Rede für die Stadt
Aug 042018
 

Florian Wiese: Club der Visionäre

Seit mehreren Wochen findet die Sommerreihe „Zehn Reden für die Stadt“ zum 150-jährigen Stadtjubiläum Wilhelmshavens statt. Sie wird veranstaltet vom Ev.-luth. Kirchenkreis Friesland-Wilhelmshaven, der Citykirche Wilhelmshaven (Christus- und Garnisonkirche) und vom Rogate-Kloster Sankt Michael zu Berlin.
Wir dokumentieren die Rede des Wilhelmshavener Ratsherrn Florian Wiese (Die Linke)

Sehr geehrte Damen und Herren,  liebe Gäste, liebe Stadtreden-Gemeinde,

für die Einladung, eine Rede in der Reihe: „Zehn Reden für die Stadt“ halten zu dürfen, danke ich sehr. Gespannt bin ich, was Sie von meiner „Vision“- Wilhelmshaven 2050 denken.
Einladen möchte ich Sie, mit mir auf die Reise zu gehen.
Eine Gedanken-Reise, die aufzeigen soll, wie viel Potential unsere Stadt hat. Daher möchte ich Ihnen von meinen Hoffnungen – und von meinen Träumen erzählen.
Eine Ideen-Reise, die zu einem guten Ziel führen und – möglichst – Ihre Fantasie ebenfalls anregen soll. Ich würde es mir wünschen.

Foto: Br. Franziskus Aaron RGSM

Foto: Br. Franziskus Aaron RGSM

Diese Stadt und die Region Nordwest sind Heimat für mich, hier lebe und arbeite ich gerne. An so vielen Ecken und Kanten der Jadestadt entdecke ich Möglichkeiten und Chancen.
„Wenn man nix tut, tut sich auch nix“: Diesen Satz hat Annemarie Rasche, eine Ladeninhabern aus der Südstadt, auf Textilbeutel drucken lassen. Und sie hat mit diesem Appell Recht!
Meine Rede soll daher auch ein Signal an alle Skeptiker und Dauerkritiker sein, also, an jene, die der Stadt und ihren Potentialen keine Chancen geben, statt mit anzupacken und zu gestalten.

Unsere Reise beginnt mit Zahlen.

Wilhelmshaven, 31. Dezember 2017. Das Jahr ist vorbei. Laut der Statistik leben an diesem Tag 79.181 Einwohnerinnen und Einwohner in der Jadestadt. Das durchschnittliche Alter beträgt 46,1 Jahre. Der Ausländeranteil beträgt 9,7 Prozent. Die Arbeitslosenquote liegt bei 10,5 Prozent.

2018: Es gibt keine andere Stadt in Niedersachen, die einen so hohen Anteil an Kinderarmut zu verzeichnen hat, wie Wilhelmshaven. Das hat eine Studie der Bertelsmann-Stiftung herausgefunden. Demnach lebten im Jahr 2015 in Wilhelmshaven 30,9 Prozent der Kinder in Familien, die auf Grundsicherung angewiesen sind.
Wir reden über keine Luxusprobleme, sondern darüber, dass Menschen in unserer Stadt in oft vielfältigen, sozialen Notlagen leben – und das hat nicht nur mit Geld zu tun.

2019:  Das Jahr des 150-jährigen Stadtjubiläums der Stadt. Zivilgesellschaft, Bürgerinitiativen, Organisationen und Parteien schließen einen Zukunftspakt. Der Rat der Stadt kommt nun zweimal monatlich zusammen, um gemeinsam und lösungsorientiert zeitnah die besten Lösungen zu finden, die unsere Stadt nun in großen Schritten voranbringen soll.
In den meisten größeren Stadtteilen gibt es jeweils ein „Zukunftsbüro“. Dort werden Ideen gesammelt und diskutiert.
Alle Initiativen der „Stadtteil-Regionen“ kommen regelmäßig im Zukunftsbüro zusammen und besprechen neue Ansätze für das eigene Umfeld.
In einem neu eingerichteten „Zuhörladen“ trifft sich jeden Donnerstag der „Club der Visionäre“. Hier werden die Ideen aus den Stadtteilen vorgestellt und konstruktiv zusammengetragen.In dem Laden werden gedankliche Barrieren überwunden, ein echtes Vorzeigeprojekt. Hier schaffen wir einen Begegnungsort für alle.

2020: Freiräume sind eine Ressource für eine Stadt und keine Gefahr. Die Verwaltung hat akzeptiert, dass Kreativität, neues Denken und Offenheit für andere Wege die Stadt voranbringen. Der Kreativität wird nicht mehr mit Ablehnung und Misstrauen begegnet, sondern schöpferische Kräfte erfahren Aufmerksamkeit. Behörden und Stadtgesellschaft begegnen Neuem mit positiver Neugier und mit der Frage, wie etwas umgesetzt werden kann. Die Zeiten sind endgültig vorbei, wo Engagierte ausgebremst oder ignoriert werden.
Die Gökerstraße ist mittlerweile zwei- statt vierspurig. Stadtverwaltung und Politik nehmen die Bürgerbelange ernst und wollen nicht, dass Fußgänger und Radfahrer Angst haben müssen, die Gökerstraße zu nutzen. Auch Spielstraßen sind sicher geworden: Eltern können Kinder hier unbesorgt spielen lassen.

2021: Es beginnt die Zeit einer neuen Stadtplanung, die ihren Namen auch verdient. Es geht nicht mehr darum, möglichst viel an historischer Substanz verfallen zu lassen und abzureißen, sondern zu bewahren und historische Bauten zu erhalten, denn sie sind das städtebauliche Gedächtnis der Stadt.
Initiativen wie dem „Verein zum Erhalt Wilhelmshavener Baukultur e.V.“ haben wir dabei als Stadtgesellschaft schon jetzt viel zu verdanken, denn sie mahnen zu Recht einen besseren Umgang mit dem baulichen Erbe unserer Vorfahren an.
Politik und Verwaltung geben 2021 dem Drängen der Bürgergesellschaft nach, historische Bauten werden geschützt, der Denkmalschutz ernst genommen.
Neu diskutiert wird der Vorschlag von Dr. Stefan Huck vom Marinemuseum, den Antrag zu stellen, die wilhelminische Baukultur der Stadt in die Weltkulturerbe-Liste der UNESCO aufzunehmen.
Gerade, wenn man mit Touristen spricht oder mit Bürgern, die hierhergezogen sind, wird von manchen positiv ein gewisses Berliner Flair wahrgenommen. Das ist für die Zukunft auch weiterhin unser Markenzeichen, neben dem maritimen Charakter.

2022: Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet ziehen in die Region Wilhelmshaven/Friesland. Nicht, weil der Wohnraum so günstig ist,  sondern, weil die Menschen hier sicher sein können, dass es ein offenes Klima gibt und jeder eine Chance auf einen Neuanfang bekommt, einen Beruf zu erlernen oder etwas auszuprobieren.
Armut und Bildungsferne wird auch durch Bibliotheken, Familienzentren, Kirchen, den Wohlfahrtsverbänden und den Sportvereinen bekämpft. Es geht darum, Perspektiven und Handlungsalternativen aufzuzeigen. Politik und Verwaltung unterstützen die zivilgesellschaftlichen Partner. 2022 entstehen Zweigstellen der Stadtbibliothek in Fedderwardergroden und Bant als Anbauten der Familienzentren Nord und Süd. Gut ausgestattete Lese- und Spielräume werden angenommen und sind ausgelastet.
Es geht darum, neue Wege und Zugänge zu ermöglichen, die bildungsfernen Schichten so oft aus den verschiedensten Gründen verschlossen sind.
Als Buchhändler sage ich: Wissen ist Macht. Wissen kann dazu beitragen, die Welt zu verbessern und sie lebenswerter für alle zu machen.

2023: Kleine Betriebe und Existenzgründer sowie Startups haben die Chance, wirklich Neues zu schaffen, das führt zu einem spürbaren Aufschwung für Stadt und Region. Es gibt ein Klima der Wertschätzung und der Solidarität. Die Stadt wird zunehmend für Künstlerinnen und Künstler interessant.
Medien sprechen von „Wilhelms-Creative-Haven“, dem Ort, wo Träume realisiert werden. Dem Ort, wo Musiker jammen und die Welt verbessern wollen. Dem Ort, der geografisch gesehen, für manche eine Endstation, für viele aber der Beginn und ein Tor zur Welt ist.

2024: Plastik ist die Seuche des Jahrhunderts. Die Stadt hat alles getan, um den eigenen Anteil an der weltweiten Müllproduktion zu reduzieren, gerade auch wegen des Weltnaturerbe Wattenmeer, das sich um uns befindet. Wo immer es geht, verbannen die Wilhelmshavenerinnen und Wilhelmshavener Plastik aus ihrem Alltag. Einkaufen funktioniert, ohne dass Plastiktüten benötigt werden. Es gibt ein kluges Pfandsystem der Wilhelmshavener Unternehmen. In diesem Jahr überwiegt auch statistisch der Einkauf regionaler Produkte vor dem der von weit her transportierten Güter.
Aus der ehemaligen Bushalle an der Luisenstraße in der Südstadt ist eine Markthalle mit frischen Produkten aus Friesland geworden. Ein wetterunabhängiger Marktplatz, der eine wohnortnahe Versorgung garantiert, und, wo der Einkauf Spaß macht: Menschen treffen, klönen und tauschen sich aus.

2025: Auf Anregung der Diakonie und anderen  Wohlfahrtsverbänden, werden Kindertagesstätten und Seniorenheime in Wilhelmshaven zusammengelegt. Alt und Jung begegnen sich nun jeden Tag und freuen sich aufeinander. Selbstverständlich gehören auch Tiere in jede Einrichtung. Demente Menschen und Kinder freuen sich miteinander über die Vielfalt des Lebens und werden – dank des gut ausgebildeten Pflege – und pädagogischen und auch tariflich angemessen bezahlten Fachpersonals – bestmöglich begleitet und betreut.
Moderne Häuser sind für soziale Zwecke nah am Wasser entstanden – oder haben zumindest Wasserblick.
Es sind nicht noch mehr architektonisch langweilige Bauklötze, sondern gemeinschaftliche Einrichtungen für alle errichtet worden. Die Sicht aufs Meer, Hafen oder Banter See gehören für Nutzer zur liebenswerten Normalität.
Auch in der Stadtplanung wird in diesem Jahr erkannt, dass das Meer in der Sozialarbeit und der Pflege heilende Kräfte hat. Auch andere soziale und pflegerische Einrichtungen bekommen von der Stadt für symbolische Preise Grundstücke nah am Meer, am Banter See oder dem Hafen zugewiesen, um Menschen in schwierigen Lagen die Nähe zum Wasser zu ermöglichen.

2027: Seit fünfzehn Jahren fahren Elektrobusse durch die Stadt. Die Dieselbusse gehören lange der Vergangenheit an. Angefangen hatte es mit einem autonom fahrenden Elektrobus auf der Strecke Hauptbahnhof – Südstrand.
Endlich war – dank der selbstfahrenden Busse – eine regelmäßige Anbindung des Südstrandes erfolgt. WLAN wurde bereits 2019 in jeder Buslinie der Stadtwerke eingeführt.
In diesem Jahr nun endlich wird ein Straßenbahnnetz eröffnet, welches von Sengwarden als Expresslinie nach Voslapp, zum Jade-Weser-Port und den Logistikhallen quer durch die Stadt führt. Es gibt ein dichtes Haltestellennetz, damit auch gehbehinderte Menschen leicht den öffentlichen Personennahverkehr nutzen können.
Straßenbahnfahrten sind für die Wilhelmshavener Bevölkerung so attraktiv geworden, dass fast 80 Prozent aller privaten Autofahrten im Stadtgebiet weggefallen sind.
Die Straßenbahnen steuern auch den Flugplatz Mariensiel an, wo klimaneutrale Flugzeuge schnelle Verbindungen auf die Inseln und nach Hamburg, Amsterdam, London und Köln ermöglichen. Friesland beteiligt sich an dem Projekt sowie Wittmund.
Neue und auch alte Bahnlinien sind wieder neu entstanden. Mit der Bahn ist Ostfriesland schnell erreichbar. Davon profitiert das wirtschaftliche und soziale Leben der Region. Und natürlich sind wir wieder an das Fernbahnnetz der Deutschen Bahn angeschlossen. Ohne Umstieg sind Verbindungen nach Hamburg, Berlin und Frankfurt möglich.

2028: Bürgerbegehren sind für die Wilhelmshavener wichtig geworden. Die Digitalisierung hat die kommunale Demokratie positiv beeinflusst. Über Anregungen über städtische Belange, wie die Stadtplanung, können alle Wahlberechtigten digital abstimmen bzw. ein Meinungsbild abgeben. Die jeweiligen Begehren müssen Minderheitenrechte und das Grundgesetz achten und dürfen nicht diskriminierend sein. Diese Form der direkten Demokratie hat zu einer höheren Identifikation mit der Stadt und der Region geführt. Die Klagen über manche nicht nachvollziehbare politische Entscheidungen sind durch Beteiligungs- und Meinungsbildungsprozesse großer Teile der Bevölkerung abgelöst worden. Rat und Verwaltung profitieren von den breiten und auf vielen Ebenen geführten Diskussionen.

2029: Die Wilhelmshavener Bevölkerung hat mittels eines Bürgerbegehrens den Bau eines neuen Stadtteils beschlossen. Am Handelshafen entsteht „Neu Groningen“: Ein holländisches Viertel mit kleinteiliger Wohnbebauung.
In das Gesamtensemble wird das Städtische Lagerhaus, die Gebäude des alten Schlachthofs und das alte Jadebad einbezogen. Wohnen, Arbeiten, Kultur und Erholung sind hier integriert. Die Bauten sind energieautark, nachhaltig wird in der gesamten Stadt gebaut. Wohn- und Arbeitswelt werden nachhaltig und lebensfreundlich gestaltet. Das Pendeln gehört für die meisten der Vergangenheit an.

2031: Die Unternehmen, die vor 13 Jahren noch entlang des Kanals tätig waren, wurden an den Hannoverkai umgesiedelt. Die Lebensqualität steigert sich enorm. Industrielle Feinstaub- und  Lärmemissionen verschwinden aus der Innenstadt.

2035: Die Anzahl der Hausboote im Hafen steigt an. Wir haben von den Niederländern gelernt.
Die Begeisterung der Wilhelmshavener, die Dächer zu begrünen, ist erheblich gestiegen. Davon profitiert die Stadtökologie und das –klima beträchtlich.

2040: Der ehemalige Schlachthof, der nicht bebaut worden ist, hat sich zu einer „grünen Lunge der Südstadt“ entwickelt; Die Kiebitzkolonie hat sich wieder dort angesiedelt und brütet jährlich auf dem Gelände. Der nun naturnahe Raum ist für Kitas und Schulen zu einem wichtigen Bildungsort in der Stadt geworden. Senioren der Südstadt und alle anderen aus der Nachbarschaft erfreuen sich über diesen guten Ort, der Mensch und Natur verbindet.

2041: Das selbstverwaltete Jugendzentrum, auf dem ehemaligen Gelände der Südzentrale, feiert 20-jähriges Bestehen.

2042: Die hohe Arbeitslosigkeit gehört seit vielen Jahren der Vergangenheit an. Auch die Geflüchteten, die bestens integriert sind, haben an dieser erfolgreichen Entwicklung beigetragen.
Die Fluchtbewegungen des neuen Jahrtausends haben grausam gezeigt, dass die alte Weltwirtschaftsordnung in dieser Form Verlierer produziert. Sie ist überwunden.

2050: Für den Hass der Rechtspopulisten und deren einfache Antworten auf komplexe Fragen ist kein Platz in unserer Region. Wir haben uns für ein solidarisches Miteinander entschieden und leben Integration aus Überzeugung und mit Gewinn. Wir hier verachten Hetze, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.
Die Ausbeutung Afrikas über Jahrhunderte hinweg, hatte zur Folge, dass Lebensgrundlagen auf dem großen Kontinent nicht mehr ausreichen und sich Menschen auf den Weg machen, weil sie in Sicherheit leben möchten. Sie ist beendet und durch einen gerechten Welthandel abgelöst worden.

Soweit meine Visionen für die Zukunft.

Papst Franziskus sagte: „Die Personenwürde hängt nicht davon ab, ob man Bürger, Migrant und Flüchtling ist. Das Leben derer zu retten, die vor Krieg und Elend fliehen, ist ein Akt der Menschlichkeit.“
Also, lassen wir es gemeinsam anpacken und die Grenzen in unseren Köpfen überwinden und ein neues Kapitel aufschlagen.
Wir sollten Kinder unserer Stadt stark für das Leben machen, damit sie alle Chancen erkennen und bekommen, damit sie sich entwickeln und entfalten können. Dazu gehören gut ausgestattete Kitas und Schulen. Und hier könnte ich eine weitere Runde von Zukunftsvorstellungen eröffnen. Ich will es aber nun dabei belassen.
Nicht alles, nicht jede Problemlage und nicht jede Herausforderung unserer Gegenwart habe ich in meine Vision für die nächsten Jahrzehnte einfließen lassen. Damit will ich keine Gewichtung vornehmen, was weniger bedeutsam oder zu vernachlässigen ist. Mir geht es heute darum, Lust zu machen auf eine positive und kreative Entwicklung unserer Region und unserer Stadt.
Es ist eine Sammlung von Ideen, die durch diese Einladung des Kirchenkreises Friesland-Wilhelmshaven und des Rogate-Klosters an mich, für eine „Rede für die Stadt“ zu halten, entstanden sind.
Es sind Visionen, die ich zu Papier gebracht habe und Ihnen vorstellen durfte. Fantasien, die uns – vielleicht weiterbringen, um Stadt und Region eine gute Zukunft zu ermöglichen. Eine Zukunft in Freiheit, mit einer demokratisch gesinnten Mehrheitsgesellschaft, die Würde aller Menschen achtet, die Minderheiten und ihre Bürgerrechte schützt, die Ökologie und Ökonomie zusammenbringen will. Der Wunsch nach Nachhaltigkeit und Chancengleichheit, nach Respekt und Anteilnahme, nach Solidarität und Menschlichkeit trägt mich dabei und treibt mich in meinem Engagement an. Dafür will ich mich – auch weiterhin – einsetzen.

Liebe Zehn-Reden-Gemeinde, nächstes Jahr feiert Wilhelmshaven das 150-jährige Bestehen. Unser Abend heute steht ja bereits in der Reihe der Veranstaltungen zum Fest. Die Stadtverwaltung hat dafür den Titel kreiert: „Aus Tradition im Wandel“.
Für mich ist Wilhelmshaven mehr, als nur Krieg, Kaiser, Kriegsmarine und Rüstung, das habe ich durch meine Zukunftsvision versucht zu zeigen.
Ich träume von einer Stadt des Friedens. Mich stört es, wenn nun aktuell durch die Verwaltung altes Filmmaterial bemüht wird, das ausschließlich Eindrücke zeigt, die nur in Zusammenhang mit Krieg und Konflikten stehen. Dreikaiserreich, Stapellauf des Schlachtschiffes „Tirpitz“. Da ist doch keine Aufbruchstimmung bemerkbar! Das ist doch kein Anreiz für Jugendliche, aber auch für die älteren Generationen, erkennbar, um sich für die Stadt zu freuen und in die Zukunft zu schauen.
Der aktuelle Umgang mit der Geschichte der Garnisonkirche zeigt positiv, dass die Zukunft in der Aufarbeitung und zum Teil Überwindung des Militarismus liegt. Das Magazin „Chrismon“ hat über die Christus- und Garnisonkirche vergangenes Jahr anerkennend getitelt: „Schluss mit dem Helden-Tamtam“.
Auch der Blick hier auf das Mahnmal im linken Seitenschiff und seine Überschrift ist beispielgebend für ein mögliches anderes Geschichtsverständnis der Stadt: „Sie alle starben. Für ihr Vaterland?“ Daraus sollten wir für Wilhelmshaven lernen!

In der zweiten biblischen Lesung heute Abend hörten wir aus dem Buch des Propheten Micha: „Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Kein Volk wird gegen das andere das Schwert erheben, und sie werden fortan nicht mehr lernen, Krieg zu führen. Ein jeder wird unter seinem Weinstock und Feigenbaum wohnen, und niemand wird sie schrecken.“
„Schwerter zu Pflugscharen“ ist ein Teilzitat, das zur Redewendung geworden ist. Diese drückt das Ziel des Völkerfriedens durch weltweite Abrüstung und Rüstungskonversion aus. Ab 1980 wurde das Zitat zum Symbol staatsunabhängiger Abrüstungsinitiativen in der DDR, das auch Teile der westdeutschen Friedensbewegung übernahmen, auch am Jadebusen.
Ich wünsche mir, dass wir dem Frieden, ob gesellschaftlich, politisch oder beim Militär eine größere Beachtung und mehr zivilgesellschaftliches Engagement zukommen lassen würden. Ohne Frieden ist alles nichts.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

 

 

 

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