Banter See: Augenwischerei
Jan 082015
 

CDU will Naherholungsgebiet zum Naherholungsgebiet entwickeln

Die Freizeitgärten am Nordufer des Banter Sees sollen verschwinden. Foto: Gegenwind

Die Freizeitgärten am Nordufer des Banter Sees sollen verschwinden. Foto: Gegenwind

(iz) In einem WZ-Bericht empörte sich jetzt Stephan Hellwig erneut darüber, dass Freizeitgärtner am Banter See gegen das Baurecht verstoßen haben. Dort stand zu lesen: „Nach den Vorstellungen von CDU und SPD soll der Banter See zum Naherholungsgebiet für alle Wilhelmshavener und deren Gäste entwickelt werden“. Häh?


Seit Jahrzehnten nutzen Wilhelmshavener/innen (und ihre Gäste) den Banter See bzw. seine Ufer zum Spazierengehen, Joggen, Vögel beobachten, Radfahren, Sonnen, Grillen, Schwimmen, Tauchen, Boot fahren oder Surfen. Nur im nordwestlichen Teil ist der Zugang einschließlich Ufer durch gewerbliche Nutzung großräumig versperrt. In einigen Abschnitten ist ein direkter Zugang zum Wasser nicht möglich, weil das Gelände von Freizeitgärten oder Wassersportvereinen bis ans Ufer reicht, aber parallel dazu kann man den öffentlichen Rundweg nutzen. An der Südseite kann man, hinter den Freizeitgärten am Grodendamm, fast durchweg mit Blick aufs Wasser laufen – Wald, dann das Naturfreibad Klein Wangerooge, Wald, dann wieder offenes Gelände im Bereich des Surfclubs (öffentlich zugänglich), schließlich wieder Wald bis zum Naturschutzgebiet Bordumer Busch.

Mehr Naherholung geht nicht.

Der historisch bedeutsame Bunker ist Schutt und Asche. Foto: Gegenwind

Der historisch bedeutsame Bunker ist Schutt und Asche. Foto: Gegenwind

Die GroKo aus CDU und SPD will einen Großteil der Freizeitgärten verschwinden lassen. Aus den Liege- und Spielflächen des Freibades soll ein Campingplatz werden, westlich davon sollen neue Freizeitgärten entstehen. Und auf der grünen Brachfläche am Nordostufer ist Wohnbebauung für gehobene Geldbörsen geplant („Banter See Park“). Dort wurde in den letzten Monaten für eine halbe Million Euro ein Bunker abgerissen, der als Mahnmal und Museum erhaltenswert gewesen wäre. Dabei ist der Vertrag mit dem Investor für die Wohnbebauung noch nicht einmal in trockenen Tüchern.

Gleichzeitig plant das Recyclingunternehmen (Alba, früher Jadestahl) nördlich der Emsstraße zu expandieren. „Ende des Jahres hat das Recycling-Unternehmen angekündigt, den Standort mit einer zweistelligen Millionen-Euro-Investition sichern und neue Arbeitsplätze schaffen zu wollen. Der Betrieb soll um ein Kompetenzzentrum für Nicht-Metallverarbeitung ergänzt werden, dass auch mit dem Betrieb im JadeWeser-Port gekoppelt werden soll.“ (WZ 6.1.2015) Üblicherweise versinkt die CDU in tiefer Demut, wenn von Arbeitsplätzen und JadeWeserPort die Rede ist. In diesem Fall aber „müssten die Hauptwohnbereiche der noch zu bauenden Häuser zur Seeseite hin ausgerichtet werden, damit dem gesetzlich geregelten Schallschutz Genüge getan wird.“ Hauptwohnbereiche? „Selbst bei der Erweiterung des Recyclingunternehmens wäre es aus Lärmschutzgründen juristisch denkbar, dass nebenan hochwertige Wohnungen gebaut werden könnten.“ Viel Spaß dabei. Und was ist ist mit den Erholungssuchenden, die den verbliebenen Uferstreifen nutzen? Dürfen sie noch feiern, grillen, Musik machen? Und die Seeschwalben, dürfen sie noch schreien? Was ist, wenn solcher Lärm in teuer erkaufte „Hauptwohnbereiche“ dringt?

Wo jetzt die Bäume sind (links vom Columbia), sollen sieben mehrgeschossige Wohnhäuser entstehen. Foto: Gegenwind

Wo jetzt die Bäume sind (links vom Columbia), sollen sieben mehrgeschossige Wohnhäuser entstehen. Foto: Gegenwind

In den letzten Jahren wurde versucht, eine Neiddebatte anzuheizen gegenüber den „Privilegierten“, die einen Freizeitgarten am Banter See ihr eigen nennen. Die breite Masse ohne Garten musste (und konnte) sich derweil an den unbebauten, naturnahen Uferbereichen ausbreiten. Wir werfen mal die Frage in den Raum, warum die breite Masse nicht neidisch sein sollte auf jene, die zukünftig ihr Wohnmobil dort aufstellen, wo sich zuvor alle im Sommer lümmeln durften (Klein Wangerooge), oder auf wahrhaft Privilegierte, die sich eine Wohnung im Banter See Park leisten können?

Auch die BASU hat sich in einer Pressemitteilung vom 6.1. Gedanken zu den Aussagen der CDU zur Beplanung des Banter Sees und speziell zum Begriff „Naherholungsgebiet für alle Wilhelmshavener und deren Gäste“ gemacht. „Mal ganz davon abgesehen, dass viele Wilhelmshavener den Banter See genau zu diesem Zweck schon seit langer Zeit nutzen, erscheint die CDU-Interpretation dieses Begriffes doch sehr speziell zu sein.
Wikipedia: “Ein Naherholungsgebiet ist ein üblicherweise nicht bebautes Gebiet in der Nähe von Großstädten oder Ballungsgebieten, das wegen seiner Bedeutung für die Erholung und Freizeitgestaltung der Bevölkerung bekannt ist. So werden zum Beispiel Wälder, Seenlandschaften oder Sportflächen als Naherholungsgebiete bezeichnet. Das Naherholungsgebiet besitzt jedoch nicht zwangsläufig den Status eines Naturschutzgebietes.“

“Üblicherweise nicht bebaut“???? Das scheint die GroKo im Rat der Stadt anders zu sehen, denn am Nordufer hat man bereits ein Baugebiet ausgewiesen und vermarktet, lediglich die Unterschrift des Investors lässt noch auf sich warten. Sieben Häuser mit je 22 Wohnungen sollen dort entstehen – also 154 Wohnungen – und das nur einen Steinwurf von der Wiesbadenbrücke, die von Spar-und Bau ebenfalls mit Mehrfamileinhäusern bebaut werden soll.
Doch auch das soll noch nicht alles gewesen sein. Im November 2014 wurde vom Rat ein Handlungskonzept zum Stadtentwicklungsprozess Step + beschlossen, das den Banter See einschloss. Auch am Südufer soll künftig eine Wohn- und sogar Gewerbebebauung stattfinden. Dazu möchte man die dortigen Freizeitgärtner vertreiben.

Genau in dem Bereich, der von Umweltschützern und Naturfreunden als einer der am schutzwürdigsten ausgewiesen wurde, möchte man einen Campingplatz errichten. Eingeschränkt wird dadurch und durch ein Gebiet, in dem neue Freizeithäuser entstehen sollen, die Badestelle „Klein Wangerooge“. Ja wirklich, genau das, was Wilhelmshavener Bürger bisher in erster Linie mit dem Banter See als Naherholungsgebiet verbanden, soll unter dem neu definierten Begriff nun nicht mehr dazugehören.

Mit einem blauen Auge davongekommen sind anscheinend die anliegenden Wassersportvereine. Nachdem sie nach der ersten Ratsvorlage noch an einem Punkt zusammengefasst werden sollten, sollen sie jetzt in ihrem bisherigen Bereich eine Pachtverlängerung bekommen haben. Schriftliches dazu hat man aber noch nicht gesehen.

Bleibt allein der vielgepriesene „Uferwanderweg“, von dem keiner so recht weiß, warum er denn unbedingt überall am Wasser längsführen soll, zumal das in einigen Bereichen gar nicht möglich ist. Dabei hätte die Stadt mit der Pflege und Instandsetzung des bereits existierenden „Rundwegs Banter See“ genug zu tun.

Dazu erklärt Anette Kruse-Janßen, Vorsitzende der BASU,:“Auch wenn vielleicht einige Pächter angesichts der politischen Übermacht von CDU und SPD schon resigniert haben, gibt es doch noch genug Menschen und durchaus nicht nur Freizeitgärtner, die sich gegen diesen Unsinn wehren, besonders, wenn sie begriffen haben, dass man aus ihrem bisherigen Naherholungsgebiet ein gehobenes Wohnquartier machen möchte.“

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