Landtagswahl 2003
Feb 062003
 

Da haben wir den Salat!

Das Volk hat gesprochen und Wilfrid Adam muss wieder arbeiten.

(red) Damit hatte wohl keiner, und am wenigsten Wilfrid Adam und Dr. Uwe Biester, gerechnet: Adam verliert sein sicher geglaubtes Direktmandat und sucht schon einen neuen Job. Dr. Biester wird es nicht leicht haben, an die Arbeitsleistung des Wilfrid Adam heranzukommen.

landtagswahlDie Katastrophe für die SPD in Niedersachsen zeichnete sich ja schon seit vielen Wochen ab. Einzig Ministerpräsident Gabriel und Rebecca Harms von den Grünen glaubten ernsthaft noch an eine Rot/Grüne Koalition. Wilfrid Adam war sich der Verbundenheit seiner WilhelmshavenerInnen so sicher, dass er auf seine Absicherung durch die Landesliste verzichtete.
Am Erfolg der CDU hatte Dr. Uwe Biester sicherlich nur einen ganz geringen Anteil. Die Wilhelmshavener Zeitung bezeichnete ihn am Tag nach der Wahl gar als einen „nicht gerade von Dynamik“ geprägten Landespolitiker, von dem nicht zu erwarten sei, dass er „über den politischen Tellerrand hinauskommen könnte.“
Die Wahl war natürlich vom Geeiere der Koalition in Berlin geprägt, es muss aber auch ein gehöriger Teil Landespolitik eine Rolle gespielt haben – verlor die SPD in Hessen doch „nur“ 10 Prozent, während 14,5 % der Niedersachsen der SPD den Rücken kehrten.
Über Wilhelmshaven selbst gibt es nicht viel zu berichten. Erfreulich, dass die REPS diesmal keine Rolle mehr spielten. Für die Wilhelmshavener Grünen zahlte sich ihre profillose FDP-Politik nicht aus – sie verloren bei den Erststimmen 1,6%, und selbst bei den Zweitstimmen noch 0,6% (Alle Zahlen: Wahlkreis 100 plus des Wilhelmshaven-Anteils des Wahlkreises 99). Auch Wilhelmshavens Liberale blieben unter dem Landesdurchschnitt – konnten aber immerhin 1,3% mehr Zweitstimmen als 1998 auf ihrem Konto verbuchen. Die PDS konnte ein besseres Ergebnis auf unverändert niedrigem Niveau verbuchen: von 0,7 auf 1,3% bei den Erst- und von 0 auf 0,8% bei den Zweitstimmen.
Die Landtagswahl in Wilhelmshaven war nicht nur eine Ohrfeige für die SPD. Über 26.000 Wahlberechtigte (ca. 40%) brachten durch ihr Nichtwählen zum Ausdruck, was sie von der Politik halten – im Jahre 1998 blieben „nur“ 20.000 WählerInnen (ca. 30%) ihrem Wahllokal fern.

Was wird nun?

So ganz deutlich wurde im Wahlkampf nicht, was die CDU in den nächsten 5 Jahren anders machen will. Zu erwarten haben wir jedenfalls nicht viel Gutes vom neuen Bürgerblock in Hannover. An zwei kurzen Beispielen wollen wir die zu erwartende neue Politik skizzieren.

Wulff macht den Bock zum Gärtner

Der Oldenburger Jurist Lutz Stratmann ist bislang noch nie als Ökologiebewegter in Erscheinung getreten. Niveaulos leiert er jetzt sämtliche bekannten Platitüden herunter, die darauf zielen, den Umwelt- und Naturschutz zum Sündenbock für die Folgen einer verfehlten Wirtschaftspolitik zu machen. „Eine unzureichende Beteiligung von Kommunen, Grundeigentümern und Verbänden, wie wir es u.a. bei der Ausweisung von FFH-Flächen und beim gescheiterten Nationalpark Elbtalaue erlebt haben, darf es künftig nicht mehr geben“, erklärt Stratmann. Schon gelogen: Es gab eine sehr intensive Beteiligung aller, die von den genannten Vorhaben betroffen sein konnten. „Die natürlichen Ressourcen Luft, Wasser und Boden dürften auf Dauer nur so weit in Anspruch genommen werden, wie dies durch die Einhaltung des Nachhaltigkeitsprinzips gewährleistet ist.“ Wie er das schaffen will, ist schleierhaft: Er und sein Ministerpräsident wollen „Bürokratie“ abschaffen und Kommunen und Grundeigentümern mehr Freiheiten gewähren. Mangels Kontrolle und Koordination wird der fortschreitenden Landschaftszerstörung Tür und Tor geöffnet. Zum Auftakt wird der geschützte Kormoran zum Abschuss freigegeben. Ein extremer „Hammer“ ist, dass die CDU-geführte Landesregierung das Verbandsklagerecht in Niedersachsen abschaffen will – ein über Jahrzehnte erkämpftes Mitspracherecht der Natur- und Umweltverbände bei Vorhaben, die die natürlichen Ressourcen gefährden. Damit entledigt sich Stratmann Fachkompetenz. Der Abbau von Bürokratie und Personal in der Landesverwaltung beginnt damit, dass ein neues Referat für Raumordnung eingerichtet und zu einer Behörde für den ländlichen Raum ausgebaut werden soll.
Mit den Grünen hatte Stratmann schon Zoff wegen seiner Ankündigungen, das Atommülllager in Gorleben weiter auszubauen. Inzwischen hat er sich davon distanziert, Niedersachsen zum Atomklo machen zu wollen. Es bleibt aber dabei, dass die CDU im Gegensatz zu SPD und Grünen weiter „ergebnisoffen“ prüfen will, ob der Salzstock im Wendland als Endlager für hochradioaktiven Müll aus Deutschland tauglich ist.
Die Windenergienutzung an der Küste ist für ihn ausgereizt, die Offshore-Windparks will er weiter ausbauen.
Stratmann sieht die Umweltpolitik bei den Christdemokraten in guten Händen. „Die Bewahrung der Schöpfung ist uns eine Herzensangelegenheit.“ Oh mein Gott. Dazu braucht man auch den Kopf, sprich fundierte Sachkenntnis – von der Stratmann nach bisherigem Eindruck völlig frei ist.

Vorwärts in die Vergangenheit!

Das ist das Motto des künftigen Kultusministers Bernd Busemann. Seine Vorgängerin Renate Jürgens-Pieper hat die Vorarbeit schon geleistet und die Abschaffung der Orientierungsstufe als eigenständiger Schulform zu Gunsten der Förderstufe angeleiert. Die CDU bezeichnet diese „Reform“ als „nur neue Türschilder“ und führt die Klassen 5 und 6 an die Hauptschule, die Realschule und das Gymnasium zurück. Künftig werden die Schulkinder schon nach dem 4. Schuljahr sortiert werden, und die Schule wird auch gegen den Elternwillen entscheiden können, welches Kind in welche weiterführende Schule kommt. Pardon: So deutlich hat Busemann sich da nicht geäußert; er hat gesagt, dass die Schullaufbahnentscheidung nach Klasse 4 noch bei den Eltern liegt und diese dabei von Lehrerempfehlungen unterstützt werden sollen; nach Klasse 6 aber soll die endgültige Weichenstellung erfolgen, wobei der Elternwille beschnitten wird. Da er aber die „bestehende und gewachsene dreigliedrige Schulstruktur erhalten und nach unten ausbauen will, erwarten HauptschullehrerInnen, dass sie sehr kleine 5., etwas größere 6. und große 7., 8. und 9. Klassen haben werden, weil die nach der 4. Klasse noch freie Elternentscheidung spätestens nach Klasse 6 von den Realschul- und GymnasiallehrerInnen „korrigiert“ werden wird. Wenn das überhaupt noch notwendig sein wird – Aufnahmeprüfungen plant er nämlich auch. Wie Busemann dabei „gestärkte Hauptschulen“ schaffen will, bleibt abzuwarten.

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