kommunikationszentrum Perspektive, die SPD-Ratsherr Roland Rath vermittelt hatte. Der anschließenden Feststellung Raths, die Perspektive mit ihrer Erfahrung und Infrastruktur biete alle Möglichkeiten, dem Mütter- und Familienzentrum eine gute Starthilfe zu geben, wurde seitens des Vereins widersprochen. Man werde noch Gespräche mit anderen Einrichtungen führen.“

Inzwischen ist die Raumfrage zumindest vorübergehend geklärt. Von Montag bis Donnerstag kann der Verein vormittags von 8 bis 13 Uhr seinen offenen Treffpunkt in den Räumen des Gorch-Fock-Hauses anbieten. Ein entsprechender Kontrakt mit dem Pächter des Gorch-Fock-Hauses, Peter Brendel, kam durch die Vermittlung der Marinefamilienbetreuung zustande. Cornelia Götz und Ramona Wiechmann wollen das Mütter- und Familienzentrum langfristig auf solide Beine stellen und schließen deshalb nicht mehr aus, daß eine solvente soziale Institution die Trägerschaft übernimmt.

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