Anklage gegen Dr. Eickmeier noch im Januar erwartet.
Eickmeier geht. Ein letzter Kniefall des Rates?
(woku) Wie wir aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen erfuhren, wird der Rat der Stadt Wilhelmshaven den krankgeschriebenen Oberstadtdirektor Dr. Gerhard Eickmeier in einer nichtöffentlichen Sitzung am 18.1.1984 von seinen Amtspflichten entbinden – und ihm „Ausgleichszahlungen“ zugestehen?
Offizielle Begründung: Die angeblich dauernde Dienstunfähigkeit Dr. Eickmeiers.
Zweck der Unternehmung: Die in Kürze erwartete. Anklage gegen Dr. Eickmeier wegen Betruges, soll „zum Wohle der Stadt“ nicht den Oberstadtdirektor, sondern einen Privatmann treffen. Einen Rücktritt würde der Bürger als Schuldeingeständnis werten. Nach Gegenwind-Informationen bemüht sich Dr. Eickmeier z.Z. um günstige Konditionen für seinen Abgang.
Der Terminkalender sieht Insidern zufolge so aus:
Die Anklage soll bis zu, 19.1. in den Schubladen des Amtsgerichtes bleiben. Am 16.1. wird die SPD-Fraktion – die Dr. Eickmeier im August bekanntlich einen Persilschein ausstellte – ihr Verhalten festlegen. Sie muß ihr Gesicht wahren. Einen Strich könnte der Staatsanwalt durch diese Rechnung machen, falls er vor dem 18. Januar mit der Anklageschrift an die Öffentlichkeit geht. (Stand 8.1.1984)
Sumpfblasen
Nach einem halben Jahr ungewissen Wartens kommt in den durch das Buch „Dreckiger Sumpf“ hervorgerufenen „Fall Eickmeier“ wieder Bewegung. Nach Gegenwind-Informationen stehen die Ermittlungen gegen Dr. Eickmeier unmittelbar vor dem Abschluß.
„In ein paar Wochen bin ich wieder da.“ Mit solchen und ähnlichen Sprüchen pflegte in letzter Zeit ein ausgeruhter und gut erholt wirkender Eickmeier Optimismus zu verbreiten. Den rechtlichen Maßnahmen des krankgeschriebenen Oberstadtdirektors gegen die Autoren des „Dreckigen Sumpfes“ war zwar kein Erfolg beschieden; aber auch umgekehrt schien sich nichts zu bewegen: Reihenweise blieben Zeugen gegen Dr. Eickmeier stumm, die Vorwürfe schienen sich in nichts aufzulösen. Im Dezember versuchte der Verwaltungschef wieder Fuß zu fassen. Nur mit Mühe konnte er von seinem Genossen Eberhard Krell – wie es heißt – von der Wiederaufnahme des Verwaltungsratsvorsitzes der Wilhelmshavener Sparkasse abgebracht werden.
An einer Sitzung des Kreditausschusses der Sparkasse, der höchst vertrauliche Dinge bearbeitet, durfte er immerhin schon als Gast teilnehmen. Gegen Jahresende begannen sich Politik und Verwaltung auf die Rückkehr Dr. Eickmeiers einzurichten. Mit gemischten Gefühlen. In der Verwaltung sind die Karten inzwischen neu gemischt. Der Kämmerer Dr. Norbert Boese (SPD) und der Stadtrat Horst Engstler (CDU) nutzten die bürokratische und mehr mit Druck und Amtsautorität als Überzeugung arbeitende Leitung der Verwaltung durch deren derzeitigen Chef Dr. Hans-Jürgen Meyer-Abich. Ein Mitarbeiter: „Es gibt keinen Kopf. Meyer-Abich hält sich überall raus. EngstIer und Boese profilieren sich.“ Beiden wird Interesse an der Eickmeier-Nachfolge nachgesagt.
Nicht ohne Unbehagen wartet Eickmeiers Partei, die SPD. Ein Funktionär: „Wenn der wiederkommt können wir die nächste Kommunalwahl gleich vergessen.“ Andere hingegen sind froh über die schnelle Solidarisierung der Partei mit dem angeschlagenen Verwaltungschef schon wenige Tage nach Erscheinen des Buches: „Immerhin wenigstens ein Feigenblatt.“
Das bange Warten wird noch in diesem Monat ein Ende haben. Wie wir aus gut unterrichteter Quelle erfahren konnten, sind die staatsanwaltlichen Ermittlungen abgeschlossen. In mehr als zehn Punkten soll noch im Januar gegen Oberstadtdirektor Dr. Gerhard Eickmeier Anklage wegen Betruges erhoben werden. (Stand 6.1.84)
Die Ära Eickmeier ist zu Ende. Die Nach-Eickmeier-Zeit hat begonnen. Wenn Moral und Politik auch nur noch ein bißchen miteinander zu tun haben, nimmt „Eicki“ von selbst seinen Hut oder die Politiker werden ihn aus dem Sessel heben. Ein Ruhmesblatt kommunaler Verantwortung wird eine Beurlaubung oder Amtsenthebung des Oberstadtdirektors allerdings nicht mehr sein. Ein halbes Jahr hat der Rat bequem und untätig gewartet. Seine historische Stunde war bereits im August verstrichen.
Die SPD steht vor dem Scherbenhaufen falscher Solidarität. Die – wenn auch von vielen mit Magenschmerzen geheuchelte – Nibelungentreue der Partei zu „ihrem“ Verwaltungschef wird auf Jahre hinaus Kainsmal und schlechtes Gewissen der Sozialdemokraten bleiben. Wer sich jahrelang von „seinem“ übermächtigen Oberstadtdirektor von einer Identitätskrise in die andere stürzen ließ, braucht vor allem Ehrlichkeit und Offenheit, um wieder glaubwürdig zu werden. Nur dann dürfte die in den vergangenen Jahren prächtig gediehene Sumpfblume CDU an Wasserknappheit leiden
Der neue Verwaltungschef darf nicht aus Wilhelmshaven sein. Diese Stadt braucht jemanden, der unbefangen das Sumpfklima bekämpfen kann. Jemanden, der ohne äußere oder innere Verpflichtungen gegenüber Eickmeiers ehemaligen Mitkämpen die Belange unserer Bürger verwalten kann.
Wolfgang Kuschel
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