Wenn’s um die Macht geht...
Wie SPD/UWB/FDP zueinander fanden und ihre Wähler (ent)täuschten
(red) Zur Kommunalwahl 1991 konnte man im Kommunalpolitischen Magazin Nr. 2 der Unabhängigen Wilhelmshavener Bürger (UWB) folgenden „Dialog“ lesen:
„Hein an Ommo: So’n Oberbürgermeister kann einem ja schier leid tun, ständig auf Achse. Kann man ihm nicht helfen ?Ommo: Doch, wähl‘ doch einfach UWB. Die setzen dann einen stellvertretenden Bürgermeister durch – und der hilft ihm bestimmt!“ Doch damals gab’s nichts zu helfen.
Und 1996? Um die rote Macht zu behalten präsentierte die SPD den Wilhelmshavener Bürgern jetzt sogar einen „richtigen“ UWB-Bürgermeister.
Bei der Kommunalwahl 1991 hatte die SPD mit 46,14 % wiederum einen Ratssitz ( 1986: 22) verloren und mußte sich, wollte sie das Sagen im Rathaus weiter behalten, einen Zähl- und Stimmpartner an Land ziehen. Eine selbsternannte Verhandlungsgruppe (Peter Junklewitz als Parteichef, Udo Bergner als Fraktionsvorsitzender und Eberhard Menzel als Oberbürgermeister) machte sich daran, in höchst geheimen Verhandlungen nach ihren Gutdünken sich einem solchen zu suchen.
Die UWB (3,76 % = zwei Ratssitze) wollte (siehe oben) schon 1991 gern ins rote Bett hüpfen und hätte – so war später zu hören – nahezu alle ihre politischen Forderungen über Bord geworfen, hätte man ihnen nur einen stellvertretenden Bürgermeister gegönnt: ja selbst mit einem Ausschußvorsitzenden hätte man sich zufrieden gegeben. Damals sagten die SPD-Verhandler noch njet.
Der SPD-Unterbezirksvorsitzende und mit ihm eine Reihe von Vorständlern, gleichwohl auch viele Genossinnen und Genossen in den Ortsvereinen, waren davon ausgegangen, daß man sich mit den Grünen zusammentun würde, doch Oberbürgermeister Menzel und vor allem dem SPD-Fraktionschef Bergner widerstrebte ein solcher Verbund. Wohl auch, weil führende Kräfte der Grünen mal ein rotes Mitgliedsbuch besaßen und sich in diesem Laden viel zu gut auskannten. Da man mit den Schwarzen ohnehin nichts am Hut hatte, blieb denn nur die FDP, die bei einem Stimmenanteil von nur 3,66% zwei Ratssitze (1986: 1) erhalten hatte, als Mehrheitsbeschaffer übrig. Den Deal mit den Blau-Gelben machte man erst öffentlich, als alles festgezurrt war.
Darüber waren die GenossInnen sauer. Als Buhmann machten sie den damaligen UB-Vorsitzenden Peter Junklewitz aus, ohne zu überdenken, dass er in der Verhandlungscrew nicht die erste Geige spielte.
Um bei der nächsten Kommunalwahl solch selbstherrliches Vorgehen des SPD-Dreigestirns auszuschließen, kam beim sog. „chaotischen Parteitag“ am 5. Juni 1993 im Dreimädelhaus der Antrag Nr.11 mit folgendem Inhalt zur Beschlußfassung:
„Der Parteitag möge beschließen, den UBV (Unterbezirksvorstand – die Red.) aufzufordern, Ergebnisse von „Koalitionsverhandlungen“ nach Kommunalwahlen den Parteiuntergliederungen (d.h. den Ortsvereinen – die Red.) in geeigneter Weise transparent zu machen“. Der Antrag wurde von den Delegierten mit großer Mehrheit angenommen. Damit meinten die Parteimitglieder nun sicher sein zu können, daß sich solche Kungeleien künftig nicht wiederholen würden.
Pustekuchen! Was kümmert uns schon ein vor Jahren angenommener Parteitagsbeschluß, dachten sich wohl die Parteigewaltigen und rechneten mit der Vergesslichkeit der Genossen. So machte sich nach der Kommunalwahl vom 15. September 1996, bei der die Sozialdemokraten mit 43,11 % etwa 3% an Stimmen verloren hatten und grade mal 20 Sitze im neuen Rat bekamen, ein Trio (W.Adam, E.Menzel und N.Schmidt) – ohne vorher die Meinung der Parteimitglieder zu erfragen und ohne direkten Parteiauftrag – daran, wiederum in top secret geführten Gesprächen ihren kommunal politischen Partner höchstpersönlich auszugucken.
Auf den naheliegenden Gedanken, durch Verzicht auf die Macht die Gelegenheit zu nutzen, die durch die Trögeler/Menzel/Frank-Affäre und andere parteiinterne Machenschaften ziemlich angekratzte Partei in der Opposition neu zu ordnen, wollte man erst gar nicht kommen. Schließlich hatte „Willi“ Adam vor den Verhandlungen die Parole ausgegeben: „Nie wieder Opposition“, obwohl er von diesem kommunalpolitischen Part null Ahnung hatte, denn als die SPD nach der Wahlniederlage 1981 in die Opposition gehen mußte, saß er noch nicht im Rat. So war denn Macht- und damit auch Postenerhalt angesagt.
Bei einer größeren politischen Gruppe als Partner hätte man diese, teils gut dotierten Posten anders aufteilen müssen; anders als den SPD-Vorderen wohl lieb und teuer war. Daß mit der CDU keine „Geschäfte“ zu machen sein würden, war den Verhandlern von vornherein klar. Pochten sie doch u.a. auch beharrlich auf die Ablösung von Menzel als Oberbürgermeister.
Viel Mühe gab man sich auch nicht, um mit den Grünen ins reine zu kommen. Nur wenige Minuten sollen die Gespräche gedauert haben. Dagegen – so war zu hören – musste man geschlagene zehn Stunden mit der FDP verhandeln, um den einen Ratsvertreter von der Drei-Pünktchen-Partei an die Rotfraktion zu binden. Um aber die Stimmenmehrheit im neuen Rat zu erreichen, mußte man sich auch mit der UWB verbandeln.
Oberstes Ziel von UWB-Boß Focke Hofmann war wohl, den Bürgermeisterposten für sich an Land zu ziehen. Um das möglich zu machen, opferte die SPD ihren Bürgermeister Siegfried Neumann, den man dafür auf den Kutschbock des roten Fraktionswagens setzte. Ob er jedoch die Zügel richtig zu handhaben weiß, bezweifeln einige Genossen bereits vor Reiseantritt.
Im ausgehandelten Kumpaneipapier soll dem Vernehmen nach denn auch viel über Verteilung von Aufsichtsratssitzen und anderen Pöstchen an ohnehin nicht mehr ganz „Ehrenamtliche“ zu Papier gebracht worden sein. Bei den Sachfragen sparte man dagegen mit dem Papier.
OB Menzel hat jüngst bei einer Genossenversammlung erklärt, daß das gemeinsame Positionspapier sich in weiten Teilen mit dem SPD-Wahlprogramm decken würde. Nun, das Programm der Sozialdemokraten hatte eh nur die Aussagekraft einer verbeulten Cola-Dose, Wo aber blieben dann die Forderungen der UWB, die einen Teil der Wähler veranlaßt haue. dieser Gruppe ihre Stimme zu geben?
Hofmann wollte doch die roten Backsteine des Högerbaus durch Glasziegel ersetzen, so ein „gläsernes Rathaus“ zu bekommen. Wird da was daraus?
- Mit dem roten Filz müsse es ein Ende haben. Nun, der rote Filz hat überlebt – und Focke mittenmang.
- Politische Entscheidungen wollte er aus den Hinterzimmern und Kungelgruppen zerren und ans Licht bringen. Wie wohl?
- Erforderte, daß die Straßenreinigung künftig auf Hauptverkehrsstraßen beschränkt wird. Ginge es nicht um dadurch verlorengehende Arbeitsplätze wär’s ja ganz gut Müßten die Roten dann endlich lernen, erst einmal vor der eigenen Haustür zu kehren.
- Bei Besetzung von Führungspositionen forderte er, daß nur auf Kompetenz statt auf Proporz zu achten sei. Das glaubt er bei der weiterbestehenden Verbandelung der roten Macher doch wohl selbst nicht.
- Wird die Berliner Straße nun doch gebaut? Es sei – so seine Wahlaussage – besser, die Berliner Straße als Entlastungsstrasse durchzubauen, statt die Bürgerinnen und Bürger inmitten der Wohngebiete weiter mit Lärm und Abgasen zu belasten.
- Wird durch ihn nun kraft Amtes die Verschleierungstaktik der SPD bei Altlasten „entschleiert“? Wohl kaum.
- Er bedauerte im Programm das überdimensionierte Bauvorhaben des Bahnhofzentrums. Wird der unfertige Moloch jetzt abgerissen?
- Er warf der SPD im Trögeler/Frank/Menzel-Ausschuß undemokratisches Verhalten vor. Wie will er künftig mit diesen „Undemokraten“ umgehen?
Man muß sich fragen, was von den Wahlversprechen eines Herrn Hofmann und der UWB überhaupt realisiert wurde. Vielleicht eben nur die Forderung, den Bürgermeister zu stellen. Die UWB-Wähler reiben sich nun die Augen und stellen fest, daß das UWB-Wahlprogramm eben nur „Hoffmanns Erzählungen“ waren.
Und die SPD? Auch sie hat wieder einmal ihre Parteimitglieder und auch ihre Wähler ge- und enttäuscht. Hätte man Nachfrage bei den Genossinnen und Genossen gehalten, so wäre es zu diesem Bündnis mit vorprogrammierten Bruchstellen nicht gekommen. Rechneten doch die Jüngeren in der SPD fest mit einem Zusammengehen mit den Grünen. Die Parteimitglieder mittleren Alters hätten sich wegen des städtischen Notstands in Teilen eine große Koalition von CDU und SPD gewünscht, ansonsten aber – wie die Älteren durchweg – für Abgabe der Macht auf Zeit votiert.
Doch die Wünsche der Parteifreunde, die mit ihren Mitgliedsbeiträgen den Wahlkampf bezahlten, zählen offenbar nicht, wenn man auf Deubel komm raus Oberbürgermeister bleiben will.
Eines ist sicher. Der in weiser Voraussicht vereinbarte Kooperationsausschuß (soll bei aufkommenden Differenzen zusammentreten) wird wohl nie ohne Arbeit sein.
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