Wohnen
Aug 101992
 

Wohnraum für Alle

Der Wohnraummangel trifft nicht nur die sozial Schwächsten

(hk) Im Mai 1990 bildete sich in Wilhelmshaven der Arbeitskreis „Wohnraummangel“. Heute, gut zwei Jahre später, sieht sich der Arbeitskreis veranlaßt, sich einen neuen Namen zu geben: „Wohnraum für Alle“. Welche Hintergründe zu dieser Namensänderung führten, beschreibt der folgende Artikel.

Der Arbeitskreis „Wohnraummangel“ existiert seit Mai 1990. Zu der Zeit fanden sich MitarbeiterInnen verschiedener Einrichtungen zusammen, um sich über die in Wilhelmshaven ständig zuspitzende Wohnraumsituation auszutauschen.
Seit seiner Gründung tritt der Arbeitskreis mit Informationen über die Wohnraumsituation an die Parteien, an Rat und Verwaltung heran, informiert die Öffentlichkeit, veranstaltet ein öffentliches Hearing zum Thema „Wohnraumnot in Wilhelmshaven“, schlägt Präventivmaßnahmen vor (Schaffung von Wohnraum durch die Stadt) und fordert immer wieder die Einrichtung einer „Fachstelle zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit“.
Im August 1992 benennt sich der Arbeitskreis „Wohnraummangel“ in Arbeitskreis „Wohnraum für Alle“ um. Die Umbenennung trägt der Tatsache Rechnung, dass längst nicht mehr nur sozial Benachteiligte und gesellschaftliche Randgruppen unter den erschwerten Wohnungsbedingungen leiden, sondern auch Alleinstehende und Familien mit unterem und mittlerem Einkommen.

Unter erschwerten Wohnungsbedingungen ist zu verstehen:
  • Die Mieten steigen dramatisch; aus diesem Grund stehen besonders in der Südstadt viele Wohnungen leer.
  • Die Mietsuchenden haben Schwierigkeiten, die zum Teil sehr hohe Maklercourtage oder Kaution aufzubringen (für die Vermittlung werden bereits 2 bis 3 Monatsmieten plus Bearbeitungsgebühren verlangt).
  • Es fehlt an kleinem Wohnraum für Einzelpersonen.
  • Es wird vermehrt unzumutbarer, kaum zu bewohnender, fast menschenunwürdiger Wohnraum zu überhöhten Mieten angeboten. Somit ist eine Verschuldung vorprogrammiert, was wiederum zu einer Zwangsräumung und Obdachlosigkeit führen kann.
  • Die Mietsuchenden können die Forderungen und Bedingungen der Makler kaum noch erfüllen. Das Bild eines potentiellen Mieters wird immer enger gefaßt; sie wollen sie z.B. keine Arbeitslosen, keine SozialhilfeempfängerInnen, keine Alleinerziehenden, keine kinderreichen Familien, keine zu jungen Leute und keine AusländerInnen. Somit sind nicht nur „mietunfähige Personen“ von Wohnungslosigkeit/ Wohnraummangel betroffen, sondern ALLE!

Aus diesen Gründen ist der Arbeitskreis zu dem Ergebnis gekommen, daß die Einrichtung einer ämterübergreifenden „Fachstelle zur Verhinderung von Wohnungslosigkeit“ bei der Stadt Wilhelmshaven ein wichtiger und richtiger Ansatz ist. Von dieser Fachstelle aus, die nach Einschätzung des Arbeitskreises kein zusätzliches Personal beanspruchen müßte, soll die Arbeit von Sozial- und Ordnungsamt koordiniert werden.
Abschließend fordert der Arbeitskreis „Wohnraum für Alle“, daß die Stadt den Bau von neuen Mietwohnungen fördern müßte. Auf Grund der momentanen gesetzlichen Förderungsbestimmungen wird nach Einschätzung des Arbeitskreises wohl kaum neuer Wohnraum entstehen, weil der darin festgesetzte Quadratmeterpreis von 8.- DM keineswegs kostendeckend ist, sondern bei etwa 20.- DM liegt.
Der Arbeitskreis „Wohnraum für Alle“ trifft sich jeden 2. Donnerstag im Monat um 17.00 Uhr im WBZ im Gewerkschaftshaus, Kielerstr. 63.
Der Arbeitskreis ist momentan noch nicht in der Lage, Beratungen für Wohnungssuchende oder -lose durchführen.

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