Sponsoren
Jul 072008
 

Edle Spenden oder trojanische Pferde?

Wie e.on & Co. sich Sympathien erkaufen

(iz) Der Energieriese e.on ist sehr bemüht um die Sympathie der örtlichen Bevölkerung am Standort seiner Kraftwerke. Dabei setzt der Konzern zum einen auf die Schiene des Dialogs, zum anderen auf die Kraft des Sponsorings.

Kenne deine Feinde

Schon im Vorfeld der Anträge für ein weiteres Kohlekraftwerk in Wilhelmshaven wurden mit Hilfe einer Kommunikations-Agentur mögliche Kritiker ausfindig gemacht und freundlich-offensiv zum Gespräch eingeladen. Mitte Februar 2008 erhielt zum Beispiel der BUND Wilhelmshaven per Mail folgende Einladung: „Sehr geehrter Herr …, gerne kommen wir auf Sie als Vertreter des BUND zurück, um ein Gespräch mit Ihnen bezüglich des Dialogs zum KKW in Wilhelmshaven zu führen. Wenn es Ihnen Recht ist, würden wir Sie gerne am 18.2. abends um 17.30 in Wilhelmshaven treffen. Wenn möglich, kämen wir gerne zu Ihnen in die Geschäftsstelle des BUND. Es wäre sehr hilfreich, wenn Sie mir zur Absprache der Details möglichst noch heute Ihre Telefonnummer zukommen lassen könnten …“ Das Treffen kam nicht zustande, was aber nicht daran lag, dass der BUND sich keine eigene Geschäftsstelle in Wilhelmshaven leisten kann. Bei guter Kooperation würde e.on diese ja vielleicht finanzieren … ?

Voll da.neben

Zum Dialog gehört auch eine Zeitung aus dem Hause e.on mit dem Titel „neben.an“, die mehr oder weniger regelmäßig unaufgefordert unsere Postkästen verstopft. Auf einem Titel sind glückliche Schafe auf einem grünen Deich neben einem blitzsauberen Kraftwerk zu sehen. E.on berichtet darin unter anderem über sein Engagement in (defizitären) sozialen Einrichtungen.
eonUnlängst wurden SchülerInnen der BBS von e.on zu einem Planspiel eingeladen, in dem sie sich als Wirtschaftsbosse ausprobieren durften. Die SchülerInnen zeigten sich immerhin, trotz der edlen Spende einer spannenden Unterrichtseinheit, als kritikfähig: Die Konzernvertreter bekamen ordentlich „Gegenwind“, die jungen Leute sehen sehr wohl die ökologische und gesundheitliche Problematik von Kohlekraftwerken.
Eine langfristige Kooperation besteht zwischen e.on und der Wilhelmshavener Kinderhilfe. Im letzten Jahr wurden 15.000 Euro für ein „Frühchentreff“ übergeben, jetzt legte e.on 20.000 Euro auf den Tisch, um den Dünenspielgarten am Banter See für den integrativen Kindergarten nutzbar zu machen. Dieser einzigartige außerschulische Lernort wurde im Jahr 2000 von der Arbeitsplatzinitiative für Frauen (API) ins Leben gerufen, lag seit deren Konkurs aber brach.
Die hiesigen Sponsoringprojekte des Konzerns sind Teil einer bundes- und europaweiten Kampagne, die vor allem auf Kinder bzw. Bildungseinrichtungen abzielt. Am Standort des umstrittenen Kraftwerkprojekts Staudinger (bei Mainz) wollte e.on einer Schule 10.000 Euro für eine Bibliothek schenken, eine andere Schule hatte bereits abgelehnt.
Seit 2007 steht e.on im Dialog mit dem deutschen Dachverband der Natur- und Umweltbildungseinrichtungen (ANU). Das Gebot steht bei 20 Mio Euro (manche Quellen sprechen von bis zu 27 Mio). Über eine Laufzeit von 5 Jahren sollen ein frühpädagogisches Konzept „zum bewussten Umgang mit Energie“ entwickelt werden, 4000 Kindergärten sollen damit erreicht und Tausende ErzieherInnen fortgebildet werden. „Leuchtturmprojekt Deutschland“ nennt e.on diese Kampagne: „Auch kleine Kinder erlernen durch anschauliche, spielerische Beispiele bereits den Zusammenhang von Energie, Umwelt und ihrem Alltag. Mit dem deutschen Leuchtturmprojekt des Programms „Energie für Kinder“ wollen wir deshalb speziell Vorschulkinder im Alter von drei bis sechs Jahren frühzeitig für den bewussten und verantwortlichen Umgang mit Energie sensibilisieren. Unter pädagogischer Verantwortung von führenden Experten für Umweltbildung wird hierzu aktuell ein innovatives Bildungsprojekt aufgesetzt, das neue Impulse im frühkindlichen Bildungsbereich setzen soll und das wir in Kürze der Öffentlichkeit vorstellen.“

Trojanische Pferde?

e.on verkauft diese Aktivitäten unter „corporate responsibility“: „Verantwortungsvolles, unternehmerisches Handeln (Corporate Responsibility CR) heißt für uns, im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung zu agieren, denn als großes Unternehmen haben wir eine Verpflichtung gegenüber den Menschen und der Umwelt.“ Was gibt es daran zu kritisieren? Für einen Sprecher der Gegner des Staudinger Kraftwerks sind die finanziellen umweltpädagogischen Konzernaktivitäten „Danaergeschenke und trojanische Pferde“ und „nur Teil einer ganzen Kampagne, die parallel von RWE, EON, Vattenfall, EnBW aufgezogen wird und v. a. Schulen und örtliche Gruppen im Zielpunkt hat. Es geht um die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke und die Vorbereitung der Bundestagswahl!“
e.on: „Die ökonomischen, ökologischen und sozialen Rahmenbedingungen in unserer Welt verändern sich. Das hat insbesondere auf die Energiebranche gravierende Auswirkungen. Sie wird in den nächsten Jahren einen tiefgreifenden Wandel durchlaufen. Dieser Herausforderung stellen wir uns und gestalten den Wandel aktiv mit.“
In der Tat. Offiziell soll e.on bei solchen Kooperationen keine aktive Werbung für sich betreiben. Tatsächlich sind aber geschulte e.on-Mitarbeiter mit im Boot – bzw. im Bus: „Ein besonders spannendes Schulfach erwartet die Kinder, wenn das Energie-Mobil auf den Schulhof fährt. Die Schüler der dritten und vierten Klassen in Bayern dürfen sich dann auf eine Unterrichtsstunde der besonderen Art freuen: Seit 2007 ist ein geschultes Team von E.ON Bayern-Mitarbeitern auf der „EnergieSparTour für Kinder“ und lädt die Schüler zu einer 45-minütigen Unterrichtseinheit in den Bus ein … 2007 haben bereits 40 Grundschulen Besuch vom Energie-Mobil bekommen, 2008 sollen es 80 werden.“
e.on nutzt das finanziell marode Bildungs- und Sozialsystem, um die gähnenden Löcher mit eigenen Inhalten zu stopfen. Bemerkenswert ist, dass e.on offensichtlich so prächtige Gewinne einfährt, dass 20 Mio Euro für solche Projekte kein Thema sind. Finanziert werden diese Kampagnen letztlich durch die Verbraucher, denen gerade in letzter Zeit immer wieder steigende Strom- und Gaspreise aufgebürdet werden – angeblich wegen steigender Erzeugungs- und Bereitstellungskosten. Auch Kommunen werden dadurch geschröpft, ihnen fehlt Geld für Schulen und Kindergärten, das die Energieversorger dann zuschießen. Durch die Hintertür werden so schon die Allerkleinsten auf Konzernkurs gebracht und in der Öffentlichkeit erhalten e.on & Co. das Image „vom Retter in der Not“. In Wirklichkeit wird nur das Geld der Verbraucher werbewirksam zugunsten des Konzerns umgeschichtet.

 

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