Wahlkampf
Okt 012001
 

Eine Woche im September

(hk) Der Wahlkampf zur Stichwahl zwischen Eberhard Menzel und Hans van Weelden war nach übereinstimmender Meinung eine „Schlammschlacht“. 

Der frisch gewählte eingleisige Oberbürgermeister Eberhard Menzel (den wir an dieser Stelle zu seiner Wahl beglückwünschen) machte das am Abend auf der Wahlfete im Pumpwerk deutlich: „Einen solchen Wahlkampf wünsche ich mir nicht noch einmal für Wilhelmshaven. Ein Wahlkampf, der geprägt war von Unwahrheiten, von Lügen, von persönlichen Diffamierungen. Ich habe es als charakterlos empfunden, Menschen mit einzubeziehen in die falschen Behauptungen, wie das Pflegepersonal des Pauline-Ahlsdorff-Hauses, das schickt sich nicht für einen Wahlkämpfer, so etwas zu tun. Wir wollen offen und wir wollen fair kämpfen.“

Wir wollen eine Woche Wahlkampf Revue passieren lassen:

Am 17.9. ging es eigentlich recht harmlos los:

OB 1

Dienstag, 18. September: Die SPD zeigt, dass sie treu zum Vaterland steht und keine Ausländer duldet:

OB 2

Am gleichen Tag behauptet Hans van Weelden, dass Menzel kneife und nicht an einer Diskussionsveranstaltung im Pumpwerk teilnehmen will. Offenbar, so van Weelden, habe Menzel Angst vor einem solchen Treffen. (WZ, 19.9.) Im gleichen Artikel taucht zum ersten Mal die angebliche Wahlbeeinflussung durch das Pflegepersonal des Pauline-Ahlsdorff-Hauses auf.
Das mit dem Holländer muss die CDU wohl hart getroffen haben – was ist schlimmer als ein Holländer? Na klar: ein Sozial-Versicherungs-Fachangestellter!

OB 3

Die SPD prangert in ihrer Anzeige wieder den Ausländer an und deckt auf, dass van Weelden gar nicht parteilos ist:

OB 4

Der 20. September: Es geht richtig los!
Die erbarmungslose Enthüllungsarbeit der SPD geht weiter. Hans van Weelden heißt gar nicht Hans! Ausländer ist er aber immer noch. Das müssen die Wähler doch so langsam mal merken!

OB 5

Zugegeben: In dieser Anzeige werden auch harte Zahlen genannt. Doch mit dem Satz, dass Aufträge der Raffinerie fast ausschließlich an holländische Firmen vergeben werden, senkt die SPD sich auf Rep-Niveau ab: Deutsche Arbeitsplätze für Deutsche!
In einem Rundumschlag zieht Hans van Weelden alle Register. Einige Zitate aus der Anzeige vom 20. September:
SCHADE dass Herr Neumann von der SPD-Ratsfraktion noch immer nicht weiß, wo Europa eigentlich liegt, und was es heißt, darin zu leben.
SCHADE dass Herr Menzel sich über eine mögliche Niederlage der Wilhelmshavener Raffineriegesellschaft beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg freut, ohne die Mitbürger darüber zu informieren, dass hierdurch 500 Arbeitsplätze bedroht sind.
ES FREUT MICH, dass Herr Menzel ein Jobangebot hat (ab dem 24. September bei der Firma e.on als Ingenieur tätig zu werden).
WZ 21.9.: „Großes Unverständnis, Empörung und teilweise Entsetzen hat die öffentliche Behauptung des CDU-Oberbürgermeisterkandidaten Johan Anton van Weelden ausgelöst, dass Oberbürgermeister Eberhard Menzel ein Angebot habe, ab dem 24. September als Ingenieur bei der e.on Kraftwerke GmbH in Wilhelmshaven tätig werden zu können.“
Heute Versicherungsangestellter – morgen Ingenieur? Hat da denn keiner den Witz erkannt?
Nun mischen sich auch noch die Grünen in den Wahlkampf ein. Deren Pressesprecher Buscher spricht von einer Schlammschlacht. Gekrönt wird die Einmischung der Grünen durch die Vorsitzende Erika Lach, die die Frage aufwirft, „weshalb denn ausgerechnet dieser Holländer für Wilhelmshaven die beste Alternative sein solle.“ Willkommen im Club!
Nun spielt van Weelden auch noch den Gekränkten:

OB 6

Van Weelden prahlt ja, wo er geht und steht, mit seiner wirtschaftlichen Kompetenz. Doch da hat der Ausländer die Rechnung ohne die SPD gemacht.

OB 7

Nun ist es an der Zeit, dass der alte Polit-Hase Wilfrid Adam einschreitet. Und das gleich mit einer 6-spaltigen, in dunklem Rot gehaltenen Anzeige!

OB 8

Der Tag vor der Wahl beginnt mit einem Schock: Eberhard Menzels Todesanzeige! Erst beim näheren Hinsehen entpuppt sich die vermeintliche Todesanzeige als schlechte Leistung des Setzers. Mehr oder weniger bekannte Lokalgrößen rufen zur Unterstützung Menzels auf.

OB 9

Die SPD fährt ihr schwerstes Geschütz auf: van Weelden als Sozial-Schmarotzer entlarvt, der seine Steuern im Steuerparadies Holland bezahlt!

OB 10

Und van Weelden? Er bedankt sich brav bei seinen Wählern:

OB 11

Welche Lehren können wir aus diesem Wahlkampf ziehen? Dass die SPD eine Partei mit deutlichen rechtspopulistischen Tendenzen ist? Nichts Neues! Dass ein Industrieboss besser seine Lobby bedient, als sich selbst dem Volke zu stellen? Eine Binsenweisheit! Dass die Grünen immer noch einen Tick besser sein wollen als ihre Zieheltern? Leider schon ein alter Hut! Was bleibt, ist die Frage, wie Eberhard Menzel seinen neuen Job meistern wird. Wird er zum Spielball der wortstarken Wilhelmshavener Interessengruppen? Kann er die anstehenden Probleme unserer Stadt lösen oder wird er farblos untergehen? Wir werden sehen.

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