Theda
Jul 011997
 

Mein liebn Kuddl!

Mann, bin ich kaputt. Ich bin nämmich neuerdings Grünpatin, is ganz was Verantwortungsvolles und setzt Zeichen. Is nämmich so, daß wir hier zwar grüne Stadt am Meer sein solln, aber so grün denn nun auch wieder nich, wie’s nu geworden is, weil die Stadt wieder mal keine Kohle hat für die Ausrupfer zu bezahlen. Deswegen sollen wir nu alle „angaschierte Bürger als unverzichtbare Ergänzung zur städtischen Grünpflege“ sein, sagt das Grünamt und bin ich das nu auch geworden. Komm ich nämmich gerade vom Adalbertplatz wieder und hab da erstmal die ganzen Dinger ausgebuddelt, weißt ja, die so aussehen wie Grünpörschings, mocht ich ja noch nie leiden. Klaas, kennst ja, mein Vetter, hat den ganzen Raketenschrott zum Schreddern abgefahren. Gute Idee das, mit den Grünpaten, kann man seine Stadt so richtig’n bischen mitgestalten, nich?Apropoh gestalten – unser Arbeitsamt hamse nu ja auch neu gemacht, richtig schön bunt und doppelt so viel Platz plötzlich, „kundenorientiert“ stand inner Wehzett, weiß nich, ob sie die Farben oder den Platz gemeint ham. Jedenfalls find ich’s schön, dasse die Flure mit den Stühlen, wo du stundenlang rumsitzen kannst, nun zu „sümpathischen Wartearealen“ gemacht ham, klingt doch gleich viel netter, sogar echtes Tageslicht kommt da jetzt rein, können die, die da immer sitzen doch richtig froh über sein und das mit der Arbeit kommt dann schon von ganz allein. Ich hätt da überhaupt schon ‘ne Idee, die können doch alle dem Doktor Herkules bei der Ausrottung von dem ganzen Bärenklau helfen, der is nämmich das wichtigste Thema neuerdings inner Wehzett, wo er doch ein „kaukasischer Einwanderer“ ist und bekämpft werden muß. Is aber bloß ‘ne Pflanze, nich daß du auf falsche Ideen kommst. Na, jedenfalls könnte man die ganzen Arbeitslosen da doch gut gegen einsetzen, wär auch fast’n Job fürs Leben, weil das Zeugs ja wuchert wie hasse nich gesehn. Und wenn die Stadt die Leute mal wieder nich bezahlen kann, dann machen sie’s einfach so wie dieser Seeräuber-Rathsherr am Südstrand mit seinen Zigeunermusikern beim Dschangofest: Labskaus für alle und gut is. Kommt billig, is nahrhaft und kann man gut Musik nach machen oder Stauden rupfen. Find ich gut, daß der immer so tolle Ideen hat.

Aber isser doch nicht der einzige, weil wir ham ja soviele kreatiefe Köpfe hier bei uns, z.B. den Hofmann, unsern Bürgermeister, der sowieso fast schon soviel unterwegs is wie der Papst, bloß nich so weit weg. Gerade hat er noch dem neuen Kunsthaus inner Kanalstraße eine Wilhelmshaven- Flagge geschenkt, die schon von weitem den Leuten zeigen soll, dasses da zum Kunsthaus geht, was ich unheimlich feinsinnich von ihm finde, weil ja jeder weiß, daß da, wo so’ne Fahne weht, einfach nur viel Kunst dahinterstecken kann, also, wo war ich, gerade hat er also das gemacht, da hat er beim Hafenschwimmen – das is wenn vierzig Leute durch’n Hafen schwimmen, Wasser hat 12 Grad und ein paar Hundert gucken zu – schon wieder Wiesjionen gehabt, daß das ‘ne feine Sache für die Expo 2000 sein könnte, wenn man dann der Welt mal so richtig vormacht, wie das geht, so’n Hafenschwimmen. Is doch Klasse, nich, so’n richtiger Knaller für die Expo, sagt auch der Krampf vonner Freizeit. Ich glaub das auch, stell Dir mal vor, was vor allem die Japaner dann wieder alles zu fotografieren hätten, ham die ja noch nie gesehn, sowas.

Bei den Chinesen is das, glaub ich, ’n bischen anners, da hat doch damals der Miau oder wie der hieß auch schon mal so’n großes Hafenschwimmen gemacht, aber das war bloß einfach so, ohne Expo und alles. Und das is ja auch schon länger her und war ja auch in China, is ja auch weit weg. Obwohl – ausser Wehzett wissen wir ja, daß China und Wilhelmshaven immer enger zusammenwachsen. Was unser einer Landtagsabgeordneter is, der Adam, der will zur Expo ein Treffen aller, aber auch aller Hafenstädte in Wilhelmshaven haben, und wer hat sich da wohl schon alles angemeldet, na? Tsingtau, jawoll, also sonst eigentlich noch nicht recht jemand, aber is ja auch noch’n büschen Zeit, und is vielleicht nur ‘ne kleine Hafenstadt, aber was für’n Hinterland, mein Kuddl, was für’n Hinterland.

So, nu is wieder Schluß für heute, war ja ziemlich viel Kultur diesmal, was mein Kuddl, aber von Ballermann, da hab ich schon lange nix mehr gehört, vielleicht sitzen die auch irgendwo und arbeiten an ihrem Beitrag für die Expo. Von mir jedenfalls ‘n dicken Knutsch

Dein Theda

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