Spießrutenlauf
Jul 011997
 

Mummenschanz mit Fritz und Friesen

Kaum ist in Wilhelmshaven der alte Kaiser rehabilitiert und wieder auf den Sockel gestellt worden, macht das Beispiel Schule. In Ostfriesland ist 1997 zum Jahr der Preußen ausgerufen worden. Ein Bremer Schauspieler wird vom 11.-20.7.als König Friedrich mit Roß und Reitern und Wagen auf Tournee durch die ostfriesische Fremdenverkehrs-Region geschickt.

In Esens beispielsweise werden ihn Bürgermeister und Rat am 16.7. um 10.30 Uhr kostümiert empfangen. Der Karneval scheint hier doch sehr zu fehlen. Die OstfriesenZeitung (29.1.97) hat unter der teil-ironischen Überschrift „Die Königstreuen sammeln sich schon“ empfohlen, Seiner Majestät ein Theaterstückchen über den damaligen „Gesangbuchstreit“ vorzuspielen. „Der Pöbel rottete sich zusammen und bedrohte sogar den Pastor“. Wenige Jahre später fand eine Revolution statt, in Frankreich, und nicht wegen Gesangbüchern.

Was fehlt auf dieser Reise, das ist zum Beispiel die Vorführung eines Spießrutenlaufs, an denen sich Seine Majestät so gerne ergötzte, vielleicht gerade nach einem unterhaltsamen philosophischen Plauderstündchen mit Herrn Voltaire. Die Gestraften überlebten in den seltensten Fällen. Eine weitere Attraktion könnte das Nasen- und Ohren-Abschneiden bei Deserteuren sein, das Friedrich zwischendurch auch schon mal außer Kraft gesetzt hatte.

In Emden wird mit Hochdruck daran gearbeitet, daß die Abdrücke der beiden Figuren des „Großen Kurfürsten“ und des zweiten Friedrich fertig werden und an ihrem alten Ort (bis 1945), im Stadtgarten, in unmittelbarer Nähe des Rathauses (jetzt „Ostfriesisches Landesmuseum“) in Anwesenheit Seiner Majestät wiederaufgestellt werden können. Nach dem 2.Weltkrieg hatte Emden sie vor die Tür, an die Knock, gesetzt. Nun steht also ihre Verdoppelung bevor. „In schlechten Zeiten rasseln die Säbel“ – nicht nur in Wilhelmshaven. (iz)

Von unserem Ostfriesland-Korrespondenten liegt zur Rückkehr des alten Fritz ein ganzseitiger Text vor, den wir leider aus Platzgründen in dieser Ausgabe nicht unterbringen konnten. InteressentenInnen können bei uns einen Sonderdruck erhalten.

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