BUND-Straßenkunst
Aug 082018
 

Das Meer muss es auslöffeln

Mit „Straßenkunst“ der besonderen Art war der BUND beim StreetArt-Festival vertreten: 1.758 Plastik-Eislöffel sorgten für intensive Gespräche über die Vermüllung der Natur

Foto: Imke Zwoch

Foto: Imke Zwoch

Sommerzeit ist Eiszeit. Hunderte Portionen Speiseeis werden täglich allein am Südstrand verkauft, mittlerweile gehört fast überall ein bunter Eislöffel aus Plastik dazu. Wohin damit, wenn das Eis und die Waffel aufgegessen sind? Eigentlich in den Mülleimer, davon gibt es auf der Promenade genug. Tatsächlich landet ein großer Teil der Löffel in der Natur. Neben „to-go“-Bechern, Plastikflaschen und -tüten, Zigarettenkippen und Resten von Luftballons gehören die Eislöffel zu den häufigsten Fundstücken, die Mitglieder der BUND Kreisgruppe Wilhelmshaven und der JadeWale täglich bei ihren Rundgängen entdecken, einsammeln und entsorgen.

Foto: Imke Zwoch

1758 Eislöffel * Foto: Imke Zwoch

Um das Ausmaß des „Littering“, der Naturverschmutzung, sichtbar zu machen, wurden seit Mitte Juni exemplarisch die Plastik-Eislöffel am Südstrand täglich gesammelt und aufbewahrt. Beim StreetArt-Festival wurde das Ergebnis in einer durchsichtigen Box am BUND-Infostand auf der Rambla präsentiert: Die Besucher wurden eingeladen zu schätzen, wie viele Löffel zusammengekommen waren. Wer Lust hatte, konnte die Zahl aufschreiben und an einem Gewinnspiel teilnehmen. Doch schon ohne die genaue Zahl zu kennen, stimmte der Anblick der 13-Liter-Box, die sich in nur sieben Wochen bis zum Rand mit kleinen Plastiklöffeln gefüllt hatte, die meisten sehr nachdenklich – Anlass für viele angeregte Gespräche mit den ehrenamtlichen Experten vom BUND.

„Der Spruch ‚ist das Kunst oder kann das weg‘ bekommt hier eine ganz neue Bedeutung,“ stellt die BUND-Vorsitzende Imke Zwoch sarkastisch fest. Nicht nur ihr ist es ein Rätsel, warum viele die paar Meter bis zum nächsten Abfallbehälter scheuen und stattdessen die einmalige Natur am Wattenmeer mit buntem Plastik „verzieren“. Zudem seien die Löffel absolut überflüssig: „Die Eiswaffel wurde vor etwa 125 Jahren erfunden, sie ist ein bewährter Vorreiter für umweltfreundliche ‚to-go‘-Verpackungen, denn traditionell schleckt man das Eis direkt aus der Waffel und kann diese dazu noch aufessen.“ Der BUND würde es sehr begrüßen, wenn die Eisverkäufer in Wilhelmshaven am Weltnaturerbe Wattenmeer auf diese unnötige Plastik-Beigabe verzichten könnten. Eine Eisbude hat zumindest schon auf Holzlöffel umgestellt. „Wenn die Kunden beim Kauf der Eiswaffel deutlich machen, dass sie keinen Plastiklöffel möchten, würde das sicher einiges bewegen.“

Foto: Imke Zwoch

Plastic is not fantastic * Foto: Imke Zwoch

Die Idee zu der Löffel-Aktion hatte BUND-Vorstandsmitglied Rainer Büscher. Vielen ist er als versierter Vogelexperte und Naturfotograf bekannt, er greift aber auch mal zum Bleistift, um die Schönheit der Natur festzuhalten. Beim StreetArt-Festival betätigte er sich erstmals als Straßenmaler: „Plastic is not fantastic“ nannte er sein Bild unseres Erdballs, in dem er, kombiniert mit verschiedenen Objekten, die Quellen des Eintrags von Plastik in die Ozeane visualisierte. Ob Eislöffel und anderes Makroplastik, das den Weg ins Meer findet, ob Fleece- und andere Kunststoffkleidung, die bei jeder Wäsche Mikroplastik ins Wasser abgibt, ob Abfälle aus der Schifffahrt bis hin zu Autoreifen, deren Abrieb zu mehr als 50% zur Mikroplastik-Belastung der Gewässer beiträgt: Auch hier kam man interaktiv mit den Besuchern ins Gespräch.

Am Ende zweier Festival-Tage mit Hunderten Besuchern und vielen interessanten Diskussionen wurde die Zahl der gesammelten Eislöffel bekannt gegeben: Genau 1.758 waren in der Box gelandet. „Gefunden haben wir noch viel mehr, aber die kaputten haben wir gleich entsorgt“, verrät Büscher. 344 Besucher beteiligten sich am Gewinnspiel, die Schätzungen lagen zwischen wenigen 100 bis hin zu 10.000. Der Wilhelmshavener Einzelhandel hatte drei Preise gespendet. Der Gewinner (Schätzung: 1750 Löffel) erhält eine hochwertige Edelstahl-Flasche, die man zuhause, in der Schule oder auf der Arbeit immer frisch mit Leitungswasser oder auch anderen Getränken auffüllen kann – ein langjähriger Begleiter, der tausende von kleinen Plastikflaschen spart, die sonst für den Durst zwischendurch gekauft werden. Gespendet wurde die Flasche von der Firma Unterwegs, die sich auch an der Initiative „Refill Deutschland“ beteiligt: Alle Läden, die einen „Refill“-Aufkleber am Eingang haben, füllen mitgebrachte Flaschen kostenlos mit Leitungswasser auf. Für die zweitbeste Schätzung (1773) gibt es einen „Typisch Wilhelmshaven“-Turnbeutel-Rucksack aus robuster bio&fairtrade-zertifizierter Baumwolle, gespendet von Speed&Cotton. Der Drittplatzierte (1787) erhält ein Buch über die Tierwelt des Wattenmeeres, gestiftet von der Buchhandlung Gedankenflieger. Die Gewinner*innen werden schriftlich benachrichtigt.

Beim „Langen Tag der Stadtnatur“ am 18. und 19. August im Stadtpark ist die BUND Kreisgruppe Wilhelmshaven wieder mit einem Infostand, Führungen und weiteren Aktionen vertreten.

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