Chaos auf Hoher See
Theatermäßig gibt’s in unserer Stadt ja ganz schnuckelige Ideen: Das Sommertheater am Rosenhügel (aufgrund des nordischen Wetterrisikos leider mittlerweile pauschal im Zelt statt Open air), letztes Jahr Ballett im Dock und – nun schon im zweiten Jahr – „Mord auf Hoher See“, kriminalistisches Mitmachtheater an Bord der „Jadeperle“.
Dieses Mal stechen SchauspielerInnen und ZuschauerInnen gemeinsam vom Helgolandkai in See, um Don Antonios Asche dem Jadebusen zu übergeben. Seine liebe Familie ist allerdings mit seinem per Video übermittelten Testament nicht einverstanden, was allerhand Aufruhr und diverse gewaltsame Todesfälle nach sich zieht …Das in diesem Jahr von Frank Fuhrmann inszenierte maritime Mafiaspektakel fällt allerdings, nach Aussage verschiedener ZuschauerInnen, gegenüber dem Vorläufer erheblich ab. Gab es im letzten Jahr nur eine Mörderin zu ermitteln, so hatte Don Antonio an die 30 Familienmitglieder gegeneinander aufgebracht. Auch nach ordentlichem Studium des Programmheftes und bei intensiver Verfolgung der Dialoge und Auseinandersetzungen, die zeitgleich auf den verschiedenen Decks abliefen, waren die Strukturen der Familie und die Motive und Verkettungen der Morde schwer nachvollziehbar, so dass manche/r verwirrt und unbefriedigt von Bord ging.Erschwerend kam – bei der von uns besuchten Aufführung – hinzu, dass ein Teil der etwa 200 Gäste mit leerem Magen von Bord ging. Das war nicht im Sinne des „verstorbenen“ Don Antonio, der vor seiner Beisetzung jedem Gast ein Glas Prosecco und einen Teller Pasta zukommen lassen wollte. Der Oldenburger Partyservice „Karotte“ war nicht darauf eingestellt, dass Seeluft so hungrig macht, dass einige „Trauergäste“ mehrfach zuschlugen und andere dafür leer ausgingen. Nun ist Essen nicht das Wesentliche einer Theaterveranstaltung (wenngleich es hier Teil der Inszenierung war). Aber bei den Hungrigen, die für immerhin 45 DM Eintritt auch das versprochene Abendessen erwartet hatten, machte sich eine schlechte Grundstimmung für alles weitere bemerkbar. Darüber war auch Frank Fuhrmann nicht sehr glücklich. Mehr, als den Betroffenen eine Entschädigung zuzusagen, konnte er allerdings nicht tun.
Bei alledem darf man nicht vergessen, dass die Akteure als Laiendarsteller ehrenamtlich, d. h. auch nur für Prosecco und Pasta (sofern noch verfügbar) auftreten (und proben). Hochachtung! Auch wenn uns – und andere TeilnehmerInnen – diese Aufführung nicht vom Hocker gerissen hat: Die Idee ist klasse, und wenn beim nächsten Mal die Struktur des Geschehens straffer und übersichtlicher wäre und vielleicht auch die TeilnehmerInnen (ZuschauerInnen) – zwecks intensiverer Interaktion – auf eine kleinere Zahl begrenzt wären, dann wäre „Mord auf Hoher See“ ein echtes „Highlight“ des lokalen Kulturgeschehens. (iz)
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