Wohnungsbau Jade
Apr 272001
 

Gewinnmaximierung

(hk/noa) Als Wilhelmshaven durch den Verkauf der Wohnungsbaugesellschaft Jade nach Jahren der Haushaltsknappheit endlich mit einem Schlag fast schuldenfrei war, war die Erleichterung groß. Die Privatisierung der Jade hat jedoch eine ernsthafte Kehrseite.

Als kommunales Wohnungsbauunternehmen war die Jade – wenn auch nicht als gemeinnützig firmierend – in hohem Maß der Gemeinschaft verpflichtet. Für das WIWA-Projekt (Wohnen für junge Menschen in Wilhelmshaven) war sie ein zuverlässiger Partner. Jugendliche und junge Erwachsene, die aus der elterlichen Wohnung ausziehen wollen oder müssen, können sich an WIWA wenden und finden dort engagierte sachkundige und tatkräftige Hilfe.
Doch auch spürt man den neuen Wind, der seit dem Verkauf durch die Wohnungsbaugesellschaft weht. WIWA und auch die Diakonie und der SOS-Jugenddorfverein haben nun erhebliche Schwierigkeiten, den von ihnen betreuten jungen oder drogenkranken oder bisher wohnungslosen Leuten zu den eigenen vier Wänden zu verhelfen.
Die Jade gehört jetzt der Deutschen Bank, und deshalb weht da jetzt ein anderer Wind als zu städtischen Zeiten. Das soziale Verantwortungsbewusstein ist zwar noch in den Köpfen der MitarbeiterInnen, doch im Handeln sind Gewinnmaximierung bzw. Verlustreduzierung angesagt. Da lädt man sich nicht unbedingt Mieter auf, bei denen die Möglichkeit besteht, dass sie die Miete mal nicht pünktlich zahlen können oder dass sie gar beim Auszug Schäden hinterlassen, die zu beseitigen etwas teurer wäre. Deshalb müssen junge Mietbewerber bei der Jade jetzt einen Bürgen stellen, der für die Miete und eventuelle Schäden gerade steht, wenn bei den Jugendlichen oder jungen Erwachsenen nichts zu holen ist. Darin besteht aber gerade die Crux: Wenn jemand im Krach zu Hause auszieht, bürgen die Eltern eben eher nicht für ihr Kind.
Man sollte denken, dass es in einer Stadt mit mehreren Tausend leer stehender Wohnungen für niemanden ein Problem sein dürfte, ein Dach über dem Kopf zu finden. Doch das ist ein Irrtum. Für die Jade ist angesichts der Leerstände „Kundenorientierung“ wichtiger geworden. D.h. aber auch: Man will die „guten“ Kunden an sich binden, und da können drogenkranke Leute oder solche mit bunten Haaren in der unmittelbaren Nachbarschaft schon sehr hinderlich sein.
Die Diakonie hat einige Jade-Wohnungen angemietet, in denen wohnungslose Menschen die Chance haben, sesshaft zu werden. So etwas klappt. Für den SOS-Verein, der eine Jugendwohngruppe unterhält, stellte sich die geänderte Jade-Politik schon einmal als sehr schwierig dar. Ein Jugendlicher konnte nicht in eine eigene Wohnung entlassen werden, weil der geforderte Bürge fehlte. In diesem Fall hat SOS die Wohnung selber gemietet und an den jungen Mann untervermietet.
Fragt sich nur, was junge Menschen, die diese Unterstützung nicht haben, tun sollen, wenn sie sich von ihren Eltern abnabeln und einen eigenen Hausstand gründen wollen.

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